LIH-Virologe Claude Muller / „Geimpfte Eltern sind ein sehr guter Schutz für die Kinder“
In Luxemburg werden demnächst neue Lockerungen bei den Corona-Maßnahmen in Kraft treten. In den Schulen soll in diesem Zuge die Maskenpflicht auf dem Schulhof aufgehoben werden. Im Klassenraum soll die Maskenpflicht allerdings beibehalten werden. Das Tageblatt hat bei Dr. Claude P. Muller, Virologe am Luxembourg Institute of Health (LIH), nachgefragt, was er von diesen Regelungen hält.
Luxemburg öffnet sich immer weiter. Die Inzidenz sinkt und die Maßnahmen sollen nun gelockert werden. So kündigten Premier Xavier Bettel und Gesundheitsministerin Paulette Lenert auf einer Pressekonferenz am Mittwoch auch eine Lockerung in den Schulen an. Die Maskenpflicht im Schulhof soll aufgehoben werden, jene im Klassenzimmer aber nicht.
Auf Tageblatt-Nachfrage beim Bildungsministerium sagt Pressesprecherin Myriam Bamberg, dass die Lockerung in den Schulen mit jenen einhergehen, die auch in anderen Bereichen von der Regierung beschlossen wurden. Die Aufhebung der Maskenpflicht sei zudem auf die seit Wochen konstant sinkenden Infektionszahlen in den Schulen zurückzuführen. Der Atemschutz könne allerdings auch weiterhin auf freiwilliger Basis getragen werden. Die neue Regelung wird laut Bamberg am ersten Schultag nach Inkrafttreten des Gesetzes gelten, also voraussichtlich ab dem 14. Juni. Betroffen von der Lockerung sind sowohl Grund- als auch Sekundarschulen.
Ich finde die Aufhebung dieser Pflicht angemessen und zumutbarVirologe am LIH
Dr. Claude P. Muller, Virologe am Luxembourg Institute of Health, sagt gegenüber dem Tageblatt, dass er das Beibehalten der Maskenpflicht im Klassenraum zu diesem Zeitpunkt ganz in Ordnung findet. Die Kinder haben sich laut Muller mittlerweile an den Atemschutz gewöhnt. Zudem biete die Maske einen guten Schutz für die Kinder. Auf den Schulhöfen sieht der Virologe die Sache anders. Dass die Maskenpflicht hier aufgehoben wird, sei eigentlich nur eine Gleichstellung mit den allgemeinen Regelungen, die nun für alle draußen gelten werden, sofern es sich nicht um große Menschenansammlungen handele. „Ich finde die Aufhebung dieser Pflicht angemessen und zumutbar“, sagt er.
Es ist draußen, es weht der Wind und das Verhalten ist ein anderes als drinnen. Ich glaube, dass die Bewegungen im Schulhof eher so sind, dass sie nicht mit einer großen Infektiosität verbunden sind.Virologe am LIH
Besonders kleinere Kinder verbringen ihre Zeit im Schulhof gerne mit rennen, toben und raufen. Dabei atmen sie schneller. Können sich die Kinder denn nun nicht vermehrt über Aerosole anstecken, wenn sie sich im Schulhof näherkommen und keine Maske tragen? Schnelles Atmen könne durchaus ein Risikofaktor sein, so Muller. Alle anderen Faktoren, wie das Zusammenstoßen oder das Näherkommen beim Spiel, seien allerdings nur von sehr kurzer Dauer, sagt er. Der Virologe betrachtet dies deshalb als unproblematisch: „Es ist draußen, es weht der Wind und das Verhalten ist ein anderes als drinnen. Ich glaube, dass die Bewegungen im Schulhof eher so sind, dass sie nicht mit einer großen Infektiosität verbunden sind.“ Dennoch gibt es laut dem Virologen keinen absoluten Schutz. „Die Frage lautet: Wo können wir den Schutz reduzieren? Ich würde sagen, eher bei den Masken draußen als beim Schnelltest in der Schule. Ich habe mit den neuen Maßnahmen kein Problem.“
Schnelltests und Maskenpflicht als gute Kombination
Muller nennt das Zusammenspiel in den Schulen aus Maskenpflicht und zweimaliger Testung pro Woche eine gute Kombination. Die Inzidenzen im Land gehen weiter runter, sagt er. Irgendwann komme man an den Punkt, wo die Fälle niedrig seien. Dann sei es an der Zeit, anzufangen, in den Schulen, aber auch in Alters- und Pflegeheimen, den Transmissionsketten nachzugehen. „Das macht man über die Molekularepidemiologie“, sagt er. Hierbei wird das Virus von jedem positiv Getesteten sequenziert, um zu sehen, ob das Virus eine unterschiedliche oder eine gemeinsame Quelle hat. Dies ist laut LIH-Virologe ein zusätzliches Werkzeug, um zwischen Transmissionen, die innerhalb einer Klasse oder Schule stattfanden, und jenen, die von außen, etwa der Familie, übertragen wurden, zu unterscheiden. Dieses Vorgehen werde zurzeit nur benutzt, um festzustellen, welche Varianten in Luxemburg zirkulieren. Dies sei aber nur ein Aspekt, wie diese Methode sinnvoll eingesetzt werden kann.
Leute, die sich nicht impfen lassen, werden irgendwann vom Virus erwischt. Sie können nicht damit rechnen, auf Dauer durch die Herdenimmunität geschützt zu sein.Virologe am LIH
Viel wichtiger findet Muller die Frage, ob die meisten Fälle durch endemische Transmissionsketten entstehen, also jene, die innerhalb der Landesgrenzen zirkulieren, oder ob irgendwann die meisten aus dem Ausland importiert werden. Diese Frage wird uns noch die nächsten Jahre beschäftigen, sagt er. Luxemburg sei aufgrund seiner Größe in einer speziellen Situation, bei der man schnell aus der endemischen Übertragung raus sei. „Es ist wichtig, zu betonen, dass es auch noch zu Importen kommen kann, wenn wir hier im Land das erreichen sollten, was man allgemein als Herdenimmunität bezeichnet“, sagt er. „Leute, die sich nicht impfen lassen, werden irgendwann vom Virus erwischt. Sie können nicht damit rechnen, auf Dauer durch die Herdenimmunität geschützt zu sein. Ihnen bleibt nur die Wahl zwischen der Impfung und dem Virus.“
Geimpfte Eltern sind ein sehr guter Schutz für die KinderVirologe am LIH
„Geimpfte Eltern sind ein sehr guter Schutz für die Kinder“, sagt Muller. Dadurch könne man den sogenannten „Rebounce“-Effekt vermeiden. Bei diesem Pingpong-Effekt übertragen die Kinder das Virus an ihre ungeimpften Eltern. Diese wiederum infizieren andere Eltern, die es ihren Kindern weitergeben, welche es am Ende wieder in die Schule bringen. Auch wenn die Kinder und Jugendlichen bislang noch keine Möglichkeit haben, sich impfen zu lassen, genießen sie auf diese Weise durch die Impfung der Eltern einen gewissen Schutz.
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…und geimpfte Kinder sind ein sehr guter Schutz für die Eltern,Opas und Ommas. Denn Kinder sind sehr beweglich und kommen viel herum.
Eine Binsenweisheit. Dazu muss man kein Virologe sein. Gesunder Menschenverstand reicht aus.