/ Finnland übernimmt die EU-Ratspräsidentschaft
Am 1. Juli 2019 übernimmt Finnlands Mitte-links-Regierung die EU-Ratspräsidentschaft. Dabei will Helsinki die EU vor allem auf Klimaneutralität bis 2050 einschwören. Die sechsmonatige Amtsperiode gilt aber auch anderweitig als schwer beladen für die Europäische Union.
Von unserem Korrespondenten André Anwar, Helsinki/Stockholm
Es dürften sechs aufreibende Monate werden. Am heutigen Montag übernimmt Finnland die EU-Ratspräsidentschaft für diesen Zeitraum vom Vorgänger Rumänien. Die finnische Mitte-links-Regierung des erst im Mai gewählten sozialdemokratischen Ministerpräsidenten und Ex-Gewerkschaftschefs Antti Rinne hat ein ambitioniertes Programm vorgelegt.
Neben dem rechtsliberalen Zentrum gehen auch Grüne und Linkspartei in die für Finnland ungewöhnlich linksgewichtige Regierung ein. Es ist das erste Mal seit 20 Jahren, dass Sozialdemokraten Finnland anführen. Der Tatendrang der Genossen ist dementsprechend groß.
.@RO2019EU has just ended?? Thank you for all your great work!#RO2019EU tocmai s-a încheiat. Vă mulțumim tuturor pentru munca excelentă depusă!
Now welcome to @EU2019FI!??
We’re looking forward to working with you!
Tervetuloa #EU2019FI! Odotamme innolla työskentelyä kanssanne! pic.twitter.com/vvyjTgImpo— EU Council (@EUCouncil) 30. Juni 2019
Zeit der „Ja, aber“-Klimapolitik sei vorbei
Finnland, das bereits im nationalen Wahlkampf massiv von Schulklimastreiks nach dem Greta-Thunberg-Modell überzogen wurde, will die EU-Länder als Ratspräsidentschaftsland auf Klimaneutralität bis 2050 einschwören. Das Motto des finnischen Ratsvorsitzes laute „Nachhaltiges Europa, nachhaltige Zukunft“, kündigte Premier Rinne an. Dabei gehe es um soziale, wirtschaftliche und ökologische Nachhaltigkeit.
Schon bis Ende des Jahres will Finnland alle EU-Mitgliedstaaten auf das Ziel einer Treibhausgas-Neutralität bis 2050 verpflichtet haben. Die Zeiten einer „Ja, aber“-Klimapolitik seien endgültig vorbei, unterstrich Premier Rinne, der in Helsinki Innen-, Außen- und Umweltministerium den bei den jüngsten Parlamentswahlen stimmenmäßig deutlich gewachsenen Grünen überlassen musste. Auch die von zunehmender Eisschmelze geprägte Arktis will Finnland zu einem umwelt- und sicherheitspolitischen Schwerpunkt in Brüssel und Luxemburg machen. Zudem wird Finnland in den kommenden sechs Monaten auch die Verhandlungen für das EU-Langzeitbudget für die nächsten fünf bis sieben Jahre koordinieren.
The priorities for #EU2019FI include strengthening common values and the rule of law, making the EU more competitive and socially inclusive, strengthening the EU’s position as a global leader in climate action and protecting the security of citizens comprehensively. pic.twitter.com/LOfNYE5l42
— EU2019FI (@EU2019FI) 26. Juni 2019
Verzicht auf nationale Werbegeschenke
Finnland muss darüber hinaus ungewöhnlich viele andere EU-Herausforderungen in den kommenden sechs Monaten schultern. Das EU-Parlament wurde kürzlich neu gewählt. Dementsprechend werden auch die EU-Kommission und andere mächtige Ämter in der EU neu besetzt.
Erwartet werden auch weitere wesentliche Schritte im eigentlichen Austrittsprozess Großbritanniens aus der EU. Erst Ende Juli wird London voraussichtlich einen neuen Ministerpräsidenten haben, vermutlich Boris Johnson. Der will neu verhandeln mit der EU, was die anderen EU-Staaten aber bislang gänzlich ablehnen. Zudem liegt der nächste britische Austrittstermin am 31. Oktober.
Ob die Briten bis dahin einen geordneten Austrittsplan vorlegen können, bleibt höchst ungewiss. Es bleibt wenig Zeit und die EU muss unter der finnischen Ratspräsidentschaft erneut Stellung zu einem möglicherweise chaotischen Brexit nehmen. Helsinki betonte jedoch bereits, dass der Brexit „nicht die EU-Agenda auf Kosten anderer wichtiger Fragen dominieren darf“.
Breaking news! New Presidency of the EU Council: #Finland! Follow us on @EU2019FI Yeah, sorry… No news about those other #EU nominations just yet… #EU2019FI pic.twitter.com/erJcNVoJwN
— EU2019FI (@EU2019FI) 30. Juni 2019
Gerinster ökologischer Fußabdruck
Des weiteren wird Finnland neben den formellen Treffen der EU-Fachminister in Brüssel und Luxemburg auch sechs informelle EU-Ministertreffen in Helsinki abhalten. Da geht es jeweils um ein Thema, die EU-Konkurrenzkraft, Umwelt, Justiz, Außen- und Verteidigungspolitik, Finanzpolitik und Landwirtschaft.
Um einen so geringen ökologischen Fußabdruck wie möglich zu hinterlassen, hält Finnland alle informellen Treffen in der Hauptstadt Helsinki, statt wie sonst üblich in mehreren Städten des Vorsitzlandes, ab. Auch will Helsinki auf die sonst üblichen Unmengen an nationalen Werbegeschenken, wie Kugelschreiber, Taschen und Co., verzichten.
Das mit 5,6 Millionen Einwohnern bevölkerungsmäßig kleine Land hat sich viel für sechs Monate vorgenommen. Doch Finnland ist eine EU-Profination mit erfahrenen und pragmatischen EU-Topbeamten und EU-Politikern in allen derzeitigen Regierungsparteien.
Bereits 2006 und 1999 hatte Helsinki die Ratspräsidentschaft inne. Im ersten Halbjahr 2020 übernimmt dann Kroatien die EU-Präsidentschaft.
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