Google-Datencenter / Ganze dreieinhalb Jahre sind vergangen ...
Seit 42 Monaten geht die Rede von einem in Bissen geplanten Datencenter. Wir wollen an dieser Stelle einmal an die verschiedenen Etappen erinnern, die diese Pläne bereits durchlaufen haben. Zudem wollen wir eine Antwort bekommen, wie es sich mit dem Dossier „Google-Datacenter“ nach so langer Zeit verhält.
Der Internetgigant Google möchte ein Datencenter auf Roost (Gemeinde Bissen) bauen. Diese Nachricht ließ im Juli 2018 aufhorchen. Der Promoter „London Bridge“ hatte hierfür ein rund 33 Hektar großes Areal auf „Busbierg“ nahe Bissen erworben.
Eine erste Hürde bestand in der Umklassierung des genannten, in seiner Fläche etwa 50 Fußballplätzen gleichkommenden Areals in eine „Zone spéciale Datacenter“. Dank des einstimmigen Votums vom 7. Januar 2019 erhofften sich die Gemeinderäte aus Bissen künftig eine transparente Zusammenarbeit mit dem Internetgiganten.
Doch Google hüllte sich in einen Mantel des Schweigens, eine Tatsache, die auch heute noch immer Bestand hat. Weder in der Informationsveranstaltung am 22. Januar 2019, die von der Gemeinde einberufen wurde, noch in der Bürgerversammlung, zu der Google selbst am 21. November 2019 eingeladen hatte, gab es schlüssige Informationen zum definitiven Umfang des Datencenters, zum Strom- und Kühlwasserverbrauch, zum Geräuschpegel der Kühlaggregate, zur Lichtverschmutzung, usw., usf.
„Wir wollen Klarheit“, so eine der beiden lokalen Bürgerinitiativen im Februar 2019 in einem Rundschreiben. Zu viele Fragen würden offenstehen und man mache sich ernsthaft Sorgen um die Lebensqualität in der Gemeinde. Am 19. Juni 2019 sprach der damalige Bürgermeister Schummer u.a. von 143 schriftlich eingereichten Reklamationsschreiben, von Aktionen der Bürgerinitiativen und von einer offiziellen Opposition durch das „Mouvement écologique“. Da sämtliche Fragen zum Projekt noch immer offen im Raum stünden, enthielten sich die fünf Oppositionsräte bei der definitiven Abstimmung über die Umklassierung des Areals auf „Busbierg“. Zwei CSV-Räte stimmten gegen ihren Schöffenrat, so wurde die Umklassierung des oben erwähnten Areals mit nur vier Stimmen durchgeboxt.
Kollateralschaden
Noch im selben Monat kehrt Bürgermeister Jos Schummer der CSV den Rücken, da er sich sowohl von seiner Partei als auch von zwei CSV-Räten (Hoscheid und Barros) im Dossier rund um das geplante Datencenter im Stich gelassen fühlt. Er bleibt aber auf dem Bürgermeisterstuhl sitzen. Doch damit nicht genug. Auch Rätin Cindy Barros demissionierte aus der Christlich-Sozialen Volkspartei. Damit hatte die CSV ihre knappe Mehrheit im Gemeinderat Bissen verloren.
Die neue Mehrheit forderte daraufhin, dass der gesamte Schöffenrat neu besetzt werden müsste. Nach langem Hin und Her gaben Carlo Mulbach und Frank Clement am 24. September 2019 ihre Demission als Schöffen der Gemeinde Bissen bekannt. Wenige Tage später entschied sich auch Bürgermeister Schummer zum Rücktritt.
Mehr Fragen als Antworten
Der Teilbebauungsplan (PAP) zum Projekt Datencenter lag im November 2019 zur Einsicht im Rathaus vor. Doch auch dieses Papier gab eigentlich wenig Aufschluss darüber, was auf „Busbierg“ einmal entstehen soll. Was z.B. den Strom- und Wasserverbrauch anbelangt, darüber gab es keine einzige Zeile zu lesen. Das werde in der anstehenden Umweltverträglichkeitsstudie untersucht und veröffentlicht, hieß es damals.
Im gleichen Monat entsandte Google Fabien Vieau („Regional Director Data-Center Energy&Location-Strategy“) und Frédéric Descamps („Data-Center Facilities Manager“) nach Luxemburg. Bereits die erste Aussage von Fabien Vieau gegenüber den Journalisten ließ darauf schließen, dass auch an diesem Tag nicht mehr Informationen als bis dato von Google bekannt gegeben werden sollten. „Wir haben uns aus verschiedenen Gründen bis dato mit Informationen zurückgehalten“, so Vieau. Über die Gründe für diese Zurückhaltung wurde weiter viel spekuliert.
Der 11. Januar 2020 war der Stichtag für die Abgabe der Einwände gegen den Teilbebauungsplan („Plan d’aménagement particulier“) für das geplante Datacenter auf „Busbierg“. Diesen PAP konnte jeder auf dem Internetportal der Gemeinde Bissen sehen, doch schlauer wurden wohl die wenigsten. Es blieben nach wie vor sehr viele Fragen offen. 177 Reklamationsschreiben waren eingegangen.
Lange Zeit war im Dossier Datencenter Bissen nichts von einem sogenannten „Memorandum of understanding“ zwischen der Regierung, der Gemeinde Bissen und dem Internetgiganten Google bekannt. Offiziell jedenfalls nicht. Doch als die Rangelei im Gemeinderat Bissen losging, war dieses MOU, nennen wir es Absichtserklärung, in vieler Munde. Im Mai 2020 machte dieses Dokument viel von sich reden. Das nach viel Hin und Her nicht mehr als vertraulich eingestufte Dokument löste eine unbändige Nervosität in den Reihen der CSV-Opposition in der Abgeordnetenkammer aus, deren Mitglieder sofort in den sozialen Netzwerken und gegenüber der Presse in die Bütt stiegen. Sie – und nicht nur sie – versprachen sich Zündstoff in dieser Absichtserklärung. Doch im Nachhinein sollten sie in dieser Hinsicht enttäuscht werden.
Urteil steht noch immer aus
Der Gemeinderat verabschiedete im Oktober 2020 den „Teilbebauungsplan Google“. „Der Ball liegt nun wieder beim Internetgiganten, der die Umweltverträglichkeitsstudie erstellen und einreichen lassen muss. Ich schätze, dass es bis Mitte 2021 ziemlich ruhig in diesem Dossier bleiben wird. Dabei sollte man aber die noch ausstehenden Gerichtsurteile nicht vergessen, z.B. was den vom ‚Mouvement écologique‘ eingereichten Rekurs gegen den Bebauungsplan anbelangt“, so Bürgermeister David Viaggi („Är Leit“) vor genau einem Jahr.
Das Verwaltungsgericht urteilte in Sachen Rekurs des „Méco“ Anfang Juli gegen die Umweltorganisation. Auf einer Pressekonferenz am 14. Juli gab das „Mouvement“ seinerseits bekannt, dass man gegen dieses Urteil in Berufung gehen werde. Die Eignung des Standortes bei Bissen sei noch immer nicht nachgewiesen.
Google hat vor wenigen Wochen beschlossen, 500 Millionen Euro in den weiteren Ausbau seiner Datencenter in Belgien zu investieren. Zusätzlich zum Zentrum in Saint-Ghislain in der Nähe von Mons wird ein zweites Zentrum bei Charleroi errichtet. Dort wurde bereits ein 5 Hektar großes Gelände erworben, wo die neue Zentrale entstehen wird. Der US-Technologiekonzern hat damit bereits fast 3 Milliarden Euro in den Standort Belgien investiert.
Nach sage und schreibe 42 Monaten, nachdem das Projekt in Bissen bekannt wurde, wollten wir nun von Bürgermeister David Viaggi wissen, wie es denn heute um das Google-Datacenter steht. „Seit Januar dieses Jahres haben wir nichts mehr von der Direktion des Internetgiganten gehört. Ich könnte mir vorstellen, dass sie auf das Urteil, was die Berufung des ‚Méco‘ anbelangt, wartet, bevor sie weitere Schritte unternimmt.“
Apropos Méco: Auf das ausstehende Berufungsverfahren angesprochen, gab Präsidentin Blanche Weber uns gegenüber zu verstehen, dass mit einem Urteilsspruch laut ihren Informationen voraussichtlich erst in zwei bis drei Monaten zu rechnen sei. Dann sei aber noch immer nicht geklärt, wie es zum Beispiel in Sachen Wasserschutz in diesem Dossier aussieht.
Das „Google Datacenter“ sei noch immer ein prioritäres Projekt der Regierung, so Wirtschaftsminister Franz Fayot Anfang der Woche auf unsere Anfrage hin, nicht zuletzt im Hinblick auf die angestrebte wirtschaftliche Diversifizierung und die Weiterentwicklung der Digitalisierung in unserem Land. „Wéi an aneren, ähnlechen Dossieren wëll och am Projet Datacenter zu Biissen den Investisseur Rechtssécherheet. Et ass awer e juristesche Recours géint de Bebauungsplang nach net a leschter Instanz tranchéiert“, so Fayot. Der Investor warte auf das definitive Urteil, während das Projekt zum heutigen Zeitpunkt die Prozedur einer Umwelt-Impaktstudie durchlaufe.
Was den aktuellen Stand der Dinge anbelangt, schweigt Google selbst einmal mehr.
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