Editorial / Frauen, traut euch!
Arbeit, Wissen, Zeit, Geld, Macht und Gesundheit: Das sind die Indikatoren, mit denen das Europäische Institut für Gleichstellung (EIGE) seit 2010 den Gleichstellungsindex erstellt. Luxemburg liegt im Jahr 2022 an neunter Stelle mit 73,5 von insgesamt 100 möglichen Punkten und damit über EU-Durchschnitt (68,6). Demnach eine gute Nachricht in Sachen Gleichberechtigung. Am meisten verbessert hat sich das Großherzogtum im Bereich der Macht. Die weniger gute Nachricht hier ist, dass gerade dieser Indikator derjenige ist, bei dem Luxemburg am meisten Arbeit vor sich hat. Gemeint ist hier, dass Frauen in Führungspositionen weiterhin unterrepräsentiert sind – sei dies in der Politik, Wirtschaft oder in der Gesellschaft.
Beim sogenannten „Gender-Pay-Gap“ werden ebenfalls Fortschritte bei der Gleichstellung zwischen Mann und Frau sichtbar: Gesamtwirtschaftlich gesehen herrscht Lohngleichheit zwischen Frauen und Männern. In einigen Bereichen ist der „Gender-Pay-Gap“ sogar negativ, wie Zahlen des Statec zeigen. Auch hier ist nicht alles Gold, was glänzt: In den oberen Bereichen der Hierarchie verdienen Frauen immer noch weniger als Männer und stoßen dabei oft an die gläserne Decke. Dazu entscheiden sich vor allem Frauen, die Arbeitsstunden zu reduzieren, um Familien- und Arbeitsleben besser unter einen Hut zu bekommen. In Luxemburg arbeitet jede dritte berufstätige Frau in Teilzeit.
Die hiesigen Entscheidungsträger, darunter Gleichstellungsministerin Taina Bofferding (LSAP), haben demnach Grund, sich über die bisherigen Erfolge zu freuen. Doch gerade im politischen Bereich ist noch ziemlich viel Luft nach oben: Nur 16 Prozent der Bürgermeister sowie nur 17 Prozent der Schöffen sind Frauen.
Der Duden definiert Macht folgendermaßen: Mit dem Besitz einer politischen, gesellschaftlichen, öffentlichen Stellung und Funktion verbundene Befugnis, Möglichkeit oder Freiheit, über Menschen und Verhältnisse zu bestimmen. Im nächsten Jahr besteht zumindest die Chance, auf einem der in der Definition genannten Gebiete reelle Fortschritte zu erzielen: Bei den Gemeindewahlen am 11. Juni 2023 können die Wähler in Luxemburg wieder an die Urnen schreiten. Im Oktober stehen außerdem Parlamentswahlen auf dem Programm.
Deswegen ist jetzt der Moment für die Parteien, gezielt nach Nachwuchspolitikerinnen zu suchen, die sich im nächsten Juni zur Wahl stellen wollen. Es liegt dennoch auch bei den zukünftigen politischen Entscheidungsträgerinnen, sich zu trauen. Sie sollen sich ihren Weg in die Politik bahnen und nach der Macht greifen.
„…über Menschen und Verhältnisse zu bestimmen… nach der Macht greifen“.
Aie, aie, aie, wat sin dat doten dann fir Klassenkampfparolen. Ënnert esou engem Virzeechen relativéiert sech dee Satz „Nur 16 Prozent der Bürgermeister sowie nur 17 Prozent der Schöffen sind Frauen.“ Dat geet dann och déck duer!!
Dieses prozentuale Aufrechnen wirkt kleinlich. Der oder die Fähige sollte den begehrten Posten bekommen und nicht eine Person, um das Gleichgewicht zwischen den Geschlechtern herzustellen!