„Kaffisgespréich“ / Fokus stellt klare Forderungen an Bildungspolitik
Die noch sehr junge Partei Fokus stellte am Donnerstag ihre konkreten Forderungen zur Bildungs- und Familienpolitik vor. Eine davon sieht vor, dass Eltern nur noch 80 Prozent arbeiten und trotzdem quasi das volle Gehalt beziehen können.
Einen etwas ungewöhnlichen Ort hatten sich die Vertreter der noch jungen Partei Fokus, darunter Präsident Marc Ruppert sowie Parteisprecher und Spitzenkandidat Frank Engel, für ihre Pressekonferenz ausgesucht: die Bar „Coffee Intense“ auf Limpertsberg. Die Zusammenkunft nannten die Mitglieder ganz lässig „Kaffisgespréich“. Das Motto lautete: „der ëffentlecher Schoul méi Wäert(er) ginn“. Der Ort sei nicht zufällig ausgesucht worden, sagte Marc Ruppert. Nebenan befinde sich eine „Crèche“ und im näheren Umkreis seien gleich mehrere Grundschulen und Lyzeen. Denn die Partei nutzte das „Kaffisgespréich“, um ihre konkreten Forderungen zur Bildungs- und Familienpolitik an die Medienvertreter zu vermitteln.
Ruppert erklärte, dass Fokus diese zwei Themenfelder in Premier Xavier Bettels Rede zur Lage der Nation vermisst habe. Deshalb wolle man nun die konkreten Forderungen der Partei loswerden. Angesichts der anstehenden Wahlen wolle man dies im weiteren Verlauf noch weiter ausbauen. Rund zwanzig Leute würden für die Partei Fokus den Bereich Bildung abdecken, sagte Marc Ruppert.
Bei den Themen Bildungs- und Familienpolitik habe er den Eindruck, dass verschiedene Politiker auf einem Luftschloss schweben würden. Er präzisierte: „Wäit iwwert dem Terrain.“ Sie würden die Probleme der Schüler nur aus der Entfernung betrachten. Die Werte sollten den Kindern in erster Linie in der Familie, aber auch in den Betreuungseinrichtungen vermittelt werden. Doch Letztere seien völlig überlaufen und könnten nicht die erforderliche Qualität bei der Betreuung gewährleisten, die eigentlich notwendig sei, damit die Kinder später gut durchs Leben kommen, sagte er.
80 statt 100 Prozent arbeiten
Eine Forderung der Partei zielt darauf ab, diese Situation zu verbessern. Fokus schlägt das 80/80-Modell für Familien vor. Beide Eltern hätten die Wahl, entweder nur 80 Prozent zu arbeiten, dabei aber quasi den vollen Lohn zu bekommen und dafür auf die kostenlose Kinderbetreuung zu verzichten. Oder weiterhin 100 Prozent zu arbeiten und dafür von der kostenlosen Kinderbetreuung zu profitieren.
Der Staat übernimmt immer mehr die Rolle der ElternFokus-Präsident
Dies ermöglichte es den Eltern, mehr Zeit mit ihrem Nachwuchs zu verbringen, was gleichzeitig die Betreuungseinrichtungen entlasten würde. Ruppert verweist auf Studien, die in den vergangenen Jahren zum Thema durchgeführt wurden. „Diese bestätigen, dass einerseits die Familie eine sehr wichtige Rolle spielt und andererseits auch die Betreuungsstrukturen eine gewisse Qualität haben müssen.“ Aktuell müssten viele Eltern einer Vollzeitbeschäftigung nachgehen, um über die Runden zu kommen. Der Staat unterstütze dies mit Maßnahmen wie Gratis-Betreuung, Gratis-Mittagessen und Gratis-Hausaufgabenhilfe. „Der Staat übernimmt immer mehr die Rolle der Eltern“, sagte er. Hier werde keine andere Möglichkeit angeboten.
Viele Eltern und Schüler verstehen das aktuelle Bewertungssystem nichtFokus-Präsident
Zudem möchte die Partei das Benotungssystem ab dem Zyklus 3 der Grundschule wieder einführen. „Kinder brauchen einen klaren Rahmen, präzise Strukturen und Perspektiven“, sagte der Fokus-Präsident. „Viele Eltern und Schüler verstehen das aktuelle Bewertungssystem nicht“, sagte er. Das müsse übersichtlich und einfach sein. Im Lyzeum würde es schließlich immer noch Noten geben. Viele Schüler würden dort zum ersten Mal damit konfrontiert werden.
Keine Schule „à la carte“
„Auch die Orientierungsprozeduren am Ende der Grundschule verlaufen nicht wie erwünscht“, sagte Ruppert. Die Eltern sollten das Recht bekommen, eine Aufnahmeprüfung zu fordern, wenn sie nicht mit der vom Lehrer beschlossenen Orientierung einverstanden sind. Dies sei auch jetzt schon möglich, nur wisse dies kaum jemand. Eine falsche Orientierung könne zu weiteren Problemen im Lyzeum führen. Der Fokus-Präsident kritisierte die Vorgehensweise, dass Schüler von 7e bis 5e im „enseignement général“ einfach durchgereicht würden. Es sei eigentlich kaum möglich, durchzufallen. Dies führe dazu, dass sich die Schwierigkeiten bis 5e immer weiter anhäufen würden. „Schüler müssen wieder durchfallen können“, betonte er.
Wir fassen den OECD-Bericht so auf, dass wir bald für jeden Schüler quasi eine eigene Schule brauchenFokus-Präsident
Zum jüngst veröffentlichten OECD-Bericht über das Luxemburger Bildungssystem meinte Ruppert: „Darin loben die Prüfer die Tatsache, dass es in Luxemburg so viele internationale Schulen gibt. Wir fassen den OECD-Bericht so auf, dass wir bald für jeden Schüler quasi eine eigene Schule brauchen.“ Gesellschaftlich bedeute dies, dass Luxemburg auseinanderdriftet. Fokus möchte die Orientierung zu den öffentlichen Schulen stärken und erteilte der Schule „à la carte“, wie Ruppert die internationale Schule nennt, eine Abfuhr. Die Alphabetisierung auf Deutsch und Französisch müsse weiter gefördert werden, um die Chancengleichheit zu erreichen, sagte er.
Es wird so getan, als ob die bestehenden Probleme nicht existieren oder von den Gewerkschaften erfunden wurdenFokus-Präsident
Des Weiteren bemängelte Marc Ruppert die Kommunikation im Bildungswesen. „Nach draußen findet keine oder keine ehrliche Kommunikation statt“, monierte er. „Es wird so getan, als ob die bestehenden Probleme nicht existieren oder von den Gewerkschaften erfunden wurden.“ Er forderte die Wiederbelebung eines regelmäßigen und zielorientierten Austausches mit den Akteuren des Bildungswesens und verwies auf die „Assises de l’enseignement“, die damals von der Ministerin Mady Delvaux eingeführt wurden. Obwohl diese damals schnell gescheitert seien, sollte man sich daran orientieren.
Eine langfristige Bildungspolitik
Fokus nannte das Ziel, die Bildungspolitik für einen Zeitraum von etwa zehn bis 15 Jahre vorzugeben, zumindest in groben Linien. Dies sollte gemeinsam mit den Akteuren ausgearbeitet werden. Auf diese Weise könne verhindert werden, dass ein Regierungswechsel eine neue Bildungspolitik hervorrufe. Auch der neuen Regelung zur Schulpflicht bis 18 Jahre erteilte Ruppert eine klare Absage. Jugendliche mit 16 könnten frei wählen gehen, seien aber gleichzeitig gezwungen, bis zum Alter von 18 Jahren die Schulbank zu drücken. „Das ist Nonsens“, sagte er.
Weitere Themen der Partei waren die Digitalisierung, die laut Ruppert gezielt statt flächendeckend erfolgen sollte, sowie die Handwerksausbildung, die nicht als letzter Ausweg wahrgenommen werden dürfe. Den Schülern sollten bereits in den frühen Klassen des Lyzeums Karrieremöglichkeiten und Chancen beim Handwerk nähergebracht werden.
Fokus wolle sich dafür starkmachen, die „Commission des aménagements raisonnables“, die sich für Schüler mit Lernschwierigkeiten einsetzt, auch auf die Grundschule auszuweiten. Man warte ungeduldig auf den Bericht über Inklusion von Kindern mit Behinderung in den Schulen, sagte Ruppert. Die Inklusion dieser Kinder sei immer noch nicht gewährleistet. „Es mangelt an der Weiterbildung für Lehrer und es fehlen qualifizierte Begleitpersonen“, sagte der Fokus-Präsident.
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Fuederen as ömmer gud, gud Idien ebenfalls. Mee dat geet net duer, vum finanzéieren schwätzt keen
Eben, just nëmmen Kaffisgespréich net méi …!
„OECD-Bericht / Krise legt Schwächen des Bildungssystems offen“ Wenn das mal kein Zufall ist. Da kann sich eine neue Partei doch mal an ein Thema klammern um zu punkten. Vielleicht bleibt es beim kalten Kaffee? Dabei sein ist alles.