Justiz / Gefallener Engel gefährdet den Neustart: Staatsanwaltschaft klagt CSV-Granden um Claude Wiseler an
Der Neustart der CSV könnte mit einer Fehlzündung beginnen: Neben dem ehemaligen Parteipräsidenten Frank Engel müssen sich nun auch fünf CSV-Politiker vor Gericht verantworten. Brisant ist, dass die designierte Co-Präsidentin Elisabeth Margue und die designierte Co-Generalsekretärin aus dem Team Wiseler unter den Angeklagten sind. Prozessbeginn ist am 19. Oktober. Die Diskussion um das rechtliche Statut der Parteien soll derweil intensiviert werden.
Der avisierte Neustart der CSV steht für Parteipräsident Claude Wiseler und sein Team unter denkbar schwierigen Vorzeichen. „Meine einzige Zielsetzung ist, die Partei auf Vordermann zu bringen“, hatte Wiseler noch Ende April auf dem Parteikongress die Marschroute vorgegeben. Nun aber holt die Freundeskreis-Affäre das Team um den CSV-Chef wieder ein: Neben Frank Engel muss sich nämlich der gesamte ehemalige Vorstand des CSV-Freundeskreises bald vor Gericht verantworten – darunter auch die damaligen CSV-Vizepräsidentinnen Stéphanie Weydert und Elisabeth Margue. Dabei sollten die Politikerinnen, die derzeit im Nationalkomitee der Partei sitzen, eigentlich den geordneten Neuanfang der CSV einläuten, als sie die Partei Mitte März als Vizepräsidentinnen kommissarisch führten. Zudem wurde Elisabeth Margue auf dem Parteikongress zur designierten Co-Präsidentin und Stéphanie Weydert zur designierten Co-Generalsekretärin gewählt. Der Staatsanwaltschaft zufolge sind die Ermittlungen alle abgeschlossen – der Prozess soll am 19. Oktober beginnen und drei Tage dauern.
„CSV Frëndeskrees Asbl“
Die „CSV Frëndeskrees Asbl“ ist den Aussagen Frank Engels zufolge gegründet worden, um in den 1980ern eine Immobilie für die Partei in Luxemburg anzuschaffen. Eine politische Partei gilt in Luxemburg nicht als juristische Person und kann demnach keinen Kredit bei einer Bank aufnehmen.
Der Vorstand der „CSV Frëndeskrees Asbl“ setzt sich analog zur Parteileitung der CSV zusammen.
Neben Frank Engel, Félix Eischen, Stéphanie Weydert und Elisabeth Margue waren auch André Martins Dias und George Pierret Mitglieder im Vorstand des CSV-nahen Vereins.
Neben Weydert und Margue sollen auch der damalige Generalsekretär der CSV Félix Eischen, Schatzmeister André Martins Dias und George Pierret belangt werden – ihnen wird vorgeworfen, von dem Arbeitsverhältnis zwischen der „CSV Frëndeskrees Asbl“ gewusst zu haben. Die Anklage lautet: „faux et usage de faux“, Betrug und „Abus de confiance“.
Die Staatsanwaltschaft bestätigt gegenüber dem Tageblatt nur, dass „verschiedene Vorladungen Ende vergangener Woche verschickt wurden“. Da „mit großer Wahrscheinlichkeit“ noch nicht alle Vorladungen bei den Betroffenen eingegangen seien, wolle die Staatsanwaltschaft keine weiteren Details preisgeben.
Frank Engel zeigt sich nicht überrascht, dass die Freundeskreis-Affäre auch juristische Konsequenzen für die CSV nach sich zieht. „Es ist doch logisch, dass die von der CSV kolportierte Geschichte, in der ich der einzige Bösewicht bin, nicht stimmen kann“, sagt Frank Engel gegenüber dem Tageblatt. Engels Aussagen zufolge sitze der gesamte Vorstand des „CSV Frëndeskrees“ mit auf der Anklagebank. „Da sind jetzt einige dabei, die sich wegen nichts selbst angeklagt haben. Da kann man darüber spekulieren, wie intelligent das wirklich war“, sagt Engel.
Erneute Unruhe
CSV-Präsident Claude Wiseler wollte die erneute Unruhe im Lager der CSV gegenüber dem Tageblatt nicht kommentieren. „Es ist für die Partei sicherlich eine Belastung, und wir müssen abwarten, was in den nächsten Wochen passiert“, sagt Wiseler. Fürs Erste gelte aber die Unschuldsvermutung, und das Team arbeite weiter an der Erneuerung der Partei. Zudem habe die Partei aus der Freundeskreis-Affäre bereits Lehren gezogen. „Wir haben unserer finanziellen Organisation schriftliche Regeln gegeben und unser finanzielles Gebaren in einer präzisen Form festgelegt“, sagt Wiseler.
Der Frage, ob und inwiefern die CSV das juristische Nachspiel intern aufarbeiten wolle, wich Claude Wiseler aus. „Ich will zu diesem Zeitpunkt nichts dazu sagen“, heißt es auch auf Tageblatt-Nachfrage von Félix Eischen.
Rückblick: Einige CSV-Abgeordnete hatten am 16. März Frank Engel, den damaligen Parteipräsidenten, bei der Staatsanwaltschaft angezeigt. Grund war das Arbeitsverhältnis, das Frank Engel ohne die Kenntnis weiterer Parteimitglieder mit dem „CSV Frëndeskrees“ eingegangen sein soll, den er durch sein Parteimandat selbst präsidierte. Frank Engel trat daraufhin am 19. März als Parteichef zurück. Am gleichen Tag durchsuchte die Staatsanwaltschaft die Parteizentrale der CSV. Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft dauerten bis zum 15. Juni an. Claude Wiseler kündigte am 8. April an, für den Präsidentenposten kandidieren zu wollen. Wiseler und sein Team erhielten am 24. April auf dem Kongress das Vertrauen der CSV-Parteibasis.
Reformbedarf
Durch die erneute Unruhe im CSV-Lager gewinnt auch die Frage nach dem rechtlichen Statut einer politischen Partei in Luxemburg wieder an Auftrieb. Claude Wiseler deutete gegenüber dem Tageblatt an, dass sich die Parteien bereits im Austausch befänden, um sich des Problems anzunehmen.
Rechtliches Statut der Parteien
Politische Parteien haben in Luxemburg keine rechtliche Selbstständigkeit. Das bedeutet, dass es den Parteien untersagt ist, Immobilien zu besitzen, sie besitzen kein Klagerecht und können nicht verklagt werden.
Mit der Reform des Parteienfinanzierungsgesetzes sollte auch das rechtliche Statut der Parteien reformiert werden – der Text wurde jedoch aufgrund starker Kritik vom Staatsrat wieder verworfen.
LSAP-Präsident Yves Cruchten bestätigte gegenüber dem Tageblatt, dass es bereits erste Treffen gegeben habe, um über das rechtliche Statut der Parteien zu beraten. „Wir wollen, dass sich in der Hinsicht etwas ändert. Keiner ist wirklich glücklich über die momentan existierenden Strukturen“, sagt Cruchten. Im September wolle man sich wieder mit konkreten Vorschlägen treffen, sagt der LSAP-Politiker. Durch die „internen Probleme“ bei der CSV sei die Diskussion etwas ins Stocken geraten, weil ein konkreter Ansprechpartner gefehlt habe.
Der Abgeordnete Sven Clement (Piraten) gibt sich weniger optimistisch. „Ich glaube, die großen Parteien müssen noch einmal in sich gehen“, sagt der Politiker gegenüber dem Tageblatt. Es habe jedoch jede Partei den Reformbedarf erkannt, auch wenn sich noch einige Fragen auftun würden. „Das Hauptproblem liegt in der legalen Überführung des Immobilienbesitzes in Parteihände“, benennt Clement den Schwerpunkt der Diskussionen. Dennoch scheint der Piratenabgeordnete nicht an eine rasche Lösung zu glauben. „Ich habe den Eindruck, dass die Parteien befürchten, dass die neuen Strukturen ‚zu transparent‘ werden – habe für die Vermutung jedoch keinen Beweis“, sagt Clement. „Das ist völliger Quatsch“, meint Yves Cruchten, als das Tageblatt ihn mit der Aussage des Piraten-Politikers konfrontiert.
Als chaotisch beschreibt Myriam Cecchetti von „déi Lénk“ die laufenden Diskussionen. In den bisherigen Gesprächen seien verschiedene Ideen thematisiert worden, jedoch sei noch keine Richtung definiert worden. Sowohl Anpassungen am bestehenden Gesetz als auch die Schaffung eines eigenen rechtlichen Statuts für Parteien würden diskutiert werden. Mit der Erlangung der rechtlichen Selbstständigkeit würden sich nämlich eine Menge Fragen ergeben. „Wir müssen als Parteien weiterhin unsere politische Arbeit verrichten können, ohne für jede Aussage eine Klage befürchten zu müssen“, gibt die Linken-Politikerin zu bedenken.
Konkrete Vorschläge liegen aber noch nicht auf dem Tisch, die sollen im Herbst dieses Jahres folgen. „Wir können uns die nächsten Monate in Ruhe ein paar Gedanken zu dem Thema fassen“, so Cecchetti. Bei den künftigen Treffen sollen dann schon konkretere Vorschläge auf den Tisch kommen.
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Wer andern 1 grube gräbt… !
So ist es halt mit den Seilschaften, wenn einer stolpert und stürzt, riskiert er die anderen in den Abgrund mitzureissen.
@en ale Sozialist: Nun ist der Zweck einer Seilschaft von Bergsteigern gerade, den gemeinsamen Absturz zu verhindern.