Cattenom / Expertenrunde über die AKW-Laufzeitverlängerung
An der Verlängerung der Laufzeit des Atomkraftwerks in Cattenom scheiden sich die Geister. Eine Diskussion vor Publikum im Casino der Lothringer Gemeinde gab über die Situation Aufschluss.
Der Atomreaktor Cattenom 1 wird 2026 die ursprünglich geplante maximale Betriebsdauer von 40 Jahren erreichen. Auch wenn die Sicherheitsstandards des Reaktors nicht mehr den neuesten Anforderungen entsprechen, selbst unter Berücksichtigung der geplanten Modernisierungsarbeiten, plant die französische Regierung, die Laufzeit des Reaktors um mindestens zehn Jahre zu verlängern.
Eine vom „Haut Comité pour la transparence et l’information sur la sécurité nucléaire“ (HCTISN) organisierte öffentliche Konferenz zu diesem Thema fand am Dienstag im Casino von Cattenom statt. Unter den Fachleuten war auch Roger Spautz, Atomexperte bei Greenpeace Luxemburg, der einen kurzen Vortrag über die Sachlage aus der Sicht seiner Organisation hielt. „Das Interesse war groß“, so Spautz später gegenüber dem Tageblatt. Etwa 120 Besucher hatten sich eingefunden. Der Saal war bis auf den letzten Platz belegt, als Bernard Zenner, der Bürgermeister der Lothringer Gemeinde, die Gäste begrüßte.
Vertreter der lokalen Informationskommission (CLI) kamen dabei ebenso zu Wort wie Vincent Blanchard von der „Autorité sûreté nucléaire“ (ASN) aus Straßburg, Fabrice Ravanas und Jérôme Le Saint vom Kraftwerkbetreiber Electricité de France (EDF) und Patrick Lejuste vom Forschungsinstitut und der Sachverständigenorganisation „Institut de radioprotection et de sûreté nucléaire“ (IRSN). Von der luxemburgischen Regierung war Patrick Majerus vom Gesundheitsministerium vertreten, aus Deutschland Elisabeth Quare vom BUND Trier.
Studie zeigt Risiken auf
Vor allem Greenpeace Luxemburg hatte über Jahre immer wieder auf die Risiken hingewiesen, die von dem grenznahen Kraftwerk ausgehen. Eine aktuelle Studie hat dies einmal mehr aufgezeigt. Demnach reichen eine Modernisierung sowie die geplanten Nachrüstungen nicht aus, um diese erheblichen Sicherheitsmängel zu beheben. Die von der Klima- und Umweltschutzorganisation in Auftrag gegebene Untersuchung zeigt, dass die geplanten Nachrüstungen der französischen 1.300-MW-Reaktoren nicht genügen, um die offiziellen Sicherheitsvorschriften von Atomkraftwerken zu erfüllen. Dazu gehört auch der Reaktorblock 1 in Cattenom.
Das Sicherheitskonzept der Reaktoren stammt aus den 1970er Jahren, als die Anforderungen im Vergleich zu heute noch wesentlich geringer waren. Cattenom 1 habe ernsthafte Sicherheitsdefizite im Hinblick auf die französischen und internationalen Anforderungen. So etwa gibt es eine mangelnde Redundanz bei den Sicherheitssystemen, einen unzureichenden Schutz der Anlagen gegen naturbedingte übergreifende Einwirkungen – zum Beispiel lang andauernde hohe Temperaturen, extreme Regenfälle, extreme Stürme – sowie einen mangelnden Schutz gegen zivilisationsbedingte Einwirkungen, wie zum Beispiel Terrorangriffe oder Flugzeugabstürze.
Fazit von Roger Spautz: „Angesichts der Mängel, Unsicherheiten und Risiken muss die Laufzeitverlängerung von Cattenom 1 verhindert werden. Eine Genehmigung für den Betrieb nach Ablauf der 40-jährigen Laufzeit stellt ein Sicherheitsrisiko für uns alle dar.“ Von der Luxemburger Regierung fordert Greenpeace daher eine klare Opposition gegen die Nutzung von Atomkraft und ein aktives Engagement gegen eine Laufzeitverlängerung von Cattenom.
Positiv überrascht zeigte sich Roger Spautz darüber, dass bei der Konferenz „zahlreiche kritische Fragen aus dem Publikum“ kamen. Die Bürger von Cattenom sind demnach alles andere als unisono pro Cattenom und für Atomkraft eingestellt. Nicht zuletzt wurde die Informationspolitik des Betreibers kritisiert. Diese lässt seit jeher zu wünschen übrig.
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