Monnerich / Förderschule, Flüchtlingsheim und demnächst Europaschule
In dem ehemaligen Flüchtlingsfoyer in der rue d’Esch herrscht die verwaiste Einöde, die leer stehenden Häusern eigen ist. Nach jahrelanger Nutzung als Förderschule für Kinder mit besonderen Bedürfnissen (Ediff) kamen hier zeitweise 100 Flüchtlinge unter, im Dezember 2019 waren es noch 20. Das Gebäude soll wieder eine Schule beherbergen, dieses Mal die „Ecole internationale de Differdange et Esch-sur-Alzette“ (EIDE). Das Projekt ist notwendig, aber nicht unumstritten.
Der Direktor der im Volksmund kurz „Europaschule“ genannten Bildungsstätte ist zufrieden. Eines seiner Hauptprobleme, Elternanfragen für ihre Kinder ablehnen zu müssen, steht vor einer Lösung. „Die Absagen sind eine schwierige Aufgabe“, sagt Gerard Zens (47). Vor allem deshalb, weil sie nicht abreißen. Die Schule nimmt ganzjährig Kinder von gerade zugezogenen Familien auf. Exakt 1.028 Schüler besuchen derzeit an den Standorten Differdingen und Esch entweder den Grundschul- oder den Sekundarzweig der „Ecole internationale de Differdange et Esch-sur-Alzette“ (EIDE).
Umstrittene Umsiedelung
Obwohl erst knapp vier Jahre zuvor gegründet, erfreut die Schule sich ungeheurer Beliebtheit und braucht dringend mehr Platz. Wo auch immer im Süden. Da kam das Angebot der Regierung gerade recht, mit Monnerich einen dritten Standort zu schaffen. „Die Entscheidung, auf diesem Areal die EIDE zu erweitern, ist nach der Entscheidung gefallen, die DPIs (Asylbewerber, Anm. d. Red.) umzusiedeln.“ Dieser Satz kommt quasi als Einleitung eines Gesprächs mit dem Schuldirektor, die Umsiedelung der Flüchtlinge hat viel Staub aufgewirbelt. Gleich zwei parlamentarische Anfragen hagelte es zum Thema Ende letzten Jahres von „déi Lénk“. In ihnen setzt sich die Partei kritisch damit auseinander, dass ausgerechnet die ärmsten der Armen von Umsiedelung betroffen sind – zumal das Gebäude erst 2017 „provisorisch“ für Flüchtlinge eingerichtet wurde.
Zens liegt damit auf Linie mit dem Bildungsministerium, das genauso sensibel auf einen möglichen Verdacht, die Not der Flüchtlinge würde zugunsten der Bildungsstätte heruntergespielt, reagiert und ihn von sich weist. Dass die Schule mit einem Annex für Grundschüler dorthin kommt, ist spätestens seit der Pressekonferenz im Juli 2019 bekannt, wo die Regierung ihre 1,3 Milliarden schweren Investitionen in Bildung vorgestellt hat.
Für viele Zugezogene eine „Wunschschule“
Zwölf Klassensäle und rund 280 Schüler siedeln sich nach einer Generalsanierung in dem Gebäude an und Direktor Gerard Zens kann neu planen. „Das eröffnet Spielraum für zusätzliche Klassen“, sagt er. Schon jetzt erfindet die Schule sich permanent neu. Am Standort Differdingen sind Bauarbeiten im Gang, damit die bislang gemeinsam in einem Gebäude untergebrachten Grund- und Sekundarschüler ab September 2020 jeweils ein eigenes Gebäude haben. Ähnlich ist die Situation in Esch am Victor-Hugo-Platz. „Wir sind am Rande der Kapazitäten in Esch und brauchen mehr Schulraum“, sagt Zens. 250 EIDE-Grundschüler besuchen dort den Unterricht, noch einmal 256 Schüler die Sekundarstufe.
Den Stellenwert in der elterlichen Wahrnehmung als Wunschschule für ihre Kinder erklärt sich aus dem pädagogischen Konzept, das nicht nur dem Bevölkerungswachstum, sondern auch dem Nationalitätenmix im Land entgegenkommt. Das rechtfertigt die Sicht des Direktors, der die EIDE als „Integrationsschule“ sieht. Vieles scheidet sich in Luxemburg an den Sprachen. Auf der EIDE ist die Reihenfolge des Sprachenerwerbs im Gegensatz zum luxemburgischen System frei wählbar. Außerdem gibt es französische und englische Sektionen, in denen Portugiesisch als Muttersprache angeboten wird. Damit will die Bildungsstätte den Muttersprachen der Zuzügler gerecht werden, denen die deutsche Sprache fern ist. Das ermöglicht es gleichzeitig den Eltern, den schulischen Werdegang ihrer Kinder zu begleiten und zu verfolgen. „Wir haben viele Schüler hier, deren Eltern nicht luxemburgisch- oder deutschsprachig sind“, sagt Schuldirektor Zens und verweist damit auf die Alternative der EIDE zum luxemburgischen System, das eher deutschsprachig geprägt ist.
Elitär wie die privaten Schul-Pendants auf Kirchberg oder in Mamer, die vornehmlich Kinder der EU-Mitarbeiter in Luxemburg besuchen, will die EIDE nicht sein. Im Gegenteil. Sie ist eine öffentliche Schule. Kinder aus wohlhabenden Familien gibt es zwar, aber 25 Prozent der Schüler genießen soziale Hilfen des Staates für den Schulbesuch. „Das macht den Charme unserer Schule aus“, sagt Zens, „wir haben nicht nur eine national, sondern auch eine sozial diverse Schülerschaft.“ Die Absolventen der EIDE haben ein europäisches Abitur, das an allen Hochschuleinrichtungen innerhalb der EU anerkannt ist.
Die EIDE
Wenn die Erweiterung in Monnerich fertiggestellt ist, hat die Schule drei Standorte. In Differdingen besuchen aktuell nach Schulangaben 183 Grundschüler und 339 Sekundarschüler den EIDE-Standort. In Esc besuchen 250 Grundschüler und 256 Sekundarschüler den Standort am Victor-Hugo-Platz.
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