Asylbewerber auf die Straße gesetzt / Familienminister Hahn rechtfertigt Vorgehensweise des Aufnahmeamts ONA
Vor zwei Wochen wurde eine Familie vom Nationalen Aufnahmeamt auf die Straße gesetzt – Marianne Donven kritisierte deswegen die Luxemburger Asylpolitik scharf. Familienminister Hahn versucht jetzt die Wogen zu glätten und erklärt die Prozedur, die hinter der Entscheidung steht.
Die öffentliche Kritik und der Rücktritt von Marianne Donven am Dienstag hat eine regelrechte Lawine ins Rollen gebracht – und Einzelschicksale der Luxemburger Asylpolitik ins Rampenlicht gerückt. Am 10. Januar wurde eine Mutter mit ihren beiden Kindern vom „Office national de l’accueil“ (ONA) auf die Straße gesetzt. Auch am Mittwoch sollte eine Familie mit Kind ihre Unterkunft in einer Struktur der ONA verlassen. In einer Antwort auf eine parlamentarische Frage von Sven Clement (Piraten) rechtfertigt Max Hahn (DP), Minister für Familie, Solidarität, Zusammenleben und Unterbringung von Flüchtlingen, das Vorgehen des ONA.
Clement unterstreicht, dass es einen „systematischen Wandel in der Behandlung solcher Fälle“ gegeben habe. Besonders kritisch sieht der Piraten-Abgeordnete die Frist von fünf Tagen, um eine ONA-Struktur zu verlassen. Auch Fachleute sprechen von einem neuen Wind in der Migrationspolitik – insbesondere was abgelehnte Asylbewerber angehe. „Déi gréng“ hatten deswegen mit Unterstützung aus anderen Oppositionsparteien am Mittwoch eine Motion in der Chamber eingereicht, die jedoch abgelehnt wurde.
Hahn bestätigt in seiner Antwort, dass seit Beginn dieses Jahres zwei Familien dazu aufgefordert worden sind, ONA-Strukturen zu verlassen. Eine Familie habe sich in die „Maison de retour“ begeben, die andere befinde sich wieder in einem Heim der ONA. Die Frist für eine unzulässige oder zurückgewiesene Person, die Unterkunftsstruktur zu verlassen, liege bei acht und nicht bei fünf Tagen: „Die Frist von acht Tagen ist eine zusätzliche Toleranz des ONA“. Wenn der letzte Tag auf ein Wochenende oder ein Feiertag falle, werde die Frist auf den ersten Arbeitstag danach verlegt.
„In der Realität nicht nur acht Tage“
„Allerdings hat die betroffene Person in der Realität nicht nur acht Tage Zeit, sondern mindestens 30 Tage“, schreibt Hahn. Denn: Bei der Benachrichtigung zur finalen Entscheidung der Ablehnung werde der Person auch mitgeteilt, dass sie 30 Tage Zeit habe, um das Land zu verlassen. In manchen Fällen könne es jedoch sein, dass die Ablehnung noch nicht definitiv ist und noch eine andere Anfrage läuft, wie Fachkräfte dem Tageblatt berichten. Die Menschen würden trotzdem vor die Tür gesetzt werden.
Innerhalb dieser 30 Tage werden die Leute zu einem Treffen eingeladen, um über ihre Akte zu reden und die Rückkehr in ihr Land zu organisieren. „Erst nach diesem Treffen kriegt die Person vom ONA einen Brief mit den Informationen, dass sie die Struktur innerhalb von acht Tagen verlassen müssen“, schreibt Hahn. Diese Frist würde immer die 30 Tage respektieren – oder sogar erst danach enden. Der Brief stelle demnach eine letzte Mahnung dar.
Neu: Die „Maison de retour“
„Diese Prozedur ist seit Jahren unverändert“, schreibt Hahn. Neu sei hingegen die „Maison de retour“. Dort werde den Betroffenen ein Bett, eine Betreuung und finanzielle Unterstützung angeboten, falls sie sich für eine Rückkehr entscheiden. Die „Organisation Internationale des Migrations“ helfe den Betroffenen bis zu neun Monate lang bei der Wohnungssuche, Arbeitssuche oder anderen beruflichen Plänen in ihrem Heimatland. Zusätzlich erhalten die Menschen eine Finanzspritze von maximal 3.000 Euro pro Person oder 4.500 Euro pro Familie – und die Transportkosten werden bezahlt. Dazu komme eine Hilfe von 500 Euro, die ihnen bereits vor der Rückkehr zur freien Verfügung stehen.
Kritik an der „Maison de retour“ gibt es jedoch reichlich. Grünen-Politiker Meris Sehovic kritisierte im Gespräch mit dem Tageblatt, dass die Regierung die „Structure d’hébergement d’urgence Kirchberg“ (SHUK) einfach in die „Maison de retour“ umgewandelt habe – obwohl diese nie für Familien mit Kindern gedacht gewesen sei. Auch Anwalt Frank Wies lässt gegenüber dem Tageblatt kein gutes Wort an der „Maison de retour“. Diese werde vom ONA als eine Art Entschuldigung genutzt, um die Menschen nicht mehr aufnehmen zu müssen.
Hahn zieht jedenfalls folgendes Fazit: „Leuten, deren Antrag auf internationalen Schutz in letzter Instanz nach jahrelangen Prozessen und Berufungsprozessen abgelehnt worden ist, wird eine Alternative und eine Hilfestellung angeboten, um eine Rückkehr unter würdigen Konditionen realisieren zu können.“
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