Tod dem Sparschwein / Fast keine Abnehmer mehr für Geldmünzen
Wer kennt es nicht? Die Kinder, Enkelkinder oder auch wir selbst nennen ein Sparschwein unser Eigen. Dieses wird regelmäßig mit Geldmünzen gefüttert, die unsere Geldbörse oder unsere Taschen zu schwer machen. Doch spätestens nach dem Schlachten des Sparschweins stellt sich die Frage, wohin mit dem Haufen an Münzen.
Um die 120 Euro hat das Sparferkel des kleinen Tom anfangs dieser Woche hergegeben. Dabei handelt es sich hauptsächlich um Geldmünzen wie 10-, 20- oder 50-Cent-Stücke. Es gab mal eine Zeit, da konnte man dieses Geld, genau abgezählt, in Papierrollen in der Bank seiner Wahl abgeben, um es auf ein persönliches Konto einzahlen zu können. Diese Rollen wurden am Bankschalter abgewogen, um so schnell feststellen zu können, ob die Rollen vielleicht eine Münze zu viel oder eventuell zu wenig enthielten. Da dies wohl den Banken zu umständlich war, beschlossen sie, dass der Kunde seine Geldmünzen unsortiert in einer Tüte abgeben konnte. Diese wurden in einer Zentralstelle der jeweiligen Bank durch eine Zählmaschine gejagt und die daraus resultierende Summe wurde wenige Tage nach Abgabe der Geldstücke auf das Konto des Kunden eingezahlt. Es gab verschiedene Banken, die ihren Kunden diesen Dienst kostenlos anboten, andere verlangten einen Kostenbeitrag.
Alle in Luxemburg ansässigen Banken – die, nebenbei bemerkt, 2022 einen Nettogewinn von immerhin 4,1 Milliarden Euro erwirtschaftet haben – stellten diesen Dienst jedoch im Laufe der Zeit ein. Ab vergangenem Jahr war es für den Kunden unmöglich, größere Mengen an Münzen am Bankschalter abzugeben. Lediglich ein Geldinstitut kam seiner Klientel entgegen und hielt an diesem Dienst am Kunden fest. Gemeint ist damit die Post, an deren Schalter man heute noch mit seiner Tüte zusammengewürfelter Geldstücke vorstellig werden kann, doch damit soll nun auch Schluss sein.
Dienst wird ab 1. April eingestellt
Anfang dieser Woche standen die Eltern unseres kleinen Tom mit dem Resultat des Sparschwein-Schlachtens an eben einem dieser Postschalter im Norden des Landes. Ihre Überraschung war groß, als ihnen ein, wie es scheint, sehr fachkundiger Postbeamter in einem sehr kurzen Satz mitteilte, dass er keine größeren Mengen an Münzen mehr annimmt. „Versuchen Sie es in unseren Filialen in Luxemburg-Stadt oder Luxemburg-Bahnhof. Die machen das vielleicht noch“, gab der Schaltermensch auf Nachfrage der verdutzten Eltern zu verstehen.
Nun hatte man den kleinen Tom dazu erzogen, Geld zu sparen. Wie sollten die Eltern ihrem Kind nun erklären, dass niemand sein Erspartes haben möchte? Kurz entschlossen fuhren die Eltern in die Hauptstadt. Am Schalter der Postfiliale am Bahnhof angekommen, wurde ihnen gleich zu verstehen gegeben, dass man den erwähnten Dienst ebenfalls eingestellt hat oder aber in den nächsten Tagen einstellt. Der Schalterbeamte war sich aber nicht ganz sicher und mit einer dementsprechenden Frage an seine Nachbarn hinterm Tresen entfachte er eine fast endlose Diskussion.
Die Kopie eines Rundschreibens der Post-Direktion an das Schalterpersonal sollte aber schlussendlich Klarheit schaffen. Dieses besagt u.a., dass die Post es ab dem kommenden 1. April den Banken nachmacht und keine Mengen an Geldmünzen mehr annimmt. Daraufhin berechnete das Schalterpersonal am Montag gemeinsam die Zeit, die man braucht, um Toms Geld nun an ihre Zentralstelle weiterzuleiten, zu zählen und aufs Konto einzuzahlen. „Ja, das klappt noch so gerade bis zum 1. April“, so die für die Eltern erlösende Antwort.
„Wir bieten diesen Dienst noch an“
Hat Toms Sparschwein denn nun ausgedient? Wir haben uns umgehört, ob es noch irgendeine Stelle in Luxemburg gibt, bei der man größere Mengen an Geldmünzen abgeben kann. Auf unsere Nachfrage hin wurde uns von einem Verantwortlichen der Cactus-Gruppe bestätigt, dass man diesen Dienst seit langem anbietet und auch noch weiterhin anbieten wird. Dies beziehe sich aber lediglich auf die Supermärkte in Bartringen (Belle Etoile) und Bascharage. Hier könne jeder, ob Inhaber einer Cactus-Karte oder nicht, am Info-Schalter seine Münzen abgeben, die dann gleich vor den Augen des Kunden in eine Zählmaschine geschüttet werden.
„Die so erzielte Gesamtsumme wird aber nicht in Geldscheinen ausbezahlt, sondern es gibt Gutscheine, die man in allen Cactus-Filialen benutzen kann“, so unser Ansprechpartner bei der Supermarktkette, der noch hinzufügte: „Der Kunde kann aber auswählen, ob er einen einzigen Gutschein über die Gesamtsumme oder aber mehrere kleinere Gutscheine haben möchte.“
Im Laufe unserer Recherchen fanden wir eine zweite Stelle, die den gleichen Dienst anbietet. Dabei handelt es sich um Auchan auf Cloche d’Or. Auch dort gibt es eine Zählmaschine, auch dort wird die Summe in Auchan-Einkaufsgutscheine umgewandelt.
„Ein absolutes No-Go“
„So weit sind wir also jetzt gekommen“, so Nico Hoffmann, Präsident der ULC („Union luxembourgeoise des consommateurs“). In einem Gespräch mit dem Tageblatt machte er seinem Unverständnis über die oben geschilderte Situation, über das Vorgehen der Banken und über die diesbezügliche Gleichgültigkeit der Politiker Luft.
„Die von Ihnen geschilderte Situation ist in den Augen des Konsumentenschutzes ein absolutes No-Go. Ausnahmslos alle Geldinstitute in Luxemburg überrollen ihre Klientel mit Gebühren und nochmals Gebühren, doch der ‚Dienst am Kunden‘ ist zunehmend zu einem Fremdwort für die Banker geworden. Das ist einfach nur anrüchig, es ist unverschämt. Der Kunde blickt zudem nicht mehr durch, da die Gebührenpolitik der jeweiligen Geldinstitute über die Maßen intransparent geworden ist. Egal ob eine Bewegung auf einem Konto stattfindet oder nicht, es werden Gebühren verlangt. Ob es einen Arbeitsaufwand für die Bank gab oder nicht, die Kunde muss trotzdem bezahlen. Wenn der Kunde Geld auf ein Sparkonto einzahlt, erhält er, wenn überhaupt, nur wenig Zinsen. Möchte er aber einen Kredit aufnehmen, geht es ordentlich ans Eingemachte.“
Wir setzten Nico Hoffmann in Kenntnis, was die Antworten anbelangt, die wir bei unseren Nachfragen bei Geldinstituten erhalten haben, z.B.: „Bezahlen Sie doch mit Ihrer Bank- oder Kreditkarte, dann bekommen Sie kein Wechselgeld und Sie brauchen sich keine Gedanken zu machen, wohin mit dem Kleingeld.“
An anderer Stelle meinte man, heute würde doch jeder über ein Smartphone sowie über Systeme wie Payconiq oder Apple Pay verfügen. Da bräuchte man kein Geld und bekäme auch kein Wechselgeld.
Diese Aussagen verärgerten Nico Hoffmann noch mehr: „Die Banken wollen, dass wir nicht mehr mit Geld bezahlen, da sie daran nichts verdienen. Wenn wir mit einer Bank- oder Kreditkarte oder auch mit den erwähnten Systemen bezahlen, verdienen sowohl die Banken als auch die Unternehmen, die Paytech-Lösungen anbieten und mit ‚Zahlungslösungen für Einzelhandel und E-Commerce‘ oder auch ‚Zahlungsabwicklungen für Finanzinstitute‘ werben, ordentlich mit.“ Zum Abschluss des Gesprächs gab der ULC-Präsident noch Folgendes hinzu: „Hoffentlich nimmt sich die nächste Regierung dieses Problems endlich an.“
Apropos Zahlungssysteme: Bei einem Geschäftsmann nachgefragt, gab dieser zu bedenken, dass allein sein Anbieter für Zahlungslösungen bezüglich der oben beschriebenen Systeme (in diesem Fall ist es das Unternehmen „Worldline“) bei einer Summe von beispielsweise 10.000 Euro ganze 55 Euro abkassiert. Im vergangenen Monat habe er immerhin fast 600 auf diese Weise abgeben müssen. „Dazu kommen dann noch die Kosten für die Installation und die Miete der Karten-Terminals, die Gebühren der jeweiligen Banken, usw. Da läppert sich ordentlich was zusammen …“ So weit, so gut. Aber wie erklären wir nun dem kleinen Tom, dass sein Sparschwein dem Tode geweiht ist?
- Auf dem Weg Richtung Referendum: Bürgerinitiative gibt sich optimistisch - 19. November 2024.
- Rösterei und Kaffeehaus „Collette Coffee Craft“: Sandra und Thomas bitten zum Kaffee - 28. Oktober 2024.
- Mehr Raum für Aufenthalts- und Lebensqualität: Änderungen am Diekircher Mobilitätskonzept - 15. Oktober 2024.
Meine Mutti hat niemals mit Karte bezahlt, weder beim „Hairdresser“ noch im Supermarkt. Ich versuche kleine Beträge immer in „Hartgeld“ zu zahlen.
Bitte nachhören, mir hat mal ein kluger Kopf neulich zugesteckt, dass die Geldinstitute in der Sache nicht legal handeln, nach europäischem Recht müssten die auch 2 Centstücke annehmen.
Werde mein Sparschwein jetzt mal schlachten und sehen ob ich die Justiz anfordern muss.
Wird teuer werden sagte mir der kluge Kopf, aber man kann! Ist das so?
@Grober J-P.
„Meine Mutti hat niemals mit Karte bezahlt, weder beim „Hairdresser“ noch im Supermarkt. “
Gab’s damals schon Supermärkte?
„Ich versuche kleine Beträge immer in „Hartgeld“ zu zahlen.“
Ihr Spleen ist uns sattsam bekannt, wir waren mehrere Male hinter Ihnen an der Supermarktkasse.
„Bitte nachhören, mir hat mal ein kluger Kopf neulich zugesteckt, dass die Geldinstitute in der Sache nicht legal handeln,“
Sie kennen keine klugen Köpfe.
„Werde mein Sparschwein jetzt mal schlachten und sehen ob ich die Justiz anfordern muss.“
Bitte tun Sie’s, der Anwalt nimmt Cash (nur Scheine, nur 500ter)