Editorial / Flüchtlingseinrichtung nicht vereinbar mit Kinderrechten
Eine frühere Lagerhalle der Creos dient in Mersch über 300 Flüchtlingen als „Behausung“. Auf mehreren Stockwerken der Halle sind Container verteilt, in denen die Geflüchteten „wohnen“. Das Problem: Es gibt keine Fenster und die Türen können nicht abgeschlossen werden. Intimität? Fehlanzeige. Die Halle selbst hat ebenfalls keine Fenster. Tageslicht? Fehlanzeige. Sanitäre Anlagen und Toiletten? Diese befinden sich draußen auf dem Hof. Für Frauen und Kinder ist der nächtliche Weg dorthin, vorbei am Container der Männertoiletten, beängstigend, wie Zeugen berichten. Regelmäßig wird die Polizei dorthin gerufen.
Nicht nur für Familien mit Kindern ist dieser Ort unzumutbar. Doch das ist eine von vielen Realitäten, mit denen sich Menschen und insbesondere Kinder und Jugendliche in Luxemburg leider abfinden müssen. Was ist mit den Kinderrechten? Immerhin sind 30 bis 40 Prozent der Menschen, die in solchen Einrichtungen untergebracht sind, Minderjährige. In Mersch kann es durchaus vorkommen, dass Kinder mit alleinerziehenden Müttern länger als mehrere Wochen am Stück dort verweilen müssen.
Der Ombudsmann für Kinder und Jugendliche, Charel Schmit, hat diese Woche in seinem jährlichen Bericht zu den Kinderrechten die Situation der Flüchtlinge in Luxemburg ganz besonders unter die Lupe genommen. Er bezeichnete die Einrichtung in Mersch als „No-Go“-Unterkunft. Zu Recht. Eigentlich sollte die Lagerhalle zum 1. November geschlossen werden. Doch aufgrund der vielen Anträge, insbesondere von Menschen aus der Ukraine, entschied man sich gegen die Schließung. Charel Schmit forderte unter anderem, die Merscher Halle schnellstmöglich zu schließen.
Das Kinderrecht, das besagt, dass minderjährige Flüchtlinge in Krisensituationen das Anrecht auf eine sichere und dezente Behausung haben, trifft im Fall Mersch definitiv nicht zu. Diese Ansicht vertritt auch der Ombudsmann. Denn Kinder und Jugendliche brauchen ihre Freiräume, wo sie sich entfalten können. Sie brauchen Orte, wo sie ihre Ruhe haben, spielen oder toben können. Das ist in einer Unterkunft wie jener in Mersch – aber auch in vielen anderen in Luxemburg – nicht gegeben.
Die „No-Go“-Einrichtung in Mersch hat ihre maximale Kapazität fast komplett erreicht. Dort befinden sich vor allem Menschen mit dem Status des „Regroupement familial“ sowie Dubliners. Ein neues Flüchtlingsheim in Weilerbach sollte jenes in Mersch entlasten, indem man die Menschen nach einem kurzen Aufenthalt in Mersch dorthin transferieren könnte. Das Problem: Sobald die Unterkunft in Weilerbach gefüllt ist, werden kaum noch Transfers stattfinden können.
Allgemein wird der Wechsel in andere Einrichtungen immer schwieriger, weil sie alle ziemlich voll sind. Dies gilt insbesondere für Großfamilien, die mindestens zwei Zimmer nebeneinander brauchen. Wird eine solche Familie dorthin vermittelt, müssen Zimmer freigeräumt und die Bewohner in andere Zimmer transferiert werden. Dies kappt bereits aufgebaute Bindungen und führt oftmals zu Aggressionen unter den Bewohnern, die sich eh schon benachteiligt fühlen. Zudem verharren solche Familien länger in den Unterkünften, weil sie auf dem Wohnungsmarkt kaum vermittelbar sind. Auch Alleinerziehende, die keine Aufenthaltsgenehmigung („titre de séjour“) erlangt haben, müssen teils sehr lange in den Flüchtlingsheimen bleiben. In Mersch sollen einige bereits weit mehr als ein halbes Jahr lang dort wohnen.
Fast schon zynisch wirkt deshalb die Aktion des Bildungsministeriums, zum Weltkindertag am Sonntag Broschüren in der Grundschule („Cycle 3“) zu verteilen, in denen die jungen Menschen über die Existenz der Kinderrechte aufgeklärt werden sollen. Per se ist das richtig und wichtig. Doch wer dort liest, dass Luxemburg Kindern in Krisensituationen eine sichere und dezente Behausung anbietet, kann nur den Kopf schütteln. Es bleibt zu hoffen, dass ein kritischer Unterricht die Schüler auch über die tatsächlichen Gegebenheiten in Luxemburg aufklärt.
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Firwaat kuckt eisen Här Asselborn net virdrun op genuch Plaatzen doremmer sinn vir dei‘ Leit ordentlech ze logeieren ir hien als Gutmensch optrett. Mee neen , vir d’eicht stellt hien sech an de Virgrond , an dourno können aaner Leit sech em alles bekömmeren.
Die Politik tut immer überrascht, wenn plötzlich viele Asylbewerber anklopfen, es ist ihr Kalkül nicht zu attraktiv für Flüchtlinge zu sein.
All diese Leute haben eine Würde und ihnen dann zuzumuten, unter unwürdigen Umständen auszuharren, das ist skandalös.
Warum als Gemeinschaft nicht selbst zupacken und fragen wie helfen und was es zu tun gäbe, wäre eine starke Botschaft von uns und an alle.
An Nicolas: Perfektes Résumée eines Polit-profiteurs seit viel zu vielen Jahren, einer Art neuen Aristrokratie, die nie eine Rechenschaft abgeben (müssten), was sie alles verbrochen haben. Und deren gibt es viele in der aktuellen politischen Szene!
Am Schlass zou Colmar-Bierg si nach vill a schéin gutt ausgestattet Zëmmeren fréi.
So lange sich hier Einwohner mit „Cafés-Zimmern“ begnügen müssen, kann man nicht Wohnungen für Flüchtlinge erwarten. Die Gemeinschaft hat – und tut es immer noch – so einiges zur Flüchtlingshilfe beigetragen! Ihr ist mit Sicherheit nichts vorzuwerfen oder anzuraten…
An Leila: Gebe Ihnen vollkommen Recht mit Ihrer Einschätzung, dass viele Einwohner im Land nicht standesgemäß wohnen können.
Hilft aber nichts, das eine gegen das andere aufzuwiegen.
Lehnen Sie sich bei den Behörden für Ihr Anliegen aus dem Fenster, damit Bürger würdiger leben können, ich tue dies für die Flüchtlinge.
Und auf die Solidarität der Gemeinschaft zu hoffen, darf man sich schon wünschen.