Projekt Skydweller / Fliegen mit Solarenergie: Luxemburg unterstützt Entwicklung nachhaltiger Drohnen
Luxemburg will sich weiter in den Bereich der Drohnentechnologie einbringen und gleichzeitig seinen CO2-Fußabdruck reduzieren. Deshalb unterzeichnete Verteidigungsminister François Bausch am vergangenen Dienstag eine Absichtserklärung und sicherte damit seine Unterstützung am Projekt „Skydweller“ zu. Hierbei handelt es sich um die Entwicklung eines allein durch Solarenergie angetriebenen Flugobjekts, das zudem militärische sowie kommerzielle Lasten von bis zu 400 Kilogramm tragen soll.
Eine Drohne, die fast ewig in den Lüften bleiben kann und – zumindest in der Theorie – nie landen muss? Das mag erst mal sehr futuristisch klingen, doch an der Entwicklung von genau solch einem Projekt wird sich Luxemburg beteiligen. Aus diesem Grund reiste eine luxemburgische Delegation am vergangenen Dienstag – angeführt von Verteidigungsminister François Bausch („déi gréng“) – in das sonnige, 38 Grad heiße spanische Albacete, um dort der Präsentation des sogenannten Skydweller-Projekts beizuwohnen und im Anschluss eine Absichtserklärung zu unterschreiben.
Bei Skydweller (engl. Bezeichnung für Himmelsbewohner) handelt es sich um ein Projekt zur Entwicklung einer unbemannten, über Distanz gesteuerten und durch Solarenergie angetriebenen Drohne. Die Drohne, die ebenfalls unter dem Namen Skydweller angeführt wird, soll mindestens 90 Tage ununterbrochen in den Lüften bleiben und dabei eine Last von bis zu 400 Kilogramm tragen können. Die geplanten Nutzlasten bestehen vorwiegend aus ISR-Sensoren (Information, Surveillance, Reconnaissance) und Kommunikationstechnologien. Die angebrachten Sensoren könnten sehr vielfältig genutzt werden, heißt es in einem Infoblatt der Luxemburger „Défense“, etwa zur Überwachung von Grenzen, zur Erfassung von Geodaten, zur Navigation oder für die Telekommunikation.
Bausch strebe eine Spezialisierung der Luxemburger Verteidigung an. Man müsse sich von der alten Auffassung trennen, dass die Armee nur aus mit Gewehren bewaffneten Soldaten bestehe. Heute würden Intelligenz und die Entwicklung neuer Technologien eine wichtige Rolle spielen. Deswegen habe das Luxemburger Verteidigungsministerium vergangenes Jahr die Gespräche zur Teilnahme an dem Projekt aufgenommen, erklärte Bausch.
Hightech-Komponenten und ein primitiver Start
Es handele sich um ein Pilotprojekt und die Drohne sei noch nicht vollends einsatzbereit. Es stünden noch Umbau- und Optimierungsarbeiten an, um Skydweller auch für militärische Zwecke nutzen zu können. Erst aber müssten noch Sensoren am Fluggerät angebracht werden: „Momentan ist es ein Segelflugzeug mit elektrischem Motor“, sagte Lieutenant-Colonel Georges Campill von der Luxemburger Armee. Das Flugzeug könne zwar schon autonom fliegen, zur Sicherheit aber müsse immer noch ein Pilot hinter dem Steuer sitzen. Aufgrund der aktuellen Gesetzeslage dürfe Skydweller noch nicht unbemannt geflogen werden.
Skydweller hat eine Spannweite von insgesamt 72 Metern und somit etwas mehr als die einer Boeing 747 mit 64 Metern. Die Länge des Flugzeugs beträgt 24 Meter. Doch trotz seiner Größe wiegt das Flugobjekt vergleichsweise wenig: rund 2,5 Tonnen, was in etwa einem SUV gleichkommt. Das lässt sich auf die superleichten Materialien Kohlenstoff- und Glasfaser, aus denen das Skelett von Skydweller besteht, zurückführen. Insgesamt 2,4 Kilometer Rohre aus ebendiesen Werkstoffen sind in dem Flugzeug verbaut. Das Dach sowie die Oberfläche der Flügel sind mit rund 3.600 Solarzellen versehen, die Sonnenenergie einfangen und so das Flugzeug antreiben.
Das Risiko eines Vogelschlages sei äußerst gering, da Skydweller sehr langsam fliege, versicherte ein Sprecher des Skydweller-Projekts auf Nachfrage des Tageblatt. Das verbaute Material werde zudem auf die verschiedensten Wetterverhältnisse sowie die Einwirkung von UV-Strahlen getestet. Neben dem ganzen Lob für die „Wunder-Maschine“ seiner Firma schaffte es ein anwesender Journalist aber schließlich doch, dem Sprecher eine Schwäche des Flugobjekts herauszukitzeln. Die größte Herausforderung stellten derzeit Windböen und Starkwind dar, die zu Schwierigkeiten bei Start und Landung führen könnten, sagte der Sprecher. Demnach könne die Drohne nur bei günstigen Windbedingungen abheben oder landen.
Und tatsächlich scheint das herkömmliche Startverfahren etwas primitiv gegenüber dem hochmodernen Fluggerät und seinen Hightech-Komponenten: Vier Menschen – auf jeder Flügelseite zwei –müssen beim Abheben der Maschine mit anpacken. Die Propeller werden gestartet, die Maschine rollt los und die vier Helfer laufen mit der sich beschleunigenden Drohne mit und sorgen dafür, dass sie nicht umkippt. Dafür wurden unter den Flügeln senkrecht nach unten gerichtete Stangen angebracht, anhand derer die Drohe beim Start ausbalanciert werden kann.
Mehr als 250 Millionen Dollar
Das Projekt sei ein „work in progress“, meinte ein Sprecher der italienischen Firma Leonardo, der Hauptinvestor, gegenüber dem Tageblatt. Deshalb könne er auch kein Stichdatum nennen, an dem die Arbeit am Skydweller abgeschlossen sein wird. Ständig gebe es technische Neuerungen, die zwar nicht gezielt für das Fluggerät entwickelt, aber durchaus darin Verwendung finden würden. „Unser Ziel ist es, das Gewicht des Fluggeräts zu reduzieren, um es mit Nutzlast zu beladen“, sagte der Sprecher des Skydweller-Projekts.
„Mehr als 250 Millionen US-Dollar (rund 238 Millionen Euro, Anm. der Red.) wurden in das Projekt investiert“, teilte Robert Miller, der CEO von Skydweller, mit. Es soll zudem nicht bei dem in Albacete ausgestellten Modell bleiben. In Zukunft sollen weitere Solar-Drohnen nach Skydweller-Modell gebaut werden. Eine zweite ist bereits in Arbeit, verrät der Sprecher von Leonardo gegenüber dem Tageblatt. Eine Bewaffnung der Drohnen ist nicht vorgesehen, versichern sowohl der Leonardo-Sprecher als auch Lieutenant-Colonel Campill.
Das Verteidigungsministerium ziehe derzeit nicht in Betracht, sich eine eigene Skydweller-Drohne anzuschaffen. „Dafür ist es noch zu früh“, sagte Bausch gegenüber dem Tageblatt. Luxemburgs Unterstützung bestehe in erster Linie aus dem Transport (mit dem A400M-Militärflugzeug) oder der Finanzierung der Transportkosten des Skydweller. Erst müssten Erfahrungen mit dieser Technologie und den Materialien gesammelt werden. Hierbei sei vor allem die Forschung an den leichten Materialien von Interesse für die „Défense“. Von daher hält Bausch es auch nicht für ausgeschlossen, dass Luxemburg künftig in diesen Bereich investieren wird.
„Ich bin stark daran interessiert, dass wir uns weiter einbringen und vielleicht ein spezifisches Projekt, das ein Element des Ganzen ist (wie etwa die Recherche und Entwicklung von leichten Materialien, Anm. der Red.), mitfinanzieren“, sagte Bausch. Erkenntnisse, die aus diesem Projekt gewonnen werden, hätten zudem einen Einfluss auf den zivilen Luftfahrtsektor. Außerdem würde für den späteren Betrieb der Drohne eine gewisse Satelliten-Kapazität gebraucht. Da könnte möglicherweise die SES mit an Bord genommen werden, meinte Bausch.
Ein Schritt in Richtung Klimaneutralität
Die Künstliche Intelligenz entwickele sich sehr schnell weiter. Aus diesem Grund müssten die Bestimmungen bezüglich des autonomen Fahrens – die in der Wiener Konvention festgehalten werden –, ungeachtet davon, ob es sich dabei um Autos oder Flugzeuge handelt, geändert werden, sagte Bausch. „Das ist alles lösbar, sehr leicht, meiner Meinung nach. Am schwierigsten ist es, die Antriebssysteme umzustellen – und besonders den Treibstoff“, so der Minister.
Es sei wichtig, alternative Antriebssysteme beziehungsweise (neue) klimaneutrale, synthetische Treibstoffe zu entwickeln, um Flugzeuge anzutreiben: „Das müssen wir wirklich fördern. Die Menschheit ohne die Fliegerei, sorry, in so einer Welt würde ich nicht leben wollen“, meinte Bausch. Der Verteidigungssektor könne bedeutend dazu beitragen, dass die Luftfahrt schneller CO2-neutral werde. Die EU hat sich das Jahr 2050 als Stichdatum gesetzt, um klimaneutral zu werden.
Das Luxemburger Verteidigungsministerium wolle zwei Prozent seines Jahresbudgets in die Forschung und Entwicklung investieren. Dabei würde der Fokus vor allem auf drei bestimmte Bereiche gelegt werden: erstens den Weltraum, zweitens die Cyber-Defence und drittens Projekte, die sich um nachhaltige Entwicklung drehen. „Dieses Projekt steht in perfektem Einklang mit dem Ziel des luxemburgischen Verteidigungsministeriums, das Militär zu dekarbonisieren und die militärischen Emissionen und die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu reduzieren“, sagte Bausch.
Abenteurer Bertrand Piccard liefert Fundament
Projekt Skydweller wird allerdings nicht von Grund auf aus dem Boden gestampft. Die Basis der künftigen Solar-Drohne stammt aus einer von dem Abenteurer Bertrand Piccard im Jahr 2004 geborenen Idee: Mit dem Projekt Solar Impulse gelang ihm und André Borschberg 2015/16 eine Erdumrundung in einem Solarflugzeug. Diese erfolgte in mehreren Etappen und wurde von beiden Piloten geflogen. Die längste davon dauerte fast fünf Tage.
2019 erwarb das spanisch-amerikanische Start-up Skydweller das Solar-Impulse-Flugzeug und startete daraufhin das gleichnamige Projekt Skydweller. Zu dessen Realisierung hat das Unternehmen mehrere Partner mit ins Boot geholt – darunter die Firma Leonardo, die sich auf die Entwicklung und Herstellung von Projekten in den Bereichen der Luft- und Raumfahrt sowie der Verteidigung und Sicherheit spezialisiert hat. Auch eine Reihe an Telekommunikationsanbietern sind an Skydweller interessiert, um über die Drohne 4G/5G-Internet anzubieten, etwa im Amazonas-Gebiet, wie aus dem Infoblatt der „Défense“ hervorgeht. Das Projekt besteht im Grunde darin, das ursprüngliche Solar-Impulse-Flugzeug so umzugestalten, dass es von der Ferne aus und ohne einen Piloten gesteuert und kommerzielle sowie militärische Lasten transportieren kann.
Anwendung in Afrika
Nicht nur Luxemburg bezeugte am Dienstag sein Interesse am Skydweller-Projekt. Auch ein Mitglied der französischen Streitkräfte unterschrieb eine Absichtserklärung und sieht die Drohne als „strategischen Gamechanger für die Zukunft“. Zudem reisten einige Repräsentanten der USA nach Albacete: der amerikanische Botschafter für Luxemburg, Thomas Barrett, ein Vertreter der US-Botschaft vom Büro für Verteidigungszusammenarbeit aus Brüssel sowie zwei Vertreter des United States Africa Command (Africom).
Eine Africom-Sprecherin bezeichnete Skydweller als eine „innovative und umweltfreundliche Lösung für lang anhaltende und dauerhafte ISR“ und bezeugte ihr großes Interesse an dem Projekt: „In Afrika könnte Skydweller möglicherweise bei der Katastrophenhilfe oder im Kampf gegen die Piraterie eingesetzt werden beziehungsweise Hinweise auf illegalen Handel, das Bunkern von Öl, Wilderei und Raubfischfang liefern. Die Drohne könnte zudem Tierbewegungen oder die Ausbreitung der Wüstenbildung überwachen.“ Wenn Luxemburg den Transport der Drohne an ihren Einsatzort in der Karibik vollzogen habe, werden „wir alle ihr volles Potenzial beobachten können“, meinte die Sprecherin.
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vill méi Wichteges ze din!
„You are my hero Fränz“.