Editorial / „Flatten the curve“ in der BGL Ligue
„Flatten the curve“ ist und bleibt der Slogan der weltweiten Corona-Bekämpfung. Durch gezielte Maßnahmen soll ein Pandemie-Peak verhindert werden, durch den zu viele Menschen gleichzeitig infiziert werden. Die Abflachung der Kurve kann aber auch auf die höchste nationale Fußballliga BGL Ligue übertragen werden. Bei einem Referendum 2020 entschieden sich die Vereine, die Liga auf 16 Mannschaften aufzustocken. Es ist ein Schuss in den Ofen, wie sich mittlerweile erkennen lässt. Die Leistungskurve zeigt genau wie bei der „Flatten the curve“-Maxime nach unten.
Kommen wir aber zuerst einmal zum Hauptargument der Pro-16-Bewegung. Die BGL Ligue ist spannender – ohne Zweifel. Während in den vergangenen zehn bis 20 Jahren stets nur zwei Mannschaften das Titelrennen unter sich ausmachten, kämpfen in diesem Jahr gleich mehrere Teams um Platz eins und die Europapokaltickets. Das war es aber auch schon mit den Argumenten für eine aufgeblähte Liga.
Selten in den vergangenen 15 Jahren war das Gesamtniveau niedriger als in dieser Saison. Das hat einerseits damit zu tun, dass mittlerweile deutlich mehr Luxemburger im Ausland ihr Brot verdienen und diese Klasse hierzulande dann fehlt. Andererseits, weil sich die Großinvestoren aus der Vergangenheit entweder zurückgezogen haben (Gerard Lopez bei der Fola) oder einfach nur schlecht beraten werden (Flavio Becca in Hesperingen).
Der Hauptgrund, warum die Liga in dieser Saison so schwach ist, ist allerdings die Verwässerung der Qualität. Die BGL Ligue soll eine Eliteliga sein. Wie kann eine Beletage elitär sein, in der über zehn Prozent der Vereine Luxemburgs vertreten sind? Blickt man durch Europa, erkennt man, dass eigentlich nur die großen Fußballländer es sich leisten können, Ligen bestehend aus 16 bis 18 Mannschaften zu unterhalten. In der Schweiz und Österreich setzt man auf acht bzw. zwölf Elitevereine. In Island – einem mit Luxemburg vergleichbaren Fußballland – besteht die Topliga aus zwölf Klubs.
Warum gehen die Vereine der FLF also dann in eine völlig andere Richtung wie alle anderen europäischen Länder? Dafür gibt es zwei Gründe. Der nationale Fußballverband hat die Zügel aus der Hand gegeben und den Vereinen in einem Referendum die Entscheidung über ihre Zukunft überlassen. Politisch gesehen ein guter Schachzug, denn wenn die Vereine alleine über das Ligaformat entscheiden können, dann kann auch nachher keiner über die Verbandsführung meckern.
Beim genannten Referendum hat natürlich jeder nach sich geschaut – was aus Klubsicht ganz normal ist. Die Vereine haben für eine 16er-Liga gestimmt, da diese Aufstockung ihnen potenziell ermöglicht, ihren Verbleib in der Elite über einen längeren Zeitraum abzusichern. „Im Sinne des luxemburgischen Fußballs“ war diese Entscheidung auf keinen Fall und deshalb erleben die Zuschauer – die immer weniger werden – heute ein weiteres „Flatten the curve“.
„Auf lange Sicht – wenn Covid vorbei ist – muss man das alles analysieren und im Auge behalten. Es gab allerdings schon vor dieser Aufstockung eine Abflachung der Entwicklungskurve“, sagte Verbandspräsident Paul Philipp in einem Tageblatt-Interview vor zwei Wochen. Zeit, die Kurve wieder nach oben zu treiben und die Ligagröße herunterzuschrauben.
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