Google in Bissen / Gemeinderat Bissen stimmt für den Bebauungsplan – nur eine Gegenstimme
Die gestrige Gemeinderatssitzung hätte man als Routineangelegenheit abtun können, wäre da nicht der erste Punkt der Tagesordnung gewesen. Dabei ging es um die definitive Abstimmung des Teilbebauungsplans (PAP) auf „Busbierg“ in Bissen, wo Google ein „großes Datacenter“ errichten möchte. Der Plan wurde am Donnerstagabend mit zehn Ja-Stimmen und nur einer Gegenstimme angenommen.
CSV-Oppositionsrat Christian Hoscheid gab zu bedenken, dass noch immer wenig Transparenz im Dossier herrsche. Er erwähnte gleich drei Punkte, die dem Bauträger seiner Meinung nach zu viel Spielraum lassen würden. Der vorliegende Text sei an vielen Stellen zu ungenau. Was den Geräuschpegel anbelangt, so fragt sich Hoscheid, warum der Bericht und die festgehaltenen Bestimmungen der „Cellule d’évaluation“ nicht eins zu eins im PAP übernommen worden seien. „Wenn ein anderer Promoteur einen solchen PAP einreichen würde, würde er wohl sofort zurückgewiesen werden“, so Hoscheid weiter. CSV-Rat Carlo Mulbach unterstütze die Aussagen des Vorredners und auch CSV-Rätin Joëlle Fagny wollte noch einmal bestätigt haben, dass für die Kühlung kein Wasser direkt aus der Alzette genommen wird. Zwei der Beanstandungen der CSV-Opposition wurden in den PAP übernommen.
Auch wenn der Gemeinderat Bissen gestern mit nur einer Gegenstimme (CSV-Oppositionsrat Christian Hoscheid) den Bebauungsplan verabschiedete und damit dem Bauträger „London-Bridge“ und Google die Tür weit öffnete, so bleiben für das Projekt aber noch einige Etappen zu meistern: Der zuständige Minister muss die Abstimmung des PAP gutheißen. Dann muss die Konvention mit dem Bauherrn sowie das „Projet d’exécution“ für gut befunden und unterschrieben werden; dann kommt es zu einer weiteren ministeriellen Entscheidung; es braucht noch eine Umweltverträglichkeitsstudie und natürlich ein Kommodo-Inkommodo-Verfahren.
Erst wenn alle diese Hürden genommen sind, kann der Bürgermeister eine Baugenehmigung ausstellen. Ob die Verantwortlichen von Google, die im Sommer dieses Jahres bereist einmal zu verstehen gaben, dass sie auch Gedanken führten, eventuell aus dem Projekt Bissen auszusteigen, den ganzen, langen Weg mitmachen, steht auf einem anderen Blatt. Zudem wurde noch im Rahmen des Gesamtbebauungsplans der Gemeinde Bissen eine Beschwerde eingereicht, die noch immer anhängig ist und über die wegen des hohen Arbeitsaufwandes wohl erst Anfang nächsten Jahres geurteilt werden kann.
Was sich geändert hat
„In den letzten Monaten hat sich viel, sehr viel in Sachen Google-Datacenter getan“, so Bürgermeister David Viaggi. Man habe nun Antworten auf viele Fragen, die Anfang des Jahres noch offen gestanden hätten und von den beiden Bürgerinitiativen sowie den einzelnen Reklamanten immer wieder vorgebracht wurden. „Das Coronavirus hat uns viel mehr Zeit vor der definitiven Abstimmung verschafft, als das normalerweise der Fall wäre. Wir haben diese Zeit genutzt, um uns mehrere Male mit Mitgliedern der Bürgerinitiativen, Verantwortlichen des Internetgiganten und natürlich auch der zuständigen Ministerien zu treffen. Und wenn ich sage wir, dann meine ich damit den gesamten Schöffenrat. Im Gegensatz zu meinem Vorgänger wollte ich völlige Transparenz walten lassen“, sagt Viaggi.
Langer Rede kurzer Sinn: „Es wurde endlich Tacheles geredet“, so der Bürgermeister. Nicht nur hinsichtlich der Höhe der geplanten Gebäude, des Geräuschpegels sowie des Wasser- und Stromverbrauchs gab es Neuigkeiten, sondern die Gemeinde Bissen erhielt auch Zusagen der Regierung, dass sie in diesem Dossier nicht mehr, wie bis dato, allein gelassen wird.
Was bisher geschah: Eine Zeitleiste der Ereignisse seit 2018 finden Sie HIER.
„Großes Datacenter“ wird kleiner
Waren 2019 auf Skizzen des geplanten „großen Datacenters“ Gebäude eingezeichnet, die bis zu 38 Meter hoch waren, so ist sich die Gemeindeführung nun mit dem Bauträger einig geworden, dass die Maximalhöhe bei 25 Metern liegen darf. Darüber hinaus dürfen nur 30 Prozent der Gesamtfläche des Areals auf „Busbierg“ bebaut werden, was einer Fläche von zehn Hektar gleichkommt.
Die Gebäude des Datacenters werden, entgegen den ersten Skizzen, voraussichtlich nicht mehr zwei Stockwerke, sondern nur noch eine Etage hoch sein. Damit würde sich aber die Grundfläche des gesamten Rechenzentrums vergrößern.
Es wurde zudem vereinbart, dass die Zufahrtsstraße von der Nationalstraße 7 (Roost) zur Gewerbezone „Busbierg“ fertiggestellt sein muss, bevor mit den Bauarbeiten begonnen werden darf. Der von vielen Spaziergängern benutzte Feldweg, der im Moment am Rande des Areals des geplanten Datacenters verläuft, muss nach den Arbeiten vom Bauträger instand gesetzt und an die Gemeinde abgetreten werden.
Keine zusätzliche Sebes-Leitung
Im vergangenen Jahr ging noch die Rede davon, dass Google eventuell Sebes-Wasser für die Kühlung des Datacenters bräuchte, da nach ersten Erkenntnissen weder die naheliegende Attert noch die etwas weiter entfernt vorbeifließende Alzette durchgehend genug Wasser führe.
„Wir haben dem Promoteur ,London-Bridge’ sowie Google nun zu verstehen gegeben, dass die Gemeinde Bissen keinesfalls die Kosten für eine zusätzliche Sebes-Wasserleitung Richtung Datacenter übernehmen wird. Es kommt auch nicht infrage, dass wir als Gemeinde bei der Sebes eine ,quantité réservée’ beantragen würden, damit die Einwohner unserer Gemeinde stets über genügend Wasser verfügen könnten“, so Viaggi weiter.
Google konterte, dass man in Sachen Kühlwasser definitiv von den Optionen Attert, Alzette und Sebes-Wasser Abstand nehmen würde. Laut Studien sei man zu dem Entschluss gekommen, dass genügend Wasser von der Kläranlage Sidero (zwischen Mersch und Pettingen) abgespeist werden könnte. Dieses Wasser würde auf dem Weg zum Datacenter in drei Etappen weiter geklärt werden, dreimal durch das Kühlsystem des Rechenzentrums geleitet und dann wieder zurück zur Kläranlage gepumpt werden. Auf dem gesamten Weg, den das Wasser zurücklegt, rechne man mit einem sehr geringen Verlust von etwa zwei bis drei Prozent der Wassermenge.
Weniger Stromverbrauch
Auch in Sachen Stromverbrauch rudert Google zurück. Letztes Jahr hieß es noch, dass der Stromlieferant Creos für eine erste Phase des Dantacenters genügend Strom liefern könnte, für eine zweite Phase müsse man zusätzliche Leitungen ziehen, die aber, Datacenter hin oder her, laut Creos sowieso für die Absicherung des künftigen Stromverbrauchs in Luxemburg vonnöten seien.
In diesen Tagen gab Google aber nun zu verstehen, dass die Strommenge, die Creos für die erste Phase liefern könnte, auch später für die zweite Phase genügen würde. Aufgrund technischer Begebenheiten könne man den Stromverbrauch um ein Wesentliches senken, so Google.
Geräuschpegel: zwei bis drei Dezibel mehr
Viele Reklamanten befürchten zudem eine Zunahme des Geräuschpegels in der Umgebung des Rechenzentrums, dies aufgrund der großen Kühlaggregate, die ein solches Center braucht. Die Gemeinde forderte den Bauträger daher auf, hierzu eine Studie machen zu lassen.
In Zusammenarbeit mit der Gemeindeführung wurden zahlreiche Standorte in der Umgebung von „Busbierg“ ausgewählt, wo über die Dauer einer Woche Mikrofone installiert wurden, die den jetzigen Geräuschpegel aufnahmen. Dazu wurden Daten eines bereits bestehenden Datacenters von Google eingespielt.
Das Resultat war überraschend: Auch bei den widrigsten Windverhältnissen sagt das Luxemburger Planungsbüro, das die Messungen durchgeführt hat, eine mögliche Zunahme von maximal etwa zwei bis drei Dezibel voraus.
„Des Weiteren haben wir dem Promoteur zu verstehen gegeben, dass wir keine Kühlaggregate haben wollen, die in Richtung der nahegelegenen Wohnhäuser in Bissen gerichtet sind“, fügt David Viaggi noch hinzu.
Unterstützung der Regierung
Nicht zuletzt heißt es vom Bürgermeister und seinen beiden Schöffen, dass die Regierung nach einem Gespräch mit Premierminister Xavier Bettel und Wirtschaftsminister Franz Fayot die Gemeinde in diesem Dossier nicht mehr allein im Regen stehen lassen wird.
„Was den von uns seit langem verlangten Verteilerkreis auf Roost anbelangt, so soll der nun prioritär behandelt werden, die Ausschreibungen sollen demnächst über die Bühne gehen. Das Gleiche gilt für den Radweg (P.C. 12) zwischen Bissen und Böwingen“, sagt Viaggi. „Geplant wird auch bereits an der Zufahrtsstraße von der N7 aus zur Gewerbezone ,Kleng Busbierg’. Wir haben zudem bereits mehrfach auf die katastrophale Verkehrslage im Dorfkern aufmerksam gemacht. Dazu wurde uns von der Regierung eine genaue Studie versprochen, die natürlich später entsprechende Maßnahmen vor Ort als Resultat haben muss“, sagt Viaggi.
Es gebe noch weitere Zusagen der Politik, auf die Bürgermeister David Viaggi aber zu diesem Moment nicht näher eingehen wollte oder konnte.
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Es wird kein Datacenter geben. An dessen Stelle wird man wahrscheinlich Windräder aufstellen, die mehr kosten, als sie jemals Strom produzieren.
Mol eppes waat net direkt hannert Grenz gebaut gett. Bravo, Bissen