Luxemburg-Stadt / Fragwürdiger Aushang im „Forum Royal“: Hausverwaltung sagt Obdachlosen den Kampf an
Für den Aufruf, Obdachlose bei der Polizei oder dem Team des Sozialdienstes von „A vos côtés“ zu melden, erntet die Hausverwaltung des „Forum Royal“ in Luxemburg-Stadt in den sozialen Medien Kritik. Sie erklärt nun, sich aufgrund einer immer schlimmer werdenden Situation nicht anders zu helfen zu wissen.
„Helfen Sie uns, gegen Obdachlose im Forum Royal vorzugehen. Wenn Sie sie sehen, rufen Sie die grünen Westen oder die Polizei“ – so steht es in schwarzer Schrift auf weißem Papier in einem Aushang im „Forum Royal“ geschrieben. Ein Foto davon macht seit einigen Tagen in den sozialen Medien auf „Facebook“ die Runde. Aufgenommen und geteilt hat es LSAP-Mitglied Pierre Rauchs. In den Kommentaren unter seinem Beitrag wird die Wortwahl auf dem kleinen Plakat kritisiert: Von einer „Jagd“ auf Menschen ohne feste Unterkunft und von Denunziation ist die Rede, außerdem werden Vergleiche zum nationalsozialistischen Staat gezogen.
Inzwischen wurde der Text angepasst, ohne allerdings an Schärfe zu verlieren: „Helfen Sie uns, Drogenabhängige aus dem Forum Royal fernzuhalten“, heißt es inzwischen auf den Aushängen in den Gebäudeeingängen. „Wir wurden von den grünen Westen (Anm. d. Red.: dem grüne Jacken tragenden Team von ‚A vos côtés’) darauf aufmerksam gemacht, dass ein Foto des Schreibens in den sozialen Medien geteilt wurde und wir den Wortlaut ändern sollen“, erzählt der Besitzer und Geschäftsführer der Gesellschaft, die für die Verwaltung des Gebäudes zuständig ist.
Seinen Namen will der Mann nicht in der Zeitung lesen, denn er will kein Akteur einer Debatte werden, die ihm zufolge inzwischen zum Politikum geworden ist. Am Telefon spricht er zwar von einem „unglücklich gewählten Begriff“, scheint Kritik an der Wortwahl allerdings nicht nachvollziehen zu können. Ihm zufolge musste die Hausverwaltung etwas unternehmen, weil sich die Situation im „Forum Royal“ verschlimmert habe: Drogenabhängige kämen tagtäglich zum Konsumieren und hinterließen Blut, Müll und Unordnung. Er stellt fest: „In den letzten sechs Wochen hat das hier zugenommen – seitdem im Bahnhofsviertel mehr kontrolliert wird. Bestimmt 30 Drogenabhängige am Tag haben wir hier.“
Appell an die Politik
Neben dem Problem um die viel zitierte „Salubrité“ und damit verbundenen Reinigungskosten habe es in letzter Zeit auch mehr Einbrüche in dem mehrstöckigen Haus gegeben – in dem unter anderem die Botschaft der Schweiz oder aber das Wirtschaftsministerium ihren Platz haben. Alles Situationen, in denen sich die Verantwortlichen von Firmen, Geschäften und Restaurants bei der Hausverwaltung melden. Die kurzfristige Lösung: Ein Aufruf, damit die Menschen sich sofort an das Team von „A vos côtés“ oder die Polizei wenden.
Wie oft die Polizei – von der regelmäßig eine Fußpatrouille vorbeischaue – in vergangener Zeit aufgrund dieses Aufrufs nun kontaktiert wurde, kann man bei der Pressestelle der Polizei nicht sagen: „Wir führen keine Statistik dazu, wie oft wir wegen dieser Art von Meldung verständigt werden. Demnach können wir kein Zahlenmaterial zur Verfügung stellen. Prinzipiell ist es so, dass unsere Beamten solchen Meldungen je nach Verfügbarkeit und Prioritäten nachgehen.“
Der Besitzer und Geschäftsführer der für die Gebäudeverwaltung zuständigen Firma sieht vor allem ein Problem darin, dass es für obdachlose Menschen keine Nachsorge gibt: „Wenn sie nicht in Strukturen wollen, gibt es kein ‚Suivi’. Dann ist es schwer, sie von der Straße zu wegzubekommen.“ Der Mann hat das Ministerium für innere Sicherheit über die Situation im „Forum Royal“ informiert und fordert die politischen Verantwortlichen dazu auf, aktiv zu werden: „Die Politik muss etwas unternehmen. Mir reicht es.“
Verstärkte Kontrollen
Die Aktion reiht sich in eine hitzige Debatte rund um das sogenannte Bettelverbot in der Hauptstadt ein, die seit mehr als einem Jahr läuft. Die blau-schwarze Mehrheit des städtischen Gemeinderats stimmte dabei für die Änderung der Polizeiverordnung der Stadt Luxemburg – inklusive eines umstritteneren Artikels, der das Betteln zu festgelegten Uhrzeiten und an festgelegten Orten verbietet. Die damalige Innenministerin Taina Bofferding (LSAP) lehnte den Artikel allerdings ab. Nachfolger Léon Gloden (CSV) revidierte ihre Entscheidung und ebnete damit den Weg für die praktische Umsetzung der neuen Regelung.
Seit dem 15. Dezember 2023 ist dieses nun in Kraft und wird seit dem 15. Januar mit einem verstärkten Polizeiaufgebot kontrolliert – dies im Rahmen eines Aktionsplans für öffentliche Sicherheit und Gesundheit. Dieser zielt laut Polizei hauptsächlich auf Drogenhandel, illegale Einwanderung, die Kontrolle des Zugangs zu Gebäuden und auf das viel zitierte organisierte oder aggressive Betteln ab. Seit mehreren Wochen wird in dem Zusammenhang verstärkt im Bahnhofsviertel, in Bonneweg und in der Oberstadt kontrolliert.
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„Die Politik muss etwas unternehmen. Mir reicht es.“
Was denn, mir reicht es auch. Jetzt aber Ihre Vorschläge, bitte!
Schlimm genug, dass es solche Aushänge gibt…
….und Grüne Heulsusen. Nehm doch jeder einen Zuhause auf.
Habe mich nicht deutlich genug ausgedrückt: Schlimm genug, dass es überhaupt solche Aushänge gibt! Noch deutlicher: dass es solche Zustände überhaupt gibt!
Denken Sie wirklich die Obdachlosen würden es bei einem von Ihnen erwähnten aushalten?
@liebe Sozen / Bei dem alleswissenden Bausch schon. Er ist ja öfter bei RTL als zu Hause.
Wenn alle teresianischen Wohltäter die hier wettern ein solches Geschäft zu führen hätten wäre die Empörung sicher nicht so groß.
Bettler,Junkies,Dealer,Alkoholiker,Anpöbler usw. tragen eben nicht viel zur Wohlfühlatmosphäre bei die verwöhnte Kunden oder Touristen wünschen. Polizeipräsenz scheint die einzige direkte Lösung zu sein.