Deutschland / Extremisten gewinnen deutlich an Zulauf
Der Verfassungsschutzbericht für 2023 zeigt, wie sehr die Demokratie unter Druck steht. Rechts- wie Linksextremisten legen nicht nur zahlenmäßig zu, sondern werden auch gewaltbereiter. Auch die Gefahr durch islamistischen Terrorismus ist hoch.
Die Negativtendenzen bei der Sicherheitslage in Deutschland haben sich im vergangenen Jahr weiter verschärft. Wie der am Dienstag vorgestellte Verfassungsschutzbericht für 2023 zeigt, haben die Zahlen der Rechts- wie Linksextremisten zugenommen. Zwar ist die Personenzahl im islamistischen Spektrum im Vergleich zu 2022 nahezu unverändert geblieben, dennoch ist die Gefahr durch islamistischen Terrorismus in Deutschland seit dem Terroranschlag der Hamas gegen Israel deutlich gestiegen.
Der Verfassungsschutz habe für 2023 zur Sicherheitslage in Deutschland „nicht viel Positives“ zu berichten, sagte der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV), Thomas Haldenwang, am Dienstag in Berlin. Laut der deutschen Innenministerin Nancy Faeser (SPD) hat die Bedrohung durch Spionage, Sabotage, Desinformation und Cyberangriffe eine „neue Dimension“ erreicht. „Vor allem Russland, China und der Iran setzten ihre Nachrichtendienste umfassend zur Spionage gegen Deutschland ein“, sagte die SPD-Politikerin.
Insgesamt weist der Bericht einen neuen Höchststand bei den Straftaten mit extremistischem Hintergrund auf, die sich 2023 auf 39.433 beliefen (2022 noch 35.452). Davon waren 2.761 Gewalttaten (2022: 2.847). Im rechtsextremen Spektrum ist das Personenpotenzial auf 40.600 angestiegen (2022: 38.800), wovon der Verfassungsschutz 14.500 Personen als gewaltbereit einschätzt (2022: 14.000). Der neurechte Antaios-Verlag von Götz Kubitschek wird laut Haldenwang seit Anfang Juni nicht mehr als Verdachtsfall, sondern als gesichert rechtsextrem eingestuft und entsprechend beobachtet. Es handele sich um einen Verlag, der Publikationen mit rassistischen, völkischen, teilweise auch antisemitischen, geschichtsrevisionistischen Inhalten verbreite, so der Verfassungsschutzpräsident.
Radikalisierte Einzeltäter
Auch der Linksextremismus gewann im vergangenen Jahr an Zulauf. Der Verfassungsschutz schreibt diesem Spektrum 37.000 Personen und damit 500 mehr als noch 2022 zu. Mehr als jeder vierte Linksextremist wird als gewaltbereit eingeschätzt. Die radikale Anti-Kohlekraft-Bewegung „Ende Gelände“ wird nun als linksextremistischer Verdachtsfall eingestuft, was dem Verfassungsschutz die Möglichkeit gibt, nachrichtendienstliche Mittel zur Beobachtung der Gruppe einzusetzen. Faeser empfahl den Jugendorganisationen Grüne Jugend und Jusos auf Nachfrage, „die Zusammenarbeit zu beenden“.
Die Personenzahl im islamistischen Spektrum belief sich im vergangenen Jahr auf 27.200 Personen (2022: 27.480). „Das Risiko jihadistischer Anschläge ist seit dem Terrorangriff der Hamas auf Israel weiter gestiegen“, sagte Haldenwang. Die größte Bedrohung sieht der Verfassungsschutz durch den IS-Ableger „Islamischer Staat Provinz Khorasan“. Laut Handenwang stellen aber auch radikalisierte Einzeltäter eine „große Gefahr“ dar.
Neu in diesem Bericht ist ein Sonderkapitel zu den Auswirkungen des Nahostkonflikts und zum Antisemitismus. Unterschiedliche extremistische Akteure würden diesen Konflikt nutzen, um zu Hass und Gewalt gegen Juden oder den Staat Israel aufzurufen oder sein Existenzrecht zu verneinen. Der Nahostkonflikt wirkte wie ein „Brandbeschleuniger“ für den Antisemitismus in Deutschland, sagte Haldenwang. „Die Zahl der antisemitisch motivierten Straftaten ist dramatisch gestiegen, was uns alle alarmieren sollte.“
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