Monnerich / Gemeinderat findet Lösung für den „Crassier“
Eine Krise hat auch etwas Positives. Damit ist nicht Covid-19 gemeint, sondern der Erdrutsch vom März 2014. Damals hatten sich Teile des „Crassier“ gelöst, eine Straße wurde verschüttet. Danach kam niemand mehr an der Einsicht vorbei, dass für die ehemalige Schlackenhalde und Bauschuttdeponie eine nachhaltige Lösung gefunden werden muss. Sie ist jetzt da.
Wenn der Monnericher Bürgermeister Jeannot Fürpass (CSV) über das 23 Hektar große Gelände spricht, das im Volksmund „Crassier“ heißt, ist ihm anzumerken, wie erleichtert er ist. Zwar ist er mit der Lösung für das kontaminierte Gelände, die jetzt schlussendlich 17,4 Millionen Euro kostet, 2017 nicht zur Kommunalwahl angetreten. Aber sie saß ihm im Nacken. Er selbst sagt: „Es war eine Hausaufgabe.“ Spätestens mit seinem Amtsantritt als Rathauschef musste etwas passieren. An der „Hausaufgabe“ hatten sich schon andere abgearbeitet. Vor allem seine Vorgängerin Christine Schweich (LSAP) war um eine Lösung bemüht und hatte nach dem Erdrutsch 2014 alle Hände voll zu tun, den Schaden in Grenzen zu halten.
Die Erdmassen hatten damals die Verbindungsstraße zwischen der Gemeinde und der Stadt Esch zerstört. Mittlerweile gibt es wieder eine Straße (CR 106), sie wurde daneben neu gebaut. Provisorische Stabilisierungsmaßnahmen des Geländes gibt es ebenfalls. Die Gewissheit, dass das in absehbarer Zukunft nicht wieder passieren kann, gibt es aber erst jetzt. Sechs Jahre nach dem Unglück liegt nun eine Konvention auf dem Tisch, die die Sanierung des Geländes regelt.
Instabilität von Experten bestätigt
In Studien, die nach dem Erdrutsch die Ursachen klären sollten, bescheinigen Experten dem Gelände wegen der unterschiedlichen Erdschichten übereinander und ihren unterschiedlichen Eigenschaften dauerhafte „Instabilität“. Das gilt vor allem nach starkem Regen und dem damit verbundenen Anstieg des Grundwassers. Spätestens der „Nachrutsch“ vom Januar 2018 im westlichen Teil des „Crassier“ erinnerte alle daran, dass eine endgültige Absicherung des Terrains notwendig ist.
Das Problem „Crassier“ ist komplex und beginnt mit seiner Geschichte. Die Schlackenhalde zwischen Monnerich und Esch ist mittlerweile ein grün bewachsenes und friedlich wirkendes „Industriedenkmal“, das an die Stahlvergangenheit des Südens erinnert. Es ist ein Denkmal, für das sich lange niemand richtig interessiert hat. Nach der Stilllegung der Hochöfen bekam das Gelände eine neue Aufgabe. Es wurde zur Deponie. Kontaminierte Schlämme, radioaktives Material, anderer Müll und Bauschutt ruhen unter der grünen Oberfläche. Und wäre der Erdrutsch nicht passiert, wäre weiter abgelagert worden.
Vier Beteiligte müssen sich einigen
Außerdem gibt es vier Beteiligte, die alle an der Lösung des Problems mitarbeiten müssen. Die Gemeinde alleine kann das nicht. Jeder, der schon einmal Verhandlungen mit unterschiedlichen Partnern geführt hat, weiß, wie schwierig ein Interessensausgleich ist. Der international operierende Stahlhändler ArcelorMittal ist der Besitzer des Geländes. Die Firma Cloos nutzt das Gelände seit 2006 als Bauschuttdeponie. Anrainer ist die Gemeinde Monnerich, an die Einnahmen aus der Deponie abgeführt wurden. Der Betrag lag nach Rathausangaben bei rund einem halben Euro pro Tonne. Die Regierung als Beteiligter Nummer vier muss die Sanierung und Umwidmung des Geländes mittragen und absegnen.
Bürgermeister Fürpass hat sie alle an einen Tisch bekommen. Druck dazu gab es zur Genüge. Zum Zeitpunkt des Nachrutsches 2018 war er gerade mal zwei Monate als Bürgermeister vereidigt und die Sensibilität gegenüber dem „Crassier“ groß. „Wir konnten das ja nicht so lassen“, sagt er. Zumal die Sanierung zahlreiche aufwendige und zum Teil kostenintensive Maßnahmen nach sich zieht. Das ist jetzt in einer Konvention festgeschrieben.
Gelände wird saniert und umgewidmet
Wenn der Gemeinderat sie heute genehmigt, ist der Weg frei, das Problem „Crassier“ endgültig zu lösen. 2024 soll das Gelände einen „Deckel“ aus saugstarkem Lehmboden haben, der jegliches weiteres Abrutschen verhindert. Um das Regenwasser um- und abzuleiten wird eine Tiefendrainage notwendig sowie ein Wasserauffangbecken in Foetz. „Würden wir das Becken nicht machen, könnte es in Foetz zu Überschwemmungen kommen“, sagt Fürpass. Messstationen sollen die Wasserqualität des Kimmelbaches überwachen, der immer wieder stark verseucht ist.
Nach etwas mehr als einem Jahr Verhandlungen und erneuten Verzögerungen durch die Covid-Krise ist es nun so weit. Und Bürgermeister Fürpass hat es eilig, er ist jede weitere Verzögerung schon leid, bevor sie kommt. Die rund 800 Meter lange Tiefendrainage entlang des Geländes ist die erste bauliche Maßnahme der Sanierung, und nach einem Termin dafür gefragt sagt er: „Am liebsten morgen.“ Realistisch ist ein Beginn der Arbeiten in den nächsten zwei bis drei Monaten.
Seine Eile erklärt sich auch vor dem Hintergrund, dass die Gemeinde das brachliegende Gelände, das ihr jahrelang viele Schwierigkeiten bereitet hat, anders nutzen will. Ein Solarpark soll auf 16 Hektar des Geländes entstehen, der ganz Monnerich mit Strom versorgt. Wenn dann in ein paar Jahren Angler erste Fische aus dem Kimmelbach fangen, dürfte sein Glück perfekt sein. Zuerst aber muss der Gemeinderat entscheiden.
- Tiefendrainage: 1,4 Mio. Euro
- Auffangbecken in Foetz, Gemeinde fungiert als Bauherr, der Staat trägt die Kosten zu 100 Prozent: 468.000 Euro; geplante Fertigstellung: 2022
- „Deckel“ aus Lehmboden, um das Gelände zu versiegeln: 9,4 Mio. Euro; für die Versiegelung des Geländes werden ab Herbst 1,3 Millionen Kubikmeter Lehmboden angeliefert mit „höchstens 200 Lkws pro Tag“, wie der Bürgermeister betont. Das Material stammt vom Aushub für Neubauten im Land.
- Messstationen zur Wasserqualität an vier Stellen: rund 470.000 Euro
- Befestigungsgraben entlang der neuen Straße (nach 2014 gebaut): 925.000 Euro
- Kosten neue Straße (nach 2014) : 2,7 Mio. Euro
- Kosten der provisorischen Stabilisierungsmaßnahmen (2014) und Studien in den Folgejahren: 1,9 Mio. Euro
- Anteil der Gemeinde Monnerich: rund 590.000 Euro, wovon rund 300.000 Euro die Versicherung übernimmt. Das betrifft den Schaden an den kommunalen Versorgungsnetzen, der durch den Erdrutsch 2014 entstanden ist.
- Solarpark: Für die Errichtung des Solarparks hat die Gemeinde sich in der Konvention insoweit abgesichert, als dass darin die „aktive Unterstützung der Gemeinde durch die Regierung bei diesem Vorhaben“ festgeschrieben ist.
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