Sozialdialog / Frieden kündigt Sozialtisch an – Gewerkschaften erwarten konkrete Resultate
Ein „Sozialdësch“ soll den aus den Fugen geratenen Sozialdialog in Luxemburg wieder in die richtige Bahn führen. Das haben Premierminister Luc Frieden und die beiden Gewerkschaftspräsidenten Nora Back und Patrick Dury im Anschluss an das gemeinsame Treffen bekannt gegeben.
Der Sozialdialog liegt im Argen. Kollektivverträge, Öffnungszeiten, Liberalisierung der Sonntagsarbeit, eine anstehende Rentenreform – den Arbeitnehmervertretern des OGBL und des LCGB hat die CSV-DP-Regierung in den vergangenen Monaten einiges zugemutet. Nun soll ein Sozialtisch, bestehend aus den jeweiligen Fachministern, Gewerkschaften und Patronat, die Wogen entsprechend glätten.
„Der Sozialdialog und der soziale Frieden sind uns als Regierung extrem wichtig“, sagte Premierminister Luc Frieden nach dem Treffen im Staatsministerium. „Es liegt mir und meinen Regierungskollegen am Herzen, den Trumpf des sozialen Friedens auch 2025 zu erhalten.“ Politische Stabilität sei besonders mit Blick auf Luxemburgs Nachbarländer extrem wichtig. Dafür müsse man mit den Unternehmen, Gewerkschaften und politischen Parteien reden. Das Ziel der Regierung sei es, das Land weiter zu modernisieren, auch weil „die Menschen anders leben als noch vor 20 Jahren“. Er habe im Gespräch mit den Gewerkschaftspräsidenten gespürt, dass diese sich „konstruktiv bei der Anpassung an die Arbeitswelt“ einbringen wollen.
„Keine Tripartite“
Das wolle die Regierung auch weiterhin so handhaben. „Ich hatte deswegen die Idee, in den nächsten Wochen oder Monaten eine große soziale Gesprächsrunde mit den zuständigen Ministern einzuberufen, um eine Reihe dieser sozialen Dossiers in einem konstruktiven Rahmen voranzubringen“, sagte Frieden. Es handele sich dabei nicht um eine „Tripartite im klassischen Sinn“. „Das ist ein Kriseninstrument“, stellte Frieden sofort klar. Wohl auch, um den Eindruck einer Krise gar nicht erst aufkommen zu lassen. Dementsprechend ließ sich der Premierminister von den anwesenden Journalisten auch keine inhaltlichen Klarstellungen zu den großen Streitpunkten entlocken. „Heute war nicht der Moment zum Verhandeln, das ist Aufgabe der zuständigen Minister“, sagte Frieden. Der Sozialdialog sei schließlich keine One-Man-Show, beteiligt seien daran auch Arbeitsminister Georges Mischo (CSV), Wirtschaftsminister Lex Delles (DP) und die Ministerin für soziale Sicherheit, Martine Deprez (CSV). „Ich wollte mir ein Bild der gewerkschaftlichen Positionen auf den jeweiligen Dossiers machen.“
Denn bereits im Verlauf der vergangenen Monate bekundeten die Regierungsvertreter zwar öffentlich ihre Affinität für den Sozialdialog – die politische Realität aber sieht anders aus. „Das Vertrauen der Gewerkschaften in den Sozialdialog wurde in den vergangenen Monaten stark angeknackst“, sagte OGBL-Präsidentin Nora Back im Anschluss an die Sitzung. Auf die Frage, ob ein Generalstreik nun abgewendet wurde, meinte Back, dass es für eine Antwort auf diese Frage noch etwas früh sei. „Wir werden jetzt am Sozialtisch zusammenkommen, wo wir uns konkrete Resultat erwarten“, sagte Back. Konkret bedeute das, dass man besonders im Ringen um das Kollektivvertragswesen „d’Kou vum Äis kritt“ und den Gewerkschaften das exklusive Verhandlungsrecht zugestanden wird. Auch müsse man die Diskussion fortsetzen, wie die EU-Direktive umgesetzt werden kann, die eine bessere Abdeckung der Arbeitnehmer durch Kollektivverträge und eine Stärkung des Kollektivvertragswesens vorschreibt. „Es ist deswegen auch ein No-Go für die Gewerkschaften, dass der ,Plan d’organisation du travail‘ oder die Gehälter aus dem Kollektivvertrag herausgenommen werden“, sagte Back. „Es braucht Verbesserungen, keine Verwässerungen.“
Konstruktive Sitzung
LCGB-Präsident Patrick Dury sprach im Anschluss von einer konstruktiven Sitzung. „Es hat sich jedoch klar herausgeschält, dass die Regierung eine andere Herangehensweise zum Sozialdialog hat – oder hatte“, stellte Dury fest. Demnach sei für die Regierung der Sozialdialog eine Form der Beratung, während die Gewerkschaften darin einen Weg sehen, „sich einig zu werden und in eine gemeinsame Richtung zu arbeiten“. Auch Dury erwartet sich vom Sozialtisch „konkrete Resultate in puncto Kollektivverträgen“. „Das Verhandlungs- und Signierrecht muss den national repräsentativen Gewerkschaften vorbehalten bleiben“, sagte Dury. Eine Aushöhlung der bisherigen Errungenschaften sei die rote und grüne Linie von OGBL und LCGB.
Den Aussagen von Nora Back und Patrick Dury war deutlich zu entnehmen, dass sie den öffentlichen Lobhymnen der Regierung auf den Sozialdialog nicht mehr trauen. „Konkrete Resultate“ – auf die werde es in den kommenden Wochen und Monaten ankommen. Das bedeutet: Die Gewerkschaften erwarten sich vom Sozialtisch klare Zugeständnisse der CSV und DP. OGBL-Präsidentin Nora Back hat die Frage zum Generalstreik als zu früh, nicht jedoch als unmöglich abgetan. Premierminister Luc Frieden betonte seinerseits mehrfach, dass es seine Aufgabe sei, die Regierungsgeschäfte zu koordinieren. Man darf gespannt sein, inwiefern ihm dieser Drahtseilakt beim Sozialtisch gelingen wird.
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