Slowakei / Fico-Koalition schließt unliebsamen Fernsehsender – Opposition protestiert
Seit Wochen protestiert die slowakische Opposition gegen die Absichten der Regierung, den öffentlichen Fernseh- und Rundfunksender RTVS zu schließen. Regierungschef Robert Fico hatte sich die Kritik des Senders verbeten und alles daran gesetzt, das Medium loszuwerden. In der Nacht zum Freitag hat nun seine Regierungskoalition im Nationalrat mit 78 Stimmen das Gesetz zur Neuinstallation einer Anstalt namens STVR durchgesetzt und die Schließung der bisherigen Anstalt des öffentlichen Rechts abgesegnet.
Die parlamentarische Opposition wollte diesem Machtspiel nicht zusehen: Als die Abstimmung über die Installation eines neuen Rundfunk- und Fernsehmediums namens STVR im Nationalrat anstand, verließen die Abgeordneten aus Protest den Plenarsaal. Mit ihrer Stimmenmehrheit stimmten die 78 Mandatsträger der Koalition Robert Ficos für das Gesetz, das künftig eine Anstalt installieren sollte, die nach dem Gusto der amtierenden Regierung berichten soll. Gleichzeitig wurde die Auflösung des öffentlich-rechtlichen Mediums RTVS zum 1. Juli beschlossen.
Formal scheint die Umformierung der Sendeanstalt nur ein namensrechtlicher Schritt zu sein. Denn was ändert es, ob der Sender „Radio und Television der Slowakei“ oder „Slowakische Television und Radio“ heißt? Doch hinter der Gesetzesnovelle kann die Koalition aus der linkspopulistischen Smer-SD, der sozialdemokratischen Hlas und der rechtsnationalen SNS wesentliche personelle Veränderungen vornehmen. So zum Beispiel beim Generaldirektor Ľuboš Machaj, dessen kritische Haltung dem Premier Fico seit langem ein Dorn im Auge war. Machaj Vertrag liefe regelrecht erst 2027 aus, doch die jetzige formale Aufhebung des Betriebs ermöglicht es, ein neues Direktorium zu berufen.
In seinen Vorhaben schaut Fico gern zum Nachbarn Orbán in Budapest hin und würde am liebsten alle Medien nach seinem Gusto stricken. Wenn dies schon einmal mit dem durchaus kritischen Fernsehsender gelänge, wäre bereits ein Anfang gemacht. Die Weichen stellt das neue Gesetz: Für die neue Leitung werden neun Personalien gestellt. Fünf davon nominiert das Parlament, vier werden direkt vom Kulturministerium eingesetzt. Da die Koalition im Nationalrat die Mehrheit innehat, dürfte sie bei den Personalien deutlich mitreden. Und aus dem Hause der Kulturministerin Martina Šimkovičová (SNS) dürften ohnehin nur regierungsfreundliche Vorschläge kommen.
Opposition ruft Verfassungsgericht an
Die Opposition, allen voran die Partei Progressive Slowakei (PS) der scheidenden Staatspräsidentin Suzana Čaputová, fürchtet, dass das neu entstehende Medium nur noch Ficos Sprachrohr werden und keine kritische Meinungsäußerung dulden wird. Ohnehin hat Fico schon bislang kritische Medien als feindselig bezeichnet und den Journalisten der privaten Stationen TA3 oder Markíza keine Fragen mehr beantwortet. Zwar hat der tschechische Eigentümer von Markíza bereits einen kritischen Moderatoren abberufen – wie man hier vermutet, auf Druck der slowakischen Regierung – doch strahlt der Sender immerhin noch seine kritischen Programme aus. Wenn nun auch RTVS mit immerhin einem Marktanteil von 27,9 Prozent auf regierungskonform geschaltet wird, ist im Lande keine Stimme mehr zu hören, die die Politik der Regierenden in Bratislava kritisch hinterfragt, befürchtet die Opposition.
Entsprechend appellieren deren Vertreter an den neuen Staatspräsidenten Peter Pellegrini, sein Veto gegen das neue Mediengesetz einzulegen. Doch bis zu seiner Wahl war Pellegrini Chef der Hlas und somit Teil der Koalition. Dass er ein Veto einlegen wird, ist daher ziemlich unwahrscheinlich. Zudem könnte es in einer erneuten Abstimmung im Nationalrat wieder überstimmt werden. Das Prozedere würde schließlich am Gesetz nichts ändern, sondern nur den Zeitpunkt seines Inkrafttretens verzögern können. Aus diesem Grund will sich die Opposition bei einem Zustimmen des Präsidenten an das Verfassungsgericht wenden, um prüfen zu lassen, ob ein solches Gesetz sich überhaupt mit der slowakischen Konstitution verträgt.
Hoffnungen setzt die PS auch auf Brüssel. Seitens der EU hat man im Vorfeld bereits kritisch auf die Medienentwicklung in der Slowakei geschaut. Nun hofft die Opposition, dass sich das Gesetz nicht mit EU-Recht vereinbaren lässt und Brüssel dementsprechend mit Sanktionen drohen könnte. Um die Aufmerksamkeit auf den Fall auch bei den europäischen Nachbarn aufrechtzuerhalten, hat sich die Opposition mit den Mitarbeitern von RTVS solidarisiert. Die wiederum haben nach Streiks in dieser auch zu Ausständen in der kommenden Woche aufgerufen. Die Journalistinnen und Journalisten wollen die Gesetzesnovelle nicht kampflos hinnehmen.
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