BGL Ligue / Fola-Präsident Josy Dilk: „Wer absteigt, kommt nicht mehr gleich wieder rauf“
Die Escher Fola war in der Winterpause noch weit abgeschlagen – jetzt aber ist selbst der direkte Klassenerhalt wieder möglich. Präsident Josy Dilk erklärte, wie man sich bei der „Doyenne“ auf die Zukunft vorbereitet.
Tageblatt: Wie haben Sie die letzten Minuten des Duells gegen Niederkorn erlebt?
Josy Dilk: Ich habe den Aufruhr nach Schlusspfiff wirklich nicht kommen gesehen. Es wurde draußen hektisch, doch ich bekam zunächst nichts davon mit, da ich den Schiedsrichter zurück in die Kabinen begleitet hatte. Plötzlich kamen Leute von überall her geströmt, die Spieler haben sich untereinander angefeindet. Wir wollten die Lage schlichten und haben unseren Spielern gesagt, sie sollen erst einmal den Gegner in die Kabinen lassen. Doch es gab noch weitere Diskussionen vor der Tribüne. Ich habe nicht verstanden, warum es so hektisch war, denn im Spiel gab es nicht unbedingt eine Situation, die so etwas ausgelöst hätte. Ich weiß nicht, was gesagt worden ist – aber Progrès-Spieler Hamadou Karamoko und Mohamed Camara haben Worte gewechselt. Das Ganze hat mich unheimlich enttäuscht. Nach der Roten Karte haben wir ein wirklich intensives Spiel geliefert und standen defensiv gut, was ja in den letzten Monaten nicht zu unserer Spezialität gehörte. Die sportliche Leistung ist komplett untergegangen, das ist schade. Zudem gab es noch eine Aussprache mit Jeff Strasser, denn ich war der Meinung, dass er viel Nervosität ins Duell reingebracht hat.
Hatten Sie die Hoffnung in der Winterpause schon aufgegeben – und spielt man alle Szenarien schon durch?
Nein, eigentlich nicht. Wir sind sehr schlecht gestartet, aber kurz vor der Winterpause hat man bereits gesehen, dass noch alles möglich ist. Wir sind, mit Ausnahme des Spiels gegen Differdingen – die uns auseinandergenommen haben –, nie mehr komplett unterlegen gewesen. Klar, es gab noch die erste Hälfte gegen Petingen, aber ansonsten waren wir ebenbürtige Gegner. Deshalb bestand bei mir immer die Hoffnung, dass wir zurückkommen würden. Andererseits beschäftigt man sich natürlich mit allen Möglichkeiten. In unserer Situation muss man in beide Richtungen denken. Wir können uns nicht erlauben, überheblich zu sein und zu denken, dass wir sowieso nicht absteigen können. Unsere direkten Konkurrenten sind nicht besser, aber auch nicht schlechter als wir. Der Kampf um den Klassenerhalt wird bis zum letzten Spieltag spannend bleiben.
Wie erklären Sie sich die Reaktion der Mannschaft?
Es gab nicht unbedingt einen Auslöser, vielmehr zahlt sich die Arbeit von Stefano Bensi und seinem Trainerstab endlich aus. Man sieht es auf dem Platz: Die Mannschaft hat sich von Spiel zu Spiel weiterentwickelt und einige Fehler wurden abgestellt. Deshalb stehen wir defensiv viel stabiler. Mich hat persönlich beeindruckt, dass wir vier Spiele in der Nachspielzeit gewonnen haben. Das beweist, dass wir physisch bereit sind, um bis zum Ende daran zu glauben. Auch gegen Niederkorn hatten wir noch eine Offensivaktion am Schluss. Der Ruck ging wohl nach dem späten Tor gegen Mondorf durch die Mannschaft.
Ist der Willen also wichtiger als schöner Fußball?
Der Willen macht uns aus. Die Jahre sind vorbei, in denen wir fußballerisch überlegen waren. Wenn wir also nicht über Kampfkraft kommen, sieht es schlecht für uns aus, da wir es sportlich nicht mehr so gelöst bekommen wir früher. Die Leistung muss über den Kampf kommen. Ich kann mir vorstellen, dass das gerade für einen Stefano Bensi eine große und schwere Umstellung ist. Als Stürmer lag der ständige Offensivdrang in seiner Natur, zudem war er Teil eines Teams, das diesen schönen Fußball gewohnt war. Jetzt muss er sich als Trainer neu erfinden. Die Spieler haben wohl weniger Probleme damit, denn es sind nicht mehr so viele da, die die anderen Zeiten mitgemacht haben.
Bei der Escher Fola setzt man aus finanziellen Gründen auf die eigene Jugend. Wie groß muss der Anteil an Spielern von außerhalb sein, um in der BGL Ligue wettbewerbsfähig zu sein?
Wenn man auf seine Jugend baut, braucht man eben noch andere, um zu betreuen. Irgendwann wird man nicht mehr in Luxemburg fündig und muss sie aus dem Ausland rekrutieren. Jemand wie Jordan Tawaba bringt eine gewisse Erfahrung mit, um zu führen: nicht nur im Spiel, sondern ebenfalls im Training. Ich würde es als eine 50:50-Aufteilung sehen. Man kann durchaus mit vier bis fünf Eigengewächsen antreten. Das ist ungefähr die Anzahl an Spielern, die bei uns das Vertrauen geschenkt bekommen. Zudem hatten wir mit Tim Flick einen echten Glücksgriff gelandet.
Wird sein Wunsch, ins Ausland zurückzukehren, in Erfüllung gehen?
Er ist vor der Saison mit der Idee an uns herangetreten, seine Karriere hier wieder ankurbeln zu wollen und sich bei Profivereinen bemerkbar zu machen. Da schon ein paar Angebote vorliegen, dürfte dieser Plan für ihn auch aufgehen. Es macht uns als Verein sehr stolz und zeigt, dass gut gearbeitet wird. Zudem ist es für andere Spieler, die in ähnlichen Lagen stecken, ein Zeichen, dass es nach einem Jahr bei uns noch immer möglich ist, den Sprung zu schaffen.
Welche Fehler der Vergangenheit müssen jetzt vermieden werden?
Dass wir nicht zu blauäugig sind, was das Sponsoring anbelangt. In der Vergangenheit sind einige Versprechen nicht gehalten worden, aber die Einnahmen waren fest einkalkuliert. Bei der Erbschaft, wie wir sie mit Gérard Lopez hatten, wurden sicherlich Fehler begangen. Deshalb soll das Budget in Zukunft auf sicheren Füßen stehen. Es gibt ein Loch in der Kasse, aber es ist kein riesiges. Aktuell sind die Sorgen nicht zu groß. Trotzdem steht jetzt schon fest, dass wir nächstes Jahr noch bescheiden bleiben müssen. Dass wir viele Escher Jungs einbauen, kommt bei den Einheimischen gut an. Es macht uns bei Sponsoren wieder interessant. Zudem können wir unserer eigenen Jugend wieder Perspektiven bieten. Solange ich an der Spitze bin, wird nicht nur auf einen großen Sponsor gebaut. Das kann sich morgen ändern, wenn jemand wie Lopez zurückkommt. Aber ich sehe mich als Arbeiter und habe mein ganzes Leben lang hart gearbeitet. Das ist meine Mentalität. In der heutigen BGL Ligue gibt es keinen Platz zum Träumen mehr. Der Weg führt über ehrliche Jugendarbeit.
Wie schwer würde ein Abstieg die Fola treffen?
Wir haben in alle Richtungen geplant, auch mit Stefano Bensi. Er hat nie gesagt, dass er die Mannschaft fallen lassen würde. Vom Gefühl her denke ich also, dass er mit in die Promotion gehen würde. Wer absteigt, kommt mittlerweile allerdings nicht gleich wieder rauf, siehe Etzella oder Hostert. Die finanziellen Auswirkungen sind wohl nicht so groß zunächst, aber auf lange Sicht würde es sicherlich auch weniger Sponsoren geben.
Wird die „Doyenne“ die Abstiegsplätze am Sonntag in Wiltz verlassen?
Wir haben sechs schwere Spiele vor uns, gegen Mannschaften, die im Mittelfeld oder mit uns untendrin stehen. Am letzten Spieltag wartet Differdingen. Für mich sind das sieben Endspiele. Wenn es schlimmstenfalls noch mal in die Relegation geht, dann müssen wir eben dieses Finale gewinnen. Aber um zurück zum Duell gegen Wiltz zu kommen: Ja, ich glaube dran. Wir befinden uns in einem Aufwärtstrend.
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