Fußball / FLF-Kapitänin Laura Miller: „Ich habe gelernt, dass ich auf meinen Körper hören muss“
Sechs Monate lang schlitterte Fußballnationalspielerin Laura Miller von einer Verletzung in die nächste. Am Wochenende gab die 22-Jährige ihr Comeback bei Standard Liège. Status, Lehren und die anstehende EM-Qualifikation: ein Interview mit der Kapitänin der FLF-Auswahl.
Tageblatt: Als bittersüßen Moment haben Sie Ihr Comeback in den sozialen Medien beschrieben. Was hat Ihnen die Einwechslung am Wochenende bedeutet?
Laura Miller: Ich wurde acht Minuten vor Schluss eingewechselt und hatte dann sogar eine Torchance, die ich allerdings nicht reingemacht habe. Danach haben wir das entscheidende Gegentor kassiert – deshalb war das aus meiner Sicht bittersüß. Ich stand nach sechs Monaten endlich wieder auf dem Platz. Seit Januar hatte ich wieder auf dem Rasen trainiert, im Februar hieß es dann, dass ich mich noch zwei Wochen gedulden müsste. Dass der Trainer mich überhaupt für die Partie vorgesehen hatte, erfuhr ich erst einen Tag vorher, obschon ich es mir eigentlich auch irgendwie gedacht und erhofft hatte.
Kommen wir nochmal kurz auf Ihre lange Leidenszeit zurück: Wo und wie begann die Verletzungsmisere?
Mit einem Ermüdungsbruch im September. Danach bin ich auch schnell wieder zurückgekommen, doch eine Woche später tauchte eine Schambeinentzündung auf. Als ich dann wieder schmerzfrei war, war es das Knie, das Probleme machte. Die Mediziner diagnostizierten bei mir ein sogenanntes Läuferknie: Die Sehne reibt sich am Knie, was zu einer Entzündung führt. Wie sich herausstellte, sind es alles Verletzungen, die auf ein zu hohes Pensum zurückzuführen sind. Es ist auch nicht nachzuweisen, ob sie irgendwie zusammenhängen. Beim Knie war das Problem, dass ich nicht mehr als fünf Minuten am Stück ohne Schmerzen laufen konnte. Auf dem Fußballplatz war das etwas anders, weil es durch die ständigen Richtungs- und Rhythmuswechsel nicht immer die gleiche Belastung und Bewegung gab. Zum Schluss habe ich mich bei den langen Läufen bis auf 20 Minuten am Stück rangearbeitet und trainiere das weiterhin, wie es mein individuelles Programm vorsieht.
Wie hat man Sie während dieser Zeit beim Standard und der FLF unterstützt?
In diesen sechs Monaten hat mir der Verband viel geholfen, da ich zusammen mit dem LIHPS (Luxembourg Institute for High Performance in Sports) am Comeback gearbeitet habe. Anfang Januar wurden beispielsweise muskuläre und neuromuskuläre Tests und Laufanalysen durchgeführt. Ich habe daraufhin Einlagen für meine Schuhe bekommen. Zudem kam durch das LIHPS auch der Kontakt mit einem Mental Coach zustande.
Gab es denn Momente, in denen Sie sich als eigentliche Kapitänin Sorgen gemacht haben, Ihren Platz in diesem Team langfristig verloren zu haben?
Ich war vor meinen Verletzungen eine Stammspielerin beim Standard. Doch die andere Lösung, ohne mich, klappte gut. Das Team hat praktisch alles gewonnen. Jetzt muss ich das Vertrauen des Trainers zurückerobern. Es wird schwierig werden, denn er hat keinen Grund, etwas zu ändern, solange das Team erfolgreich ist. Aber diese Fragen stellt man sich eigentlich auch während jeder Saison, wenn es Phasen gibt, während derer es nicht so gut läuft. Es ist ein Fakt, dass diese Frage jetzt in meinem Kopf vorkommt. Ich kann nur mein Bestes geben. Es war mir auch immer wichtig, nah an der Mannschaft dranzubleiben und den Kontakt nicht zu verlieren. Einerseits wegen des Gefühls, dass ich eine Rolle spiele, aber gleichzeitig damit man nicht vergisst, dass ich noch da bin. Und das, obschon es mir manchmal sehr schwerfiel, nur zuschauen zu können.
Was haben Sie in dieser schweren Phase gelernt?
Dass ich mehr auf meinen Körper hören muss. Ich habe diesen Ermüdungsbruch vier bis fünf Wochen mitgeschleppt, was ja sicher nicht dazu beigetragen hat, dass sich meine Lage verbesserte. Im Nachhinein wurde mir bewusst, dass das dumm von mir war. Schlussendlich habe ich gelernt, dass der Weg zum Platz schneller geht, wenn man geduldig ist.
Was erhoffen Sie sich für den Rest der Saison?
Ich hoffe, dass ich vielleicht sogar meinen Stammplatz zurückerobern kann und, wenn nicht, dann zumindest meinen Anteil bei den Einwechslungen in den Play-offs zum Erfolg beitragen kann. Auch Bankspieler sind wichtig. Wir stehen derzeit auf dem zweiten Platz der Tabelle. Die Chancen, den Titel zu holen, sind reell. Mal schauen, was am Ende dabei herauskommt. Die Meisterschaft zu gewinnen, wäre wahrscheinlich noch ein besseres Gefühl als den Pokal im vergangenen Jahr: Es ist der Lohn für eine ganze Saison.
In Luxemburg haben die ersten Kampagnen einen regelrechten Boom ausgelöst: Wie verspüren Sie die Begeisterung für den Frauenfußball in Ihrer Wahlheimat Liège?
Klar. Das Niveau hat sich, gegenüber meinem ersten Jahr hier, enorm gesteigert. In unserem Team sind inzwischen Spielerinnen aus Irland vertreten, andere kommen aus Dänemark oder Island nach Belgien. Wir wurden attraktiv für andere Länder.
Schmerzlich vermisst haben Sie wohl auch die Teamkolleginnen der Nationalmannschaft: Wie schätzen Sie die Dreiergruppe ein, die Luxemburg in der EM-Qualifikation erwischte?
Wir kennen Albanien und Estland eigentlich gar nicht. Dass Albanien bei der letzten Kampagne in der Liga B vertreten war, heißt, dass sie ein gutes Niveau haben. Ich nehme an, dass sie stärker sind. Aber es ist wie immer: Nichts ist vor einem Spiel entschieden. Wir gehen zuversichtlich an die Sache heran und schauen von Spiel zu Spiel.
Kommt es Ihnen entgegen, dass zwei Länderspiele im Juli stattfinden?
Keineswegs. Darüber rege ich mich schon seit gestern auf (lacht), es spielt mir keinesfalls in die Karten. Ich werde im Sommer keine Pause haben, denn danach geht es gleich weiter mit der Vorbereitung des Standard. Zudem ist es Juli, es wird heiß werden. Estland wird sich mitten in der Saison befinden, während wir hier nur bis Mai spielen. Das wird kompliziert werden.
Ein Schritt nach vorne
Der Status der Luxemburger Fußballnationalspielerinnen hat sich nicht nur in Bezug auf Popularität verändert – inzwischen werden ihre Leistungen auch finanziell anerkannt. „Wir werden bezahlt. Wir haben einen Platz eingenommen, der immer wichtiger wurde. Man merkt, dass der Frauenfußball in Luxemburg immer weiter nach vorne kommt. Aber es bleibt trotz der Verbesserungen noch viel zu tun“, fasst Laura Miller zusammen.
Die Verhandlungen mit dem Verband seien problemlos verlaufen, meint die Studentin: „Wir bekommen nicht die Summen wie die Männer, aber es war kein Problem, etwas auszuhandeln.“ Auf die Frage, wie sie die Schere interpretiert, meint Miller: „Ich verstehe es, aber wir spielen den gleichen Sport und müssten dafür auch die gleichen Summen bekommen. Trotzdem beschwere ich mich nicht und bin froh, dass wir jetzt finanzielle Anerkennung bekommen.“
Programm
EM-Qualifikation, Liga C, Gruppe 5:
Am 5. April: Luxemburg – Albanien
Am 4. Juni: Albanien – Luxemburg
Am 12. Juli: Luxemburg – Estland
Am 16. Juli: Estland – Luxemburg
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