Gesetzentwurf / Freiwillige Zukunftsvorsorge: Gesetzlicher Vormund soll zukünftig außergerichtlich ernannt werden können
Ein freiwilliger Vormundschaftsvertrag soll es künftig erlauben, schon frühzeitig einen Vormund zu ernennen, der im Ernstfall die Vermögens- und Interessensverwaltung übernimmt. Ein entsprechendes Gesetzesprojekt hat Grünen-Ministerin Sam Tanson am Mittwoch vorgestellt.
Mit dem „Mandat de protection future“ will Justizministerin Sam Tanson („déi gréng“) eine Alternative zur gerichtlichen Prozedur der „Tutelles“ einführen. Details hat die Grünen-Politikerin nun am Mittwochnachmittag auf einer Pressekonferenz im Justizministerium bekannt gegeben. „Erwachsene Personen, die noch im Vollbesitz ihrer geistigen Kräfte sind, sollen selbst entscheiden können, wer ihr zukünftiger Vormund sein wird.“ Der Gesetzentwurf wurde laut Tanson im Dezember dem Parlament vorgelegt und werde derzeit vom Staatsrat begutachtet.
„Bisher gibt es lediglich eine gerichtliche Prozedur, um Erwachsenen einen Vormund an die Seite zu stellen“, sagt Sam Tanson. Ein ähnliches Verfahren, wie man es nun in Luxemburg einführen will, gebe es schon in Belgien und Frankreich – Länder, aus denen bei der Ausarbeitung des Gesetzesprojekts auch Experten zu Rate gezogen wurden. „Der Illusion, dass das Gesetzesprojekt noch vor den Wahlen den Weg durch die Chamber findet“, gibt sich Tanson nicht hin. Jedoch habe man mit dem Gesetzentwurf auf dem Instanzenweg nun einen weiteren Punkt aus dem Koalitionsvertrag abgehakt. Als weiteren Grund für die Initiative nannte die Grünen-Ministerin Tanson die alternde Bevölkerung Luxemburgs, bei der das Risiko bestehe, dass immer mehr Leute mit der Realität des Autonomieverlustes konfrontiert werden – und für dessen Regelung es bis dato nur eine gerichtliche Prozedur gebe.
Freiwilliger Selbstschutz
Der Gesetzentwurf sieht vor, dass jede erwachsene Person einen Vormund ernennen kann, der im Ernstfall über die Person, das Vermögen oder beides verfügen kann. Der Vertrag soll ab dem Moment greifen, „an dem sie aufgrund einer körperlichen oder geistigen Beeinträchtigung, die eine Willensäußerung unmöglich macht, nicht mehr in der Lage ist, dies selbst zu tun“. Dieser Moment soll durch eine ärztliche Bescheinigung amtlich festgehalten werden, so die Überlegungen des Justizministeriums. „Insgesamt werden zwei ärztliche Atteste vonnöten sein“, meint Tanson. „Einmal, wenn der Vertrag im Zivilverzeichnis hinterlegt wird, um die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Antragstellers zu bescheinigen, und einmal beim Inkrafttreten des Vertrages aufgrund des Verlustes der geistigen und körperlichen Fähigkeiten.“
Auch will das Justizministerium zwischen zwei verschiedenen Arten von Schutzverträgen unterscheiden. „Ein im Privaten abgeschlossener Vertrag kann die Verwaltung des Vermögens regeln“, sagt Tanson. „Es wird jedoch ein notariell beglaubigter Vertrag benötigt, dass die Verwaltung des Vermögens beispielsweise den Verkauf eines Hauses umfassen soll.“ Das könnte etwa dann der Fall sein, wenn der Verkauf des Hauses nötig sein sollte, um für die Kosten des Pflegeheims aufzukommen. Die Verträge können aber auch nur vereinzelte Aufgaben umfassen, wie etwa das Versorgen eines Haustieres. „Wir arbeiten noch eine Vorlage aus, wie so ein Vertrag aussehen könnte“, meint Tanson.
Vorbeugen von Betrug
Durch die Zusammenarbeit mit französischen und belgischen Experten habe man auch unterschiedliche Erfahrungswerte sammeln können. „In Belgien wird die Möglichkeit sehr viel genutzt – insbesondere von jüngeren Personen zwischen 40 und 50 Jahren“, meint Tanson. In Frankreich hingegen werde das Angebot kaum genutzt, was die Justizministerin auf „kulturelle Ursachen“ zurückführt.
Regelungen, um Betrugsmaschen vorzubeugen, gebe es einige. So werden Personen, „die von einem betrügerischen Konkurs oder Bankrott betroffen sind oder wegen Betrugs, des Missbrauchs von Schwäche, Veruntreuung, Fälschung oder Diebstahl in Bezug auf vermögensrechtliche Handlungen verurteilt wurden“, per Gesetz von der Position des Vormundes ausgeschlossen. Auch können Person, „die in einem beruflichen Unterordnungsverhältnis zum Antragsteller stehen oder beruflich die Betreuung in einem Heim oder einer Tagesstätte ausüben sowie der behandelnde Arzt und das medizinische und paramedizinische Fachpersonal, das mit der Betreuung des Antragstellers betraut ist“, laut einem ersten Gesetzentwurf nicht zum Vormund ernannt werden.
Das freiwillige Verfahren ermöglicht es auch, im Vorfeld eine weitere Person als Kontrollinstanz zu ernennen. Sollte trotz der im Gesetz vorgesehenen Bestimmungen ein Missbrauch bei der Ausführung eines Vormundschaftsmandates vermutet werden, kann zu jeder Zeit ein Antrag beim zuständigen Gericht eingereicht werden. Der zuständige Richter kann gegebenenfalls eine gerichtliche Schutzmaßnahme veranlassen, wenn er der Meinung ist, dass die Interessen und die Vermögensverwaltung des Vollmachtgebers nicht ausreichend geschützt werden.
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