Editorial / Gebranntes Kind – Deutschland, Luxemburg und die Grenze
Ein unangenehmes Thema schleicht sich langsam wieder auf die Agenda. Spätestens nachdem Deutschland seine Grenzen zu Tschechien und dem österreichischen Bundesland Tirol geschlossen hat, wurden in Luxemburg dunkle Erinnerungen wach. Im März hatte Deutschland in einer Art Nacht-und-Nebel-Aktion Kontrollstellen an der Grenze zu Luxemburg aufgestellt. Das war mit Blick auf Europa und die Schengener Verträge problematisch genug. Für die immer weiter zusammenwachsende Großregion war es eine symbolpolitische Katastrophe. Und zu allem Überfluss hatte die deutsche Regierung es offenbar auch versäumt, die Luxemburger Nachbarn vorher über den Schritt zu informieren.
Das hinderte sie aber nicht, im Juli den zweiten Akt des Dramas aufs Parkett zu bringen: Weil Luxemburg die Sieben-Tage-Inzidenz von 50 überschritten hatte, wurde es zum „Risikogebiet“ erklärt. Beim Grenzübertritt gab es wochenlang Unklarheiten und Probleme. Ob diese Maßnahmen tatsächlich etwas gegen die weitere Verbreitung der Pandemie ausgerichtet haben, ist nicht klar.
Jetzt, im Februar 2021, klopft das Schreckgespenst der Grenzkontrollen erneut an die Tür. Diesmal sind für das Robert-Koch-Institut (RKI) vor allem Gebiete mit „besonders hohem Infektionsrisiko durch verbreitetes Auftreten bestimmter SARS-CoV-2-Varianten“ gefährlich. Insgesamt hat das RKI – Stand Montag – 15 Länder als „Virusvarianten-Gebiete“ identifiziert.
Die französische Region Grand Est gehört noch nicht dazu. Dass auch dort derzeit die Mutanten wüten, haben aber auch die deutschen Grenzschließer mitbekommen. Am Montag war der Grand-Est sogar Thema auf der Bundespressekonferenz. Schön: Die deutsche Regierung redet offenbar mit „den Freunden auf der französischen Seite“, wie das mit der Grenze gemanagt werden soll, verlautet Regierungssprecher Steffen Seibert. „Deutschland und Frankreich werden sehr zeitnah Beratungen aufnehmen.“
Und Luxemburg? Auch hier sind die neuen Varianten festgestellt worden. Ob ihr Anteil größer oder kleiner als in Deutschland ist, ist derzeit noch unklar. Immerhin: Auf offiziellen Kanälen führt Deutschland offenbar noch keine „Grenzberatungen“ mit Luxemburg, das ließ sich die Berliner Regierungssprecher-Riege am Montag auch durch direkte Journalistenfrage nicht entlocken.
Aber ein gebranntes Kind scheut das Feuer – und spätestens seit März scheint die Luxemburger Regierung, was die Funkstille angeht, ein bisschen das Vertrauen in die deutschen Kollegen verloren zu haben. Außenminister Jean Asselborn warnte am Sonntag erneut vor Grenzschließungen: „Wir müssen alles dafür tun, dass die Pendler ohne Einschränkungen zu ihren Arbeitsplätzen kommen“, sagte er. Die sind für Luxemburg nach wir vor lebenswichtig. „60 Prozent der Beschäftigten in unseren Krankenhäusern, Altenheimen und Pflegeeinrichtungen sind Grenzgänger“, sagte Asselborn. „Wenn diese Pendler nicht mehr einreisen können, dann bricht das Gesundheitssystem in Luxemburg zusammen.“
Die Bundesregierung hat in der Großregion einiges wiedergutzumachen. Sollte Deutschland in Luxemburg tatsächlich irgendwann ein „Virenvarianten-Gebiet“ sehen, darf eines nicht wieder passieren: eine unilaterale und plötzliche Entscheidung aus Berlin, die für Chaos an der Grenze sorgt. Die Luxemburger Behörden müssen in den Entscheidungsprozess und das Management der Übergänge eingebunden werden – und zwar genau so, wie das für die französischen jetzt angekündigt ist.
Die Begründung der deutschen Polizei für die Kontrollen, die sie seit dem Wochenende wieder am berüchtigten Autobahnparkplatz Markusberg an der Trier-Autobahn macht, kann einen daran aber schon wieder ein wenig zweifeln lassen: Die Bundespolizei führt dort nämlich eine „Maßnahme zur Eindämmung der illegalen Einreise“ durch – so hatten sich die Beamten anfangs auch bei den Kontrollen im März ausgedrückt.
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wann d’Däitschland wöllt Grenzen zou maachen, da maachen se dat och, do kann den Här Asselborn esou vill a léif schwätze wéi hie wöll. ‚So wird’s gemacht – Befehl ist Befehl‘
de Probleem usech léit net bei den Däitschen, de Probleem léit hei ze Letzebuerg, mir hu jo ons Aarbechtswelt esou opgebaut, all déi Joore viirdrun, 200000 Grenzgänger rondrem Ons, kommen aus deenen 3 Grenzlänner heihi schaffen, jo et huet jo Keen un esou ee Viirus geduercht, deen dann Alles op d’Kopp dréint
da kucke mer mol, wéi et sech entweckelt
lully
Ech ka mech un eng Zäit erënneren du huet eng ganz Class Infirmière‘s Meedecher, zirka 21, am Centre eng Ufro gemaach fir do kënnen mat hierem Diplom schaffen ze goen. Keen eent ass geholl ginn. Deemools sënn lauter Belsch Meedercher agestallt ginn.
Haut gëtt geziddert wa wierklech eis Boperen sollten och fir Grenzgänger déi hei schaffen Grenzen zou maachen. Wann een sech esou ann d‘Fettnäpfche setzt muss een eben zidderen.
Hoffen se léieren eppes draus!!
Nicht die Grenzschliessung ist das Problem, sondern die Bevormundung , Zurechtweisungen der Nachbarn und die mit Überheblichkeit gehaltenen Reden deutscher Politik . Im Grunde hat sich in diesem Verhalten , Auftreten der Deutschen in all den Jahren nichts geändert.
Das ist Europa wenn es Ernst ist oder wird. Europa ist nichts anderes mehr als Traurigkeit und Lobbyismus.
@ Von Blücher
Das Auftreten der Deutschen hat sich wohl geändert. Das der Luxemburger kaum. Vergessen Sie wer der grösste Zahlmeister in Brüssel ist?
@von Blücher am luxemburgischen Minderwertigkeitskomplex leider auch nichts…. Aber diese Empfindlichkeit wäre ja noch nachvollziehbar, wenn die luxemburgische Regierung nicht aus dem gleichen Anlass seine Bürger entmündigen würde.
@Von Blücher
Ihr Kommentar bringt es auf den Punkt.
Es ist erschreckend wie arrogant die deutsche Politik ist.
@ Hans Peter: Wie einst Blücher dem Wellington in Waterloo zum Sieg verhalf , Napoleons Herrschaft der Hundert Tage beendete , wird der luxemburgische Minderwertigkeitskomplex der deutschen Politik auch zu ihrem Waterloo verhelfen. Warten wir die Rüffel aus Brüssel ab.
Ist doch klar dass die Deutschen besorgt sind wenn wir hier in Luxemburg eine 7Tage Inzidenz von über 200 pro 100.000 Einwohner haben, während Rheinland Pfalz um die 50 ist.
Bei über 200 gab es in Deutschland vollen Lockdown während wir hier in Luxemburg Schulen, Baumärkte, Frisöre,…und sogar Kinos offen haben.
Offensichtlich kann es bei solch unterschiedlicher Risikowarnehmung nur schwer eine Einigung geben bei der die Grenze offen bleiben kann.
@Tobias
Anstatt absolute Zahlen zu vergleichen sollte man die jeweiligen Positivitätsraten der durchgeführten Tests vergleichen… Wer sucht der findet und wer nicht oder weniger sucht der findet auch nichts oder weniger…Oder glauben Sie tatsächlich das Virus samt seinen Varianten mache an der Grenze halt? Trotzdem gebe ich ihnen Recht was die unterschiedlichen Strategien angeht und dass man diesbezüglich diskutieren kann. Aber wie man in den letzten Tagen sieht reißt auch in D zusehends der Geduldsfaden der Bevölkerung und der Wirtschaft angesichts des strikten Lockdowns. Hierzulande hatten wir eine etwas balancierte Herangehensweise.
Mit freundlichen Grüßen
@ Blücher …. Letztendlich geht es um die Verhältnismäßigkeit der Mittel. Mit Frankreich konnte man sich verständigen und kam zu dem Ergebnis, dass die „Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie auf deutscher und französischer Seite nicht gleichartig, aber gleichwertig seien“. Anders als an der Grenze zur Tschechischen Republik, die gegen die Pandemie zu lax vorgehe. Ich denke, damit sind auch die Grenzkontrollen nach Luxemburg vom Tisch.
Grenzschliessungen inmitten Europas , bei dieser engen Vernetzung sind eigentlich ein No Go , das Problem mit Covid muss durch Abstimmung gelöst werden.
Aber Luxemburg sollte sich auch einmal an die eigene Nase fassen:
derzeit ist zwischen Rheinland-Pfalz und Lux ein Faktor 3,5 in den Inzidenzfällen – alles ist in Trier etc. zu während hier fleißig verkauft und frisiert wird … – nichts läuft in Lux ohne Grenzgänger , Krankenhaus , Altenheim , Verkauf , Bau … oder Migranten , die putzen , auf Baustellen schaffen und überall da sind , um abends in ihre beengten und überteuerten Wohnungen zurückzukehren – da ja die Einheimischen gern als Fonctionnaire d‘Etat vorzugsweise die Krise im Home Office abwarten.
Und selbst als Lux im November mit über 600 / 100.000 ( und im Süden des Landes wahrscheinlich mit den doppelten Inzidenzwerten ) fröhlich alles weiter laufen ließ , blieb das nicht unbemerkt im Ausland.
@ Stonehenge
Verallgemeinerungen sind (sehr) schlechter Stil. Ich bin «Einheimischer » und nicht Fonctionnaire…Was den Rest angeht lesen Sie bitte gerne meinen obigen Kommentar.
Mit freundlichen Grüßen