Umwelt / Für den WWF ist die EU der zweitschlimmste Waldzerstörer
Die Europäische Union trägt eine große Mitschuld an der Abholzung des Regenwaldes. Auf der „Weltrangliste der Waldzerstörer“ liegt der Staatenverbund auf Platz zwei hinter China.
Zwischen 2005 und 2017 wurden jedes Jahr etwa 5 Millionen Hektar tropischer Regenwald für die Landwirtschaft umgewandelt. Das Land, einst reich an Arten, wird nun unter anderem genutzt, um Soja anzubauen, Palmöl zu gewinnen, Rinder zu züchten oder Holzplantagen anzulegen. Die so gewonnenen Produkte werden international gehandelt und finden ihren Weg auch nach Europa. Dort landen sie in Supermarktregalen oder im Falle von Soja als Futtermittel im Stall.
Im Jahr 2017 waren die EU-Länder (und -Bürger) für 16 Prozent der Entwaldung im Zusammenhang mit internationalem Handel verantwortlich. Das hat eine Untersuchung der Umweltschutzorganisation World Wildlife Fund (WWF) ergeben. Damit landet die EU auf Platz zwei der Negativliste gleich nach der Volksrepublik China (24%). Hinter der EU liegen Indien (9%), die USA (7%) und Japan (5%).
Vor allem Soja-Importe belasten die Statistik der EU. Dem Bericht zufolge werden wegen Soja-Importe der EU jährlich fast 90.000 Hektar Tropenwald abgeholzt. Gefolgt wird Soja von Palmöl mit fast 70.000 Hektar abgeholztem Tropenwald im Jahr. Darauf folgen Produkte aus Rindern mit 27.692 Hektar im Jahr. Einen geringeren, aber immer noch starken Einfluss haben Kakao und Kaffee. Betroffen von europäischem Konsum waren der Organisation zufolge vor allem Wälder in Brasilien, Indonesien (insbesondere Palmöl) und Paraguay.
WWF fordert die Politik zum Handeln auf und warnt davor, sich auf die Abholzung von Wäldern zu beschränken. Auch andere Biotope wie Grasland, Savannen und Feuchtgebiete werden durch die Landwirtschaft zerstört. Zudem muss sichergestellt werden, dass bei der Produktion von importierten Agrarprodukten keine Menschenrechtsverletzungen vorliegen. In einer Pressemitteilung, die den Bericht begleitete, heißt es, es müsse verhindert werden, dass für unseren Konsum weiter intakte Natur wie Wälder, Savannen und Feuchtgebiete in Ackerflächen umgewandelt werden. In dem Bericht heißt es: „Einige der bedeutendsten Auswirkungen des EU-Verbrauchs sind bereits in Landschaften konzentriert, die nicht als Wälder klassifiziert werden, wie in Teilen des Cerrado und Chaco.“ In beiden Fällen handelt es sich um gewaltige Regionen in Südamerika. Cerrado liegt zum Großteil in Brasilien und reicht bis nach Paraguay. Chaco erstreckt sich von Argentinien über Paraguay nach Bolivien.
Ernährungswandel gefordert
WWF erklärt, dass auch ein Ernährungswandel dazu beitragen könne, die Regenwälder zu schützen. Ein Verzicht auf Fleisch – zugunsten von Hülsenfrüchten und Nüssen – könne den Flächenbedarf reduzieren. Die Organisation rechnet am Beispiel Deutschland vor, dass eine Halbierung des Fleischkonsums den Flächenbedarf der Bundesrepublik um fast drei Millionen Hektar senken könnte.
Mit ihrem Bericht will die Organisation die Bemühungen der EU unterstützen, die Konsequenzen ihres Konsums anzugehen. Das Dokument liefert dafür neue Daten und Erkenntnisse über die Rolle der EU bei der Rodung von Wäldern und Umwandelung von Landschaften in Agrarflächen. In seiner Pressemitteilung fordert der WWF die deutsche Bundesregierung auf, sich bei der EU-Kommission für ein starkes EU-Gesetz für entwaldungsfreie Lieferketten einzusetzen. Es müsse verhindern, dass für den Konsum in der EU intakte Natur wie Wälder, Savannen und Feuchtgebiete in Ackerflächen umgewandelt werden, so die Organisation. Für Luxemburg als zweitgrößter Investmentfondsstandort weltweit nach den USA ist besonders die Forderung des WWF spannend, verbindliche Anforderungen für Unternehmen und den Finanzsektor einzuführen, um die Sorgfaltspflicht, die Rückverfolgbarkeit von Rohstoffen und die Transparenz der Lieferkette sicherzustellen.
Ohne die Forderung nach dem Erhalt des Regenwaldes in Frage zu stellen : der WWF ist eine recht umstrittene Organisation, dessen Gründungsväter und Vorsitzende zum Teil auch aus Adligen und Wirtschaftsleuten bestand, die der Jagd nicht abgeneigt waren. Die Organisation ist mit der Privatwirtschaft verstrickt. Vor allem aber scheinen sie keinen Skrupel zu haben, die Rechte der Indigenen in diesen Gebieten hinter den Interessen des Westens anzustellen – und das zum Teil mit Gewalt. Es existieren mittlerweile sozialwissenschaftlich fundierte Recherchen und Bücher zu diesem Thema (z.B. Guillaume Blanc, L’invention du colonialisme vert, Flammarion 2020).