/ Franz Fayot und der neue Stil der Sozialisten
Kurz gegen 24 Uhr trat Christine Schweich ans Mikrofon. Der LSAP-Landeskongress hatte zu diesem Zeitpunkt schon mehr als vier Stunden getagt. Franz Fayot ist von 88 Prozent der Delegierten gewählt worden, verkündete Schweich. Applaus. Standing Ovations. Die neue LSAP steht.
Die Frage, die sich jedoch aufdrängte: Ist das eigentlich viel? Was bedeuten 88 Prozent ohne Gegenkandidaten?
Franz Fayot selbst hatte dem Tageblatt vor dem Kongress gesagt: „Wenn ich mehr als 93 Prozent der Stimmen erhalten sollte, werde ich noch eine dreistündige Fidel-Castro-Gedächtnisrede halten.“ Dazu kam es nicht: Fayots Rede dauerte nur wenige Minuten.
Dabei fällt auf, dass Fayot im Vergleich etwas schlechter abschnitt als die anderen Mitglieder der LSAP-Exekutive. Der neue Generalsekretär Tom Jungen erhielt knapp 96 Prozent der abgegebenen Stimmen, obwohl er nicht beim Landeskongress anwesend war.
Vizepräsident Paulette Lenert bekam 94 Prozent und Dan Biancalana 89 Prozent der Stimmen, er musste sich zudem gegen Joé Gomes behaupten. Schatzmeisterin Christine Schweich ist mit 94 Prozent in ihrem Amt bestätigt worden. Und letztlich war sogar im Dezember die umstrittene Regierungsbeteiligung mit rund 95 Prozent von den LSAP-Delegierten durchgewunken worden. Ist Fayots Mehrheit also eher dünn?
Wohl kaum. Denn es gibt einiges, was dagegen spricht. So war Claude Haagen etwa vor fünf Jahren mit lediglich rund 78 Prozent ins Amt gewählt worden. Fayot übernimmt zudem eine Partei, die seit Jahren im Sinkflug ist und sich, ähnlich wie die Schwesterparteien im Ausland, mit einem dramatischen Wählerschwund auseinandersetzen muss. Zugespitzt formuliert: Die Krise ist der Normalzustand für die Sozialisten.
Davon war auf dem Landeskongress am Dienstagabend jedoch wenig zu spüren: Die Stimmung war auffallend gut – die Mitglieder wirkten geradezu optimistisch. Und daran hatte auch Fayot seinen Anteil. Denn seine Rede konnte durchaus überzeugen. Es war „keine Hauruck-Rede“, wie ein LSAP-Mitglied im Anschluss an den Kongress urteilte. Aber „Inhalte und Vokabular“ hätten überzeugt. Fayot will die Partei wieder stärker in den Mittelpunkt rücken. „In Zukunft muss sich jeder fragen, was er für die Partei leisten kann, bevor er fragt, was die Partei für ihn leisten kann“, sagte er in Anlehnung an das Bonmot des ehemaligen amerikanischen Präsidenten John F. Kennedy. Es war eine elegant eingepackte Kritik an einige gestandene LSAP-Politiker. Fayot wolle keine Ego-Show, sondern eine Rückkehr zur Diskussionskultur.
Dabei war es gerade sein eher schüchternes Auftreten, das seinen Worten Nachdruck verlieh, das ihn glaubwürdig erscheinen ließ. Zudem riss er den Kongress nicht an sich, sondern ließ Raum für etliche Redner. 88 Prozent können demnach als gelungener Start gedeutet werden. Ob dieser neue Stil die Partei jedoch zurück in die Erfolgsspur bringen wird, ist eine andere Frage.
Aktualisierte Version:
In einer ersten Version des Artikels stand, dass Claude Haagen keinen Gegenkandidaten hatte. Richtig ist aber, dass Haagen gegen Philippe Meyers angetreten war, der rund 20 Prozent Stimmenanteil erhalten hatte.
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