Benu Sloow / „Exzentrisch, aber nachhaltig“: Neues Escher Restaurant serviert Essen aus geretteten Lebensmitteln
Es ist ein einzigartiges Projekt: Das Escher Restaurant „Benu Sloow“ setzt komplett auf Nachhaltigkeit – und geht dabei wesentlich weiter, als möglich und rentabel erscheint. Das Tageblatt hat vor der Eröffnung mit dem Gründer Georges Kieffer über das ungewöhnliche Konzept geredet.
Immer mehr Restaurants legen Wert auf nachhaltige Produkte – Benu Sloow nimmt das Konzept der Nachhaltigkeit und treibt es auf die Spitze. Jedes Element des neuen Escher Restaurants wurde so umweltfreundlich und ressourcenschonend wie möglich gestaltet. Im Gespräch mit Georges Kieffer, Gründer der Initiative Benu, wird klar, wie weit er bereit ist zu gehen. „Es ist exzentrisch, aber konsequent nachhaltig“, so Kieffer. Dabei gehe es nicht darum, „cooler“ zu sein als andere Betriebe, sondern zu zeigen, was möglich sei.
Das Restaurant gehört zum Ökodorf Benu („be new“ ausgesprochen) Village – eine Ansammlung von renovierten Containern und anderen Bauten, die unter anderem eine nachhaltige Schreinerei und Schneiderei mit passendem Kleiderladen beheimaten. Der Name „Sloow“ spielt dabei auf „slow food“ an, setzt sich aber auch aus den Wörtern „Sustainable“, „Local“, „Organic“ und „0 Waste“ zusammen.
„Wir haben uns das Thema Essen ganz genau aus einem ökologischen Blickwinkel angeschaut und uns gefragt, warum ist das so?“, sagt Kieffer. 826 Millionen Menschen seien weltweit momentan vom Hungertod bedroht, gleichzeitig werden laut WHO knapp 40 Prozent der produzierten Lebensmittel weggeworfen. Die Anbaufläche, die für die Produktion dieser Lebensmittel nötig ist, sei so groß wie China. „Das sind Sachen, die uns beschäftigen.“
Wirklich alles wird verarbeitet
„Sloow“ setzt komplett auf „zero waste“ – produziert also quasi kein Abfall. Doch wie weit geht das Unternehmen? Laut Kieffer, sehr weit. Beispiel: Bei Erdbeeren benutzt das Restaurant auch die Stängel, um eine Infusion für einen Cocktail zu erstellen. „Die Früchte, die nicht schön waren, verarbeiteten wir zu einer Tuile“, so Kieffer. Aus der Schale der Kiwis werde beispielsweise ein Sud angefertigt und das, was dabei übrig bleibt, werde dann kompostiert und auf dem Gelände des Benu benutzt. Aber auch auf dem Kompost landen nicht einfach alle übrig gebliebenen Schnipsel. Denn das, was die Küchencrew kompostiert, wird vorher immer in irgendeiner Weise verarbeitet. Auch bei der Küchenausstattung setzt das Restaurant auf null Abfall – Produkte wie Plastik- oder Alufolie und andere Wegwerfprodukte gibt es nämlich nicht.
Und: Das Restaurant kocht nur mit zertifizierten Bio-Produkten – außer beim Salz, weil es diese Zertifizierung dafür nicht gibt. Zusätzlich handelt es sich bei 80 Prozent der Lebensmittel, die das Restaurant verarbeitet, um „rescued food“ – die anderen 20 Prozent werden gekauft. Zu der Kategorie der geretteten Lebensmittel gehören unter anderem Produkte, die schon etwas länger im Regal liegen oder optische Mängel aufweisen und deswegen von den Kunden ignoriert werden. „Das ist aber der geringste Teil der 80%, die wir als Lebensmittel übernehmen – wir verwenden nämlich hauptsächlich Produkte, die durchschnittlich frischer sind als das, was im Supermarkt liegt“, sagt Kieffer.
Wie ist das möglich? Wenn ein Supermarkt feststellt, dass nur wenig von einem Produkt gekauft wurde, dann storniert er die für den folgenden Morgen geplante Lieferung. Diese ganz frische Ware wird entsorgt, weil die nächste Lieferung bereits geplant ist. Der Großhändler Biogros würde so über 20.000 Euro pro Jahr ausgeben, um die Ware in Biogasanlagen zu speisen. „Und das ist, nachdem sie das soziale Netzwerk – wie den Cent-Buttek zum Beispiel – in Luxemburg damit versorgt haben. Dann haben sie trotzdem noch so viel Ware übrig“, sagt Kieffer. So erhält „Sloow“ Obst und Gemüse, das frisch ist – und trotzdem weggeschmissen worden wäre.
Der Nachteil dieser Vorgehensweise sei für das Restaurant allerdings, dass sie nicht im Voraus wissen, welche Lebensmittel sie erhalten. „Dann erhältst du 70 Kilo Paprika an einem Tag und das musst du verarbeiten“, so Kieffer. Das Essen im „Sloow“ ist außerdem komplett vegetarisch und vegan. „Es gibt kein Fleisch oder Fisch hier, aber unser Ziel ist, dass man danach merkt, dass man es nicht vermisst hat“, so Kieffer.
Geheime Deko
Beim Eintreten in das Lokal ist sofort vergessen, dass man sich gerade in einer Ansammlung von Containern befindet. 45 Sitzplätze zählt der Speisesaal. Der Raum wirkt – trotz offener Küche – warm und gemütlich. Gäste sollen sehen können, wie das Personal hinter dem Ofen arbeitet und vor allem, dass tatsächlich das Versprechen der Nachhaltigkeit eingehalten wird. Der Tageblatt-Fotograf durfte noch keine Fotos vom kompletten Raum machen. Die Einrichtung soll laut Kieffer eine Überraschung für die ersten Gäste sein.
Holz, Metall, Stoff – die Materialien der Einrichtung haben alle schon ein früheres Leben hinter sich. Der Bezug der Sitzplätze stammt aus der Benu-Scheiderei und die Möbel aus der eigenen Schreinerei. Dutzende Tonnen Holz wurden laut Kieffer für das Restaurant verarbeitet. „Wir übernehmen beispielsweise die geerbten Schränke, die die Menschen nicht wollen, weil sie nicht mehr modern sind. Unsere Schreiner nehmen sie auseinander und bauen daraus unsere Upcycling-Möbel“, so Kieffer. Und wenn einem Kunden ein Möbelstück gefallen sollte, kann die Person es einfach für 30 Euro pro Arbeitsstunde kaufen – und sofort mitnehmen.
Laut Kieffer wäre es billiger gewesen, alles „von der Stange“ zu kaufen, anstatt es selbst mit wiederverwerteten Materialien zu bauen. Wie viel der Bau genau kostete, wollte er noch nicht sagen. „Komm, wir führen das Gespräch in einem Jahr noch einmal – die Menschen sollen sich zuerst das Produkt anschauen. Dazu gehören auch die Menschen, die hier arbeiten, und die Art und Weise, wie wir arbeiten.“
Zehnmonatige Suche nach Chefkoch
Einer der schwierigsten Punkte war laut Kieffer, das richtige Personal zu finden. „Wir haben zehn Monate nach einem Chefkoch gesucht – mit Anzeigen in Belgien, Deutschland und Frankreich“, so der Unternehmer. Er habe viele Kandidaturen bekommen. „Aber als wir dann angefangen haben, über das Konzept zu reden, ist über die Hälfte weggebrochen – die sagten dann: ‚Ich werde doch nicht anfangen, alle meine Saucen selbst zu machen.’“ Die übrig gebliebenen Kandidaten mussten dann noch ein Showkochen überstehen. Das Restaurant übernahm die Kosten und lud zehn Gäste zum Probeessen ein. „Und da sind auch Kandidaten weggefallen, die danach gesagt haben, sie würden das so nicht schaffen.“ Schlussendlich wurden es zwei Chefköche: Thibault Bera und Jean-Alexandre Barge. „Sie haben beide internationale Erfahrungen gesammelt“, so Kieffer. Einer von ihnen habe auch „Sterne gesammelt“ und für einen Präsidenten gekocht.
„Sloow“ beinhaltet neben dem Restaurantbetrieb auch ein „Atelier culinaire“ – laut Kieffer ein einzigartiges Konzept in der Großregion. Sechs Angestellte kümmern sich dort unter anderem darum, das Gemüse und Obst, das vom Restaurant nicht verarbeitet wurde, haltbar zu machen. Das „Atelier culinaire“ sei eine Art Partner des Restaurants und die Küche könne dort Bestellungen aufgeben. Im Atelier sollen außerdem Workshops stattfinden. „Wir wollen den Menschen zeigen, wie die alten Konservierungsmethoden funktionieren“, erklärt Kieffer.
Insgesamt arbeiten 20 Menschen im 45 Sitzplätze zählenden Restaurant. Das Team wurde so organisiert, dass – obwohl „Sloow“ zweimal täglich, sieben Tage die Woche geöffnet sein wird – noch genug Freizeit für die Angestellten übrig bleibt. „Mit diesem System können wir sicherstellen, dass unsere Leute, wenn es draußen schön ist, nicht jedes Wochenende durcharbeiten müssen“, so Kieffer. Denn auch das Soziale sei wichtig für den Betrieb. So habe Benu bei den Kandidaten auch darauf geachtet, dass sozial-inklusiv eingestellt wird.
Aufwendige Arbeit kostet
Finanziell wird das gesamte Projekt Benu hauptsächlich von der Escher Gemeinde unterstützt. Beim Restaurant sei der Hauptträger hingegen die „Œuvre nationale de secours Grande-Duchesse Charlotte“. „Wir wollten nicht, dass die Menschen sich darüber beschweren, dass öffentliches Geld dafür benutzt wird“, sagt Kieffer. „Sloow“ bleibe trotzdem ein Teil von Benu. Das Restaurant gehöre einem Sozialunternehmen („Société d’impact sociétal“), das wiederum der Asbl. Benu gehört. „Wir garantieren, dass alles, was finanziell übrig bleibt, in der Struktur bleibt“, so Kieffer.
Dadurch, dass das „Sloow“ auf faire Arbeitsverhältnisse und aufwendige Produktionsabläufe setzt, werde das Essen allerdings automatisch teurer. Heißt: Weil im Restaurant alles selbst gemacht wird und jedes Lebensmittel, von der Schale bis zum Kern, komplett verarbeitet wird, ist auch der Zeitaufwand höher. „Das Teuerste in der Küche ist immer der Stundenlohn und nicht die Produkte.“
Vom 13. Mai bis zum 4. Juni organisiert das „Sloow“ fünfmal pro Woche eine „Table d’hôtes“ – ein Event für zwölf Menschen, mit mehreren Gängen, Bar und Kulturprogramm. Mit Wasser kostet die Veranstaltung 140 Euro pro Person, mit alkoholischen Getränken 190, mit nicht alkoholischen Getränken 170. „Da sagen die Leute sofort: ‚So viel Geld und trotzdem nur Gemüse’. Aber das Event subventionieren wir leicht – der Betrag, den wir fragen, deckt nur die Gehälter“, gibt Kieffer zu verstehen. „Es ist wie bei T-Shirts: Wenn du dir 50 T-Shirts pro Jahr bei Zeeman kaufst, dann kauf doch bitte zwei, die handgemacht wurden und umsonst repariert werden, dann bist du besser bedient. Beim Essen ist es gleich.“
Die Preise seien auch ab dem 7. Juni, wenn das Restaurant offiziell mit Essen „à la carte“ eröffnet, mehr als ehrlich. „Wir haben keine Marge von 50 Prozent“, sagt Kreativkopf Kieffer. Sorgen um den Erfolg des Restaurants mache er sich jedenfalls nicht. „Das Konzept ist so verrückt und konsequent, dass es anzieht.“
- PAG abgeändert: Gemeinde erlaubt den Bau von Tiny Houses - 11. November 2024.
- Die Berichterstattung über „Dëppefester“ ist ein essenzieller Teil unserer Gesellschaft - 4. November 2024.
- Tierschutzverein stößt an seine Grenzen: „Schafft euch nur ein Tier an, wenn ihr Zeit habt“ - 31. Oktober 2024.
Nachhaltigkeit,am besten erneuerbare,ist im Moment angesagt. Nach tiny houses,veganer Ernährung usw. bekommen wir jetzt die Reste aus dem Supermarkt aufgetischt. Aber richtig.Es wird zuviel weggeworfen.Warum essen wir keinen Apfel mit einem Schorffleck oder eine Banane die nicht mehr grün ist? Das Schwein hat,im Gegensatz zu seiner natürlichen Bestimmung,mager zu sein dafür wird es aber über tausende Kilometer gekarrt.Aus Kostengründen wegen der Schlachtung.Also lebendig hin und tot wieder zurück. Also um dem nachzuhelfen am besten gar kein Fleisch mehr? Jetzt kommen die Mehlwürmer und anderes niedere Getier,voll von Proteinen und gefühllos.Wirklich? Man sagt sogar Pflanzen hätten Gefühle. Aber dann wird’s aber so langsam eng auf dem Speisezettel.