Editorial / Fußball und Gewissensfragen: Stolze Katerstimmung
Wie heißt es doch so schön: Fußball ist ein schnelllebiges Geschäft. Das gilt nicht nur für Trainer auf Schleudersitzen, sondern auch für Profis auf dem Rasen, die schon mal binnen weniger Tage vom Thron der gefeierten Helden ins Loch der Prügelknaben stürzen. Ein Moment der Unachtsamkeit in einem Topspiel, eine unglückliche Aussage am Mikrofon oder selbst die Kleiderwahl des Luxemburger Nationaltrainers reichte zuletzt in den sozialen Medien, um sich digitale Schelten abzuholen. Was vor Jahren noch beim „Patt“ in der Kneipe ausdiskutiert wurde, wird heute beim virtuellen Stammtisch auf Facebook herausposaunt – und in neue (teils fragwürdige) Dimensionen aufgebauscht.
Denn die populäre Sportart bewegt und wäre nicht dasselbe ohne ihre Emotionen. Das hat Liverpool-Ikone Bill Shankly damals in deutlichen Worte zusammengefasst: „Es gibt Leute, die denken, Fußball sei eine Frage von Leben und Tod. Ich mag diese Einstellung nicht. Ich kann Ihnen versichern, dass es noch sehr viel ernster ist.“
Und doch gibt es Momente im Leben, die einen ohne Vorwarnung wieder auf den harten Boden der Tatsachen zurückholen. Wie zum Beispiel jener am Montagabend im Länderspiel der „Roten Löwen“, als vor dem Halbzeitpfiff erste Push-Nachrichten auf das Attentat in Brüssel hinwiesen. Zwei unschuldige schwedische Zuschauer, die einfach nur einen sportlichen Abend in der Ferne genießen wollten, kamen beim Terrorangriff ums Leben.
Fußball ist im Endeffekt also doch nicht alles. Trotzdem sind Frust, Enttäuschung und Stolz nach dem Ausgang der Partie im Stade de Luxembourg – gleichermaßen – erlaubt. Die Gewissensfrage, welchen Stellenwert die Slowakei-Niederlage gegenüber den weltweiten Nachrichten hat, stellt sich zwar berechtigterweise – aber genauso ist es nicht verwerflich, das nationale Momentum zu genießen. Die FLF-Auswahl hat (sieht man vom Schiffbruch in der Algarve ab) einen monatelangen Hype ausgelöst und Luxemburg in den internationalen Medien auf die Landkarte gesetzt.
Die Euphorie rund um die Luxemburger Fußballnationalmannschaft ist noch nicht vorbei. Im März erhält das Team von Coach Luc Holtz eine zweite Chance. In den Play-offs der Nations League streiten sich drei Nationen mit den „Roten Löwen“ um ein einziges Ticket. Die Nationalspieler haben 2024 noch mal zwei Endspiele vor der Brust – und müssen beweisen, dass sie gelernt haben, mit Schlüsselmomenten umzugehen.
Bis dahin werden sich die Fußballanhänger schon über Hunderte andere Spielszenen, Tore und Talente gefreut und geärgert haben. Fußball bleibt für seine Fans die schönste Nebensache der Welt, auch wenn der Kater an diesem Dienstagmorgen, auch aufgrund der tragischen Geschehnisse weltweit, vielleicht etwas härter zu verkraften ist als sonst.
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Fussball ist Sport, nicht Politik.