Geldpolitik / EZB drosselt Zinserhöhungstempo und kündigt langen Inflationskampf an
Die EZB nimmt auf ihrem Zinserhöhungskurs den Fuß etwas vom Gas und will im März den Abbau ihrer billionenschweren Anleihenbestände in Angriff nehmen.
Die EZB hob am Donnerstag den Leitzins um 0,50 Prozentpunkte auf nunmehr 2,50 Prozent an. Der am Finanzmarkt maßgebliche Einlagensatz, den Geldhäuser für das Parken überschüssiger Gelder von der Notenbank erhalten, wurde im selben Umfang auf 2,00 Prozent erhöht. Notenbank-Chefin Christine Lagarde machte deutlich, dass noch weitere Schritte nach oben anstehen.
„Wir schwanken nicht, wir wanken nicht“, sagte sie. „Wir müssen noch Boden gutmachen, wir müssen noch weiter gehen.“ Auf Basis verfügbarer Daten sei zu erwarten, dass die Zinsen für eine gewisse Zeit im Tempo von 0,50 Prozentpunkten steigen müssten. Dies gelte für die nächste Sitzung, möglicherweise auch für die übernächste und danach.
Die EZB sei mit Blick auf den Kampf gegen die hohe Inflation für ein langes Spiel gerüstet, sagte Lagarde. Die Euro-Notenbank hat inzwischen innerhalb weniger Monate die Zinsen vier Mal in Folge erhöht. Noch im Juni hatte der Leitzins bei 0,0 Prozent gelegen. Im September und Oktober hatte sie die Sätze um jeweils besonders kräftige 0,75 Prozentpunkte nach oben gesetzt. „Die EZB zeigt der Inflation die Zähne,“ sagte Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der VP Bank. Die EZB sei noch lange nicht am Ende. „Nach diesen deutlichen Worten aus Frankfurt kann selbst ein Einlagensatz von deutlich über drei Prozent nicht ausgeschlossen werden.“
Aus Sicht von Ulrich Kater, Chefvolkswirt der Dekabank, müssen die Zinserhöhungen noch ein gutes Stück weitergehen. „Erst wenn sich die Inflation wieder in allen Teilbereichen auf zwei Prozent hinbewegt, kann über Zinssenkungen nachgedacht werden“, merkte er an.
Die Zinssätze müssten noch deutlich und in einem gleichmäßigen Tempo steigen, um ein ausreichend restriktives Niveau zu erreichen, teilte die EZB mit. So könne die Inflation zur EZB-Zielmarke von zwei Prozent zurückkehren. Unter einem restriktiven Niveau verstehen Experten ein Zinsniveau, das eine Volkswirtschaft bremst. Nach wie vor sei die Inflation erheblich zu hoch. Nach den neuen Wirtschaftsprognosen der EZB-Volkswirte wird die Teuerung selbst 2025 noch mit 2,3 Prozent über der EZB-Zielmarke liegen. Die Notenbank signalisierte, sie sei bereit, nötigenfalls alle ihre Instrumente anzupassen.
Die EZB folgt der Fed
Laut Lagarde waren die EZB-Ratsmitglieder uneins über die Stärke des notwendigen Schrittes. „Nicht jeder hat der aktuellen Taktik zugestimmt“, sagte sie. „Einige haben vielleicht ein bisschen mehr gewollt, andere ein bisschen weniger.“ Große Uneinigkeit über den Kurs hat es Lagarde zufolge trotz der Differenzen im Detail aber nicht gegeben. „Es gibt eine sehr breite Mehrheit, dass wir durchhalten sollten.“ Insidern zufolge ist der Zinsbeschluss das Ergebnis eines schwierigen Kompromisses gewesen, da eine Reihe von Währungshütern einen stärkeren Zinsschritt um 0,75 Prozentpunkte favorisiert habe.
Die Inflationsrate in der Euro-Zone geht erstmals seit vielen Monaten leicht zurück. Binnen Jahresfrist kletterten die Verbraucherpreise im November um 10,1 Prozent, wie das Statistikamt Eurostat am Freitag in einer abschließenden Schätzung mitteilte. Die erste Schätzung Ende November hatte noch bei 10,0 Prozent gelegen. Noch im Oktober betrug die Teuerungsrate 10,6 Prozent. Trotzdem war die Inflation zuletzt immer noch fünf Mal so hoch wie die Zielmarke der EZB von zwei Prozent.
Die Euro-Wächter folgten der US-Notenbank Fed, die am Mittwoch einen Schritt in Höhe von einem halben Prozentpunkt auf nunmehr 4,25 bis 4,50 Prozent vollzogen hatte und damit ebenfalls ihr Tempo drosselte. Fed-Chef Jerome Powell signalisierte zudem, dass die Fed mit weiteren Zinserhöhungen rechnet und noch längst nicht am Ziel ist.
Die Bilanz soll schrumpfen
Die EZB stellte außerdem in Aussicht, dass sie den Abbau ihrer durch die jahrelangen Anleihenkäufe auf 8,5 Billionen Euro angeschwollenen Bilanz ab Anfang März in Angriff nehmen will. Allein der Bestand an Anleihen aus den beendeten beiden großen Kaufprogrammen APP und PEPP lag zuletzt bei rund fünf Billionen Euro. Bundesbank-Präsident Joachim Nagel hatte sich im Vorfeld dafür ausgesprochen, mit dem Bilanzabbau 2023 rasch zu beginnen und ablaufende APP-Anleihen nicht mehr zu ersetzen.
Die EZB will nun ab Anfang März die APP-Anleihenbestände in einem maßvollen und vorhersehbaren Tempo verringern. Fällig gewordene Anleihen sollen dann nicht mehr vollständig ersetzt werden. Die Währungshüter wollen bis zum Ende des zweiten Quartals die Bestände monatlich im Schnitt um 15 Milliarden Euro verringern. Das Tempo nach diesen vier Monaten soll noch festgelegt werden. Die EZB will es regelmäßig überprüfen, damit es mit dem geldpolitischen Kurs im Einklang steht.
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