Nationalspieler / Florian Bohnert: „Die Franzosen sagen, ich wäre ein typisch deutsch ausgebildeter Spieler“
Vor einem halben Jahr wechselte Florian Bohnert nach Frankreich zum SC Bastia. In den darauffolgenden Monaten startete er als Profi durch. Mit seinem Verein legte der 25-Jährige Luxemburger in der Ligue 2 einen rasanten Aufstieg hin, den er am vergangenen Freitag mit seinem ersten Tor krönte. Im Gespräch mit dem Tageblatt spricht er über eine erfolgreiche Saison und eine fällige Revanche gegen Liechtenstein mit der Nationalmannschaft.
Tageblatt: Sie spielen seit einem halben Jahr in der französischen Ligue 2. Am vergangenen Freitag haben Sie am letzten Spieltag der Saison Ihr erstes Tor erzielt. Wie hat sich das angefühlt?
Florian Bohnert: Ich hatte gemischte Gefühle, da wir dabei waren, zu verlieren. Es war das Tor zum 1:2, was ein Score ist, bei dem man eigentlich nicht feiert. Aber trotzdem war ich auf persönlicher Ebene glücklich während und auch nach dem Match, dass mir endlich dieser erste Treffer gelungen ist. Ich muss ehrlich zugeben, dass ich ein bisschen darauf gewartet hatte und bin froh, dass es noch in dieser Saison geklappt hat.
Fühlen Sie sich bei Bastia wohl?
Ich fühle mich extrem wohl. Es ging am Anfang alles sehr schnell. Ich bin Ende Dezember angekommen und hatte dann zwei Wochen, um mich einzugewöhnen. Ich denke, Mitte Januar fühlte ich mich dann schon richtig wohl. Es dauerte nicht lange, bis ich mich an die neue Umgebung angepasst hatte.
Als Sie nach Bastia wechselten, stand der Verein auf dem 13. Tabellenplatz. Sie haben die Saison vor einer Woche als Vierter beendet. Besser hätte es nicht laufen können, oder?
Wir haben immer vom „retour Coupe du Monde“ geredet. Als die Meisterschaft nach der WM wieder aufgenommen wurde, haben wir eine Wahnsinnsphase gespielt. Wir haben Serien gestartet, unsere Spiele gewonnen und nicht mehr viel verloren. Wir haben uns als Gruppe extrem weiterentwickelt. Es war schwer, gegen uns etwas zu holen. Der ganze Verein ist zufrieden damit, wie diese sechs Monate gelaufen sind, weil wir einfach auf einem Toplevel waren. Wir haben uns immer weiter hochgearbeitet.
Wie haben Sie diese Monate persönlich erlebt?
Ich habe extrem schnell ins Team gefunden. Sie haben mich und auch noch einen anderen Spieler im Winter verpflichtet, um die Konkurrenz im Kader zu erhöhen und mehr Optionen zu haben. So gut wie es dann lief, hätte ich selbst nicht erwarten können. Ich bekam extrem schnell Spielzeit und auch meinen Platz in der Mannschaft. Persönlich lief es genau so, wie man es sich erhoffen würde. Ich habe immer darauf gewartet, dass mir jemand die Chance gibt, mich auf diesem Level zu beweisen. Mit den ersten Monaten kann ich jetzt extrem zufrieden sein – was die Spielzeit betrifft, aber auch, was den Erfolg der Mannschaft anbelangt.
Verspürten Sie Druck, diese Chance unbedingt zu nutzen?
Absolut nicht. Es war eher eine Freude, endlich regelmäßig auf diesem Niveau vor vielen Leuten spielen zu können. Klar will man zeigen, dass man das Niveau hat und es gibt eine gewisse Anspannung – Druck hatte ich aber zu keinem Zeitpunkt.
Mit Régis Brouard haben Sie einen Trainer, der davor auch schon in Luxemburg gearbeitet hat. Haben Sie sich vorher gekannt?
Vom Namen her wusste ich, wer er ist. Persönlich hatten sich unsere Wege aber davor noch nie gekreuzt. Ich bin erst im Sommer, nachdem er den Racing verlassen hat, nach Luxemburg zurückgekehrt. Wir haben uns erst im Winter mit dem ersten Kontakt kennengelernt. Er hatte ganz detaillierte fußballspezifische Ansprüche an mich.
Um welche ging es?
Er wusste, was ich imstande bin zu machen, und hat mir gesagt, ich soll einfach versuchen, das auf den Platz zu bringen. Natürlich gibt es auch fußballerische Erwartungen. Ich soll meine offensiven Qualitäten mit einbringen und gleichzeitig die defensive Arbeit machen, die ein „Piston“ machen muss. Das gab er mir schon in unseren ersten Gesprächen zu verstehen. Und ich konnte genau das bringen, was er von mir verlangt hat.
Bastia ist Ihre erste Station in Frankreich. Davor haben Sie im Ausland nur in Deutschland gespielt. Wie unterschiedlich ist der Fußball in beiden Ländern?
Es gibt ganz klare Unterschiede. In Deutschland ist alles viel disziplinierter. Fußball wird viel mehr nach einem Schema gespielt. Es gibt festgelegte Abläufe, die eintrainiert werden, und das Spiel ist einfach sehr diszipliniert. Bei den Franzosen gibt es auch einen Spielplan. Das Spiel ist aber mehr auf die Kreativität der Spieler ausgelegt. Man kann sich auf dem Platz kreativer zeigen, was, wie ich finde, absolut seine Vorteile hat. Das französische Spiel ist auch robuster und oft Zweikampf-betonter, als das in Deutschland der Fall ist.
Welche Philosophie liegt Ihnen persönlich besser?
Ich glaube, dass ich die deutsche Philosophie ein bisschen in mir habe, weil ich dort ausgebildet wurde und die größte Zeit meiner Karriere in Deutschland verbracht habe. Und trotzdem finde ich, dass ich meine Qualitäten genauso in Frankreich zeigen kann. Einfach weil man mehr Freiheiten hat – was auf meiner Position auch wichtig ist. Man darf sich Sachen zutrauen. Es ist schwer zu sagen, was mir besser liegt oder gefällt. Beide Philosophien haben ihre Vor- und Nachteile. Die Franzosen sagen aber, ich wäre ein typisch deutsch ausgebildeter Spieler.
Wird man Sie auch in Zukunft weiter in Frankreich sehen?
Ich hatte für zweieinhalb Jahre unterschrieben. Das heißt, es bleiben mir noch zwei Saisons. Ich bin froh, bei Bastia zu sein, und habe absolut vor, dort weiterzumachen. Im Fußball weiß man natürlich nie, was passiert, aber Stand jetzt bin ich sehr zufrieden.
Mit der Nationalmannschaft treffen Sie nun auf Malta, Liechtenstein und Bosnien-Herzegowina. Mit welchen Erwartungen gehen Sie in diese Länderspiele?
Gegen Malta geht es in erster Linie darum, im Rhythmus zu bleiben. Meine Saison ist seit letztem Freitag beendet, andere sind schon seit zwei Wochen fertig. Das Malta-Spiel ist zudem für jeden wichtig, um Spielzeit zu sammeln. Es sind auch ein paar Neue dabei. Da ist es ebenfalls wichtig, einmal zusammen auf dem Platz zu stehen, um ein bisschen ein Gefühl füreinander zu bekommen. Das Spiel, das wirklich zählt, ist dann das gegen Liechtenstein. Wir haben die Erwartung, zu gewinnen. Malta ist eine Vorbereitung darauf.
Die Erinnerungen an Liechtenstein dürften nicht allzu gut sein. Die letzten offiziellen Begegnungen in der WM-Qualifikation 2004/05 hat Luxemburg deutlich verloren (0:3 und 0:4) …
Ich habe eigentlich keine Erinnerungen daran. Ich kann mich aber noch genau an ein Testspiel gegen Liechtenstein erinnern, das noch nicht so lange her ist (2020, Anm. d. Red.). Wir sind damals mit einer ganz anderen Mannschaft aufgelaufen. Der Trainer gab vielen Spielern die Chance, die so noch nie zusammengespielt hatten und wenig Spielpraxis hatten. Ich selbst stand in dem Match ebenfalls auf dem Platz. Wir haben damals im Stade Josy Barthel 1:2 verloren. Es war nur ein Freundschaftsspiel, trotzdem war es für mich persönlich eine der Niederlagen, die am schwierigsten zu verdauen waren. Einfach, weil man sich es anders vorgestellt hatte. Diese Niederlage könnte uns aber jetzt vielleicht behilflich sein. Denn diesmal wissen wir, dass es nicht einfach wird und sie nicht zu unterschätzen sind. Aber wir wollen eine Revanche nehmen.
Der Fahrplan
Testspiel:
9.6.: Luxemburg – Malta (20.15 im Stade de Luxembourg)
EM-Qualifikationsgruppe J:
17.6.: Luxemburg – Liechtenstein (15.00 Uhr im Stade de Luxembourg)
20.6.: Bosnien – Luxemburg (20.45 Uhr in Zenica)
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