Ortsbesuch (2) / Gemeinde Clerf hofft auf Ende der Krise
Gemeinde Clerf. Zweiter Ortsbesuch unserer Serie. Bürgermeister Emile Eicher und City-Managerin Nadine Nicks reden unter anderem darüber, wie sie die Ortschaft(en) auf die Zeit nach der Krise vorbereiten. Es geht außerdem um einen Rundwanderweg in Munshausen und um die zwölf Flüchtlingskinder aus Syrien und Afghanistan, die seit letztem Mittwoch in der Gemeinde untergebracht sind.
Donnerstagnachmittag, „route de Marnach“. Von hier aus zeigt sich Clerf von einer seiner schönsten Seiten. Es ist eine Art Triptychon: Schloss, Kirche und links davon, etwas oberhalb, die Benediktinerabtei. Ein imposantes Bild, das Touristen aus dem In- und Ausland gleichermaßen begeistert.
Reisende aber fehlen in diesen Zeiten. Straßen und Plätze sind fast menschenleer. Kein Leben auf den zahlreichen Terrassen der Cafés, Restaurants und Hotels. Vorteil: Auf dem Parkplatz direkt unterhalb des Schlosses hat man die Qual der Wahl.
Blühende (Kultur)-Landschaft
Im weiß getünchten Schloss ist nicht nur Edward Steichens berühmte Fotoausstellung „The family of Man“, immerhin Unesco-Weltkulturerbe, untergebracht, sondern auch die Ausstellung der Modelle der Burgen Luxemburgs, das Museum der Ardennenoffensive sowie die Verwaltung der Gemeinde. Aber alles hat geschlossen. Und das bei schönstem Sonnenschein und angenehmen Temperaturen. Auch der amerikanische Panzer vor dem Schlosseingang fehlt. „Als Leihgabe an die Zweiter-Weltkrieg-Ausstellung in Petingen verschickt, hat er den Weg noch nicht zurückgefunden“, sagt Bürgermeister Emile Eicher.
Es riecht nach Wald. Nach Rindenmulch. Emile Eicher freut sich über die vielen Blumen, die entlang der alten Mauern des Schlosses wachsen und von einer Gärtnerin gepflegt werden. Clerf zeigt Farbe. Auch Nadine Nicks, City-Managerin und Kommunikationsbeauftragte, lässt sich augenscheinlich nicht von der Corona-Tristesse anstecken.
17 Kirchen zählt die Kommune. Eine der imposantesten steht mitten in Clerf. Die Zeiger der Turmuhr stehen auf zehn vor 12. „Dann haben wir ja noch fünf Minuten“ sagt Emile Eicher und lacht.
Er wirkt optimistisch. Hofft, dass in den nächsten Wochen wieder etwas mehr Leben einkehrt.
Am kommenden Montag geht es zumindest wieder los mit den Arbeiten am neuen Parkhaus am Benelux-Platz. Rund um die Baustelle sollen übrigens die auf Stoff gedruckten Zeichnungen der Kinder angebracht werden, die in den vergangenen Wochen an einem Malwettbewerb teilgenommen haben. Wie es mit der geplanten Europaschule weitergehen soll, weiß der Bürgermeister nicht: „Eigentlich soll das aus vorgefertigten Holzelementen bestehende Gebäude zum Schulbeginn im September fertig sein …“ In Planung ist auch ein den früheren Pferdeställen nachempfundenes Gebäude unterhalb der Schlossmauern. Gemeindedienste, die jetzt dezentralisiert funktionieren, sollen dort unterkommen.
Belebung der Geschäftswelt
Erhabener Blick vom Schloss auf eine sichtlich niedergeschlagene Ortschaft: Geschlossene Restaurants, Cafés, Hotels, Geschäfte. Auch in Clerf reimt Kommerz zurzeit auf Schmerz. „Es wird nicht einfach werden, wieder zu starten“, sagt Eicher. Initiativen wie „Kauf lokal“ sollen der Geschäftswelt helfen, wieder auf die Beine zu kommen.
Leicht betrübt wirkt Nadine Nicks, wenn sie über die Kampagne erzählt, die Clerfs Geschäftswelt gepusht hat – vor der Krise. „Über Weihnachten lief es toll, dann naht das Frühjahr, die Voraussetzungen stimmen … und dann die Krise als abruptes Ende aller Bemühungen.“ Als sehr positiv bewertet Nadine Nicks trotzdem die Tatsache, dass viele Bürger sich jetzt bewusst würden, dass sie auch bei lokalen Produzenten online einkaufen können: „Da bleibt was hängen, davon bin ich überzeugt.“ Informationen darüber, wer wie und wann geöffnet hat, gibt es unter clervaux.lu.
Nicht nur in Clerf wird Wert auf gepflegte Außenanlagen gelegt, sondern auch in Heinerscheid (Hengescht) rund um den Cornelyshof oder in Munshausen (Munzen) bei der Robbesscheier. Das Gras ist gemäht, überall blühen Blumen und grasende Kühe erfüllen das Klischee ländlicher Idylle mit wahrem Leben. „Corona soll ja kein Bild der Verwahrlosung schaffen“, so Eicher. In Munshausen sind übrigens auch die zwölf minderjährigen Flüchtlinge untergebracht, die am Mittwoch aus Griechenland in Luxemburg angekommen sind (siehe Kasten: „Herz für Flüchtlinge“)
Rundwanderweg Munshausen
Wer wandern möchte, kommt in der Gemeinde Clerf mehr als auf seine Kosten. Ein schöner und äußerst abwechslungsreicher neun Kilometer langer Rundwanderweg säumt beispielsweise Munshausen. Start und Ziel sind dort, wo der Bus hält. Bei Sankt Hubertus, jener Kirche, die nicht nur Gläubige erstaunen lässt. Auch Geschichtsfreunde zum Beispiel. In der Kirche ruhen nämlich die Gebeine der Adligen von Clerf. Wer mit dem Zug aus dem Süden kommt, kann den Weg auch ab Bahnhof Drauffelt begehen.
Einen Besuch wert, wenngleich zurzeit nur die Außenmauern zu besichtigen sind, ist sicherlich auch die Benediktinerabtei oberhalb der Ortschaft Clerf. „In ‚normalen’ Zeiten gibt es im Klosterladen einen vorzüglichen Apfelsaft“, so Bürgermeister Eicher, der auch auf die Konzerte verweist, die dort veranstaltet werden. Darauf werden Musikliebhaber wohl noch etwas warten müssen. Konzerte ‚molto allegro ohne b-Moll’ gibt es trotzdem, und zwar an jedem Samstag vor dem Altersheim, gespielt von der Musikschule Clerf.
Gemeinde „Cliärref“
Die Fusionsgemeinde Clerf („Cliärref“) zählt 5.429 Einwohner. Sie besteht aus 17 Ortschaften: Clerf, Drauffelt, Eselborn, Fischbach, Grindhausen, Heinerscheid, Hüpperdingen, Kalborn, Lieler, Marnach, Mecher, Munshausen, Reuler, Roder, Siebenaler, Urspelt sowie Weicherdingen. Von der Fläche her ist sie die zweitgrößte Kommune des Landes. Das Rathaus befindet sich in Clerf im Schloss.
Herz für Flüchtlinge
Im Chalet Saint-Hubert in Munshausen (Munzen), dort, wo früher die alte Schule und die Gemeinde untergebracht waren, wohnen jetzt die zwölf Minderjährigen, die am Mittwoch aus einem griechischen Flüchtlingslager nach Luxemburg gebracht wurden. Während 14 Tagen werden sie in Quarantäne bleiben. Sie werden rund um die Uhr von Caritas-Mitarbeitern betreut. Das Haus ist geräumig und bietet einen großen Spielplatz mit Aussicht in die Natur und auf das Tourismus-Center Robesscheier. Dort wird auch von der „Asbl Touristzenter“ das Essen für die Kinder zubereitet. Um den Minderjährigen zur Seite zu stehen, haben sich Menschen aus der Gemeinde gemeldet, die helfen wollen, so Eicher – zum Beispiel eine Gruppe syrischer Frauen aus Weicherdingen.
Was gibt’s Neues?
„Ortsbesuch“ nennen wir diese neue Reportage-Serie, die in loser Form erscheinen wird. Ein Ortsbesuch ist wie ein Abstecher zu interessanten Leuten, die an nicht minder interessanten Orten wirken und leben. Es muss keinen speziellen Grund für den Besuch geben. Voraussetzung sind Interesse, Neugierde und die Absicht, den Menschen die Vielfalt der Gemeinden unseres Landes näherzubringen. Dazu gehört auch die Frage: Was gibt’s Neues?
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Ech wosst guer net, dass en Duerf vu 1405 Awunner e City-Manager brauch.
Schued dass den Turismus an deenen klengen
flotten Stied schons seit Joëren um Ausstierwen ass.
Trotz allen Initiativen ass keen Erhuelen erkennbar.