Corona-Krise / Genau wie Menschen reagieren auch Unternehmen sehr unterschiedlich. Einige setzen auf Selbstschutz, viele wollen helfen.
Unternehmen sind flexible Wesen. Sie passen sich der vorgegebenen Situation an. Sie suchen nach Wegen, um ihre Kunden weiter zu bedienen. Das liegt in der Natur der Firmen. Manche Betriebe jedoch gehen noch viel weiter.
In Krisen offenbart sich der wahre Charakter eines Menschen, heißt es. Und bei Unternehmen ist es wie bei den Menschen. In Zeiten der Krise wird schnell ersichtlich, zu welcher Kategorie Bürger sie sich zählen. Wie gehen sie mit ihrer sozialen Verantwortung um?
Über negative Beispiele wurde gleich zu Beginn der Krise bereits viel berichtet. In Deutschland ernteten große, als finanzstark geltende Konzerne wie Adidas, Deichmann und H&M Boykottaufrufe und scharfe Kritik aus der Politik, als die Meldung umherging, sie würden die Mietzahlungen ihrer Filialen aussetzen. „Wenn jetzt finanzstarke Unternehmen einfach ihre Mieten nicht mehr zahlen, ist dies unanständig und nicht akzeptabel“, erklärte letzte Woche Bundesjustizministerin Christine Lambrecht dazu in Berlin.
Auch Luxemburg blieb von solchen unsolidarischen Vorgehensweisen nicht verschont. Das Tageblatt hatte beispielsweise letzte Woche über einen Brief der belgischen Unternehmensgruppe Casa International an Unternehmenschef Michel Reckinger berichtet: Derzeit sei es nicht mehr möglich, die Türen der Geschäfte offen zu haben, schrieb der Betreiber von Geschäften für Einrichtungsgegenstände. „Aus diesem Grund werden keine Einnahmen mehr generiert. Daher haben wir entschieden, unsere offenen Rechnungen, bis auf Weiteres, nicht mehr zu bezahlen.“
Rechnungen sollen bezahlt werden
Im Rahmen einer Pressekonferenz sah sich auch Luxemburgs Finanzminister Pierre Gramegna Ende März dazu verpflichtet, die Unternehmenswelt dazu zu „ermutigen“, ihre Rechnungen zu bezahlen. „Für Liquidität zu sorgen, sei nicht nur die Rolle des Staates“, so der Minister. Jeder habe eine Rolle zu spielen. Die staatlichen Hilfsmaßnahmen für Firmen seien getroffen worden, damit „sich das Geld weiter dreht und sich die Wirtschaft schnell wieder erholen kann“, mussten manche Firmen belehrt werden.
Glücklicherweise ist die Zahl der unsolidarischen Unternehmen begrenzt. Es gibt zudem viele andere Beispiele. Viele Firmen versuchen, soziale Verantwortung zu zeigen und machen mehr als von ihnen verlangt. Sie alle erwähnen kann man in diesem Artikel nicht. Einige Unternehmen, die ihre Hilfen dem Tageblatt angekündigt hatten, haben wir kontaktiert.
Sehr früh reagierte beispielsweise das Luxemburger IT-Unternehmen EuroDNS. Bereits am 19. März bot es allen Firmen ein kostenloses Abonnement von Microsoft-Teams für sechs Monate an. Man wolle mit dieser Initiative den Firmen helfen, mittels Telearbeit ihre Aktivitäten weiter fortzusetzen, sagte EuroDNS in einer Pressemeldung. Microsoft-Teams ist eine Kooperations- und Videokonferenzplattform. „Diese Initiative ist gültig für jedes Unternehmen und ist nicht an eine Kaufverpflichtung gebunden“, präzisierte EuroDNS damals. Allen Organisationen, die nicht über Microsoft Office 365 verfügen, bietet EuroDNS „Microsoft Teams Commercial Cloud“ sechs Monate gratis an.
Die Aktion war ein voller Erfolg, wie Geschäftsführer Xavier Buck diese Woche gegenüber dem Tageblatt erklärte. Mehr als 1.000 Unternehmen haben das Angebot angenommen. „Und die Zahl wächst täglich weiter“, so Buck. 75 Prozent der Anmeldungen seien nicht Kunde bei EuroDNS gewesen.
Kostenlose Telefonkonferenzen für jedermann
Einen steigenden Bedarf für Telefonkonferenzen hatte auch das Luxemburger Telekommunikationsunternehmen Mixvoip festgestellt, erklärt Delphine Schrepfer, zuständig für den Bereich Marketing. Auf der Webseite www.mixvoip.com/freeconf habe man bereits seit einem Jahr kostenlose Telefonkonferenzen für jedermann angeboten. Mit der aktuellen Krise „hat dann die Nutzung um mehr als 500 Prozent zugelegt“. Da habe Mixvoip entschieden, auch Videokonferenzen (kostenfrei und ohne Einschreibungspflicht) auf www.mixvoip.com/videoconf anzubieten. „Für uns lohnt sich das finanziell nicht“, fügte Schrepfer hinzu. Ihre Dienstleistungen vermarktet das Unternehmen eigentlich nur an andere Firmen.
Sehr früh meldete sich auch Mobiz, der bei der CLC angesiedelte Verband der Leasing- und Kurzzeitvermietungsunternehmen für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge: Man wolle die Teams unterstützen, die sich in vorbildlicher Weise im Kampf gegen Covid-19 engagieren, schrieben sie Mobiz in einer Pressemeldung. Der Verband werde Krankenhäusern, Pflegezentren oder anderen bedürftigen Organisationen Personenkraftwagen und leichte Nutzfahrzeuge während der Krisenzeit kostenlos zur Verfügung stellen.
Wir wollten auf unsere Art helfen. Solidarität ist wichtig.Partner bei Grant Thornton
Anfragen für kostenlos zur Verfügung gestellte Autos gab es jedoch überraschend wenige, sagt Gerry Wagner, Präsident der Vereinigung, auf Tageblatt-Nachfrage. Nur für die Krisenzelle des CHEM in Esch seien eine Handvoll Autos angefragt worden. Er hatte mit mehr Nachfrage gerechnet. Die rund 20 Mitglieder des Verbands verfügen gemeinsam über eine Flotte von rund 40.000 Fahrzeugen. „Aber vielleicht gibt es ja keinen Mangel bei Autos“, so Wagner weiter. „Das wäre ja dann eine gute Sache.“
Eine kostenlose Beratungs-Helpline für alle Firmen
Eine wiederum ganz andere Idee hatte das Audit- und Beratungsunternehmen Grant Thornton Luxemburg. Da die Coronavirus-Pandemie die Unternehmen in Luxemburg vor große Herausforderungen stellt, kündigt die Firma die Einrichtung einer Helpline für alle Unternehmen des Landes (Tel.: 20 80 01 51) an. Experten stehen den Firmen dann mit kostenloser Beratung zur Seite. „Wir haben gemerkt, dass viele Kunden Schwierigkeiten hatten, an Informationen zu kommen“, so Christophe Roeder, Partner bei Grant Thornton. Da haben wir unsere Tür für alle Unternehmen und Selbstständige geöffnet. „Wir wollten auf unsere Art helfen. Solidarität ist wichtig.“
Etwa 30 Anrufe habe man seit drei Wochen nun im Schnitt pro Tag auf der Helpline gezählt, vor allem Nicht-Kunden. Aus den anfangs zwei Experten, die die Nummer betreuten, wurde ein kleines Team, erzählt Roeder. „Die Menschen wollen begleitet werden. Wir können einen Rahmen bieten.“ Die Helpline soll so lange aktiv bleiben, „wie sie benötigt wird. Wir wollen da etwas beitragen, wo wir es können.“
Von Gratis-Autos bis zu Wundheilung
Helfen möchte auch das Medizintechnik-Unternehmen Flen Health mit Sitz in Esch/Alzette. Die Firma mit europaweit über 100 Mitarbeitern ist auf Entwicklung und Vertrieb von Lösungen zur optimalen Haut- und Wundheilung spezialisiert. Ihr bekanntestes Produkt, Flamigel, gegen Verbrennungen und oberflächliche Wunden, haben viele Menschen bereits in ihrer Hausapotheke. „Für diese Spendenaktion haben wir uns ein Budget von 300.000 Euro gesetzt“, so Geschäftsführer Philippe Sollie gegenüber dem Tageblatt.
Über 18.000 Tuben Flamigel wurden bereits an interessierte Krankenhäuser in Luxemburg und Belgien verteilt. „Gerade jetzt haben viele medizinische Fachkräfte, etwa durch das viele Desinfizieren und Waschen der Hände oder das ständige Tragen von Schutzmasken, gereizte und schmerzende Haut. In diesen Fällen können unsere Produkte helfen und somit Soforthilfe für Fachkräfte in Krankenhäusern leisten. Als Firma haben wir eine soziale Verantwortung“, so Sollie. „Deshalb ist es uns wichtig, unseren Versprechen Taten folgen zu lassen.“ Die Nachfrage an kostenfreiem Flamigel für Krankenhäuser ist so groß, dass bereits nach drei Wochen Spendenaktion das Budget fast ausgeschöpft ist. „Die Anfragen der luxemburgischen Krankenhäuser kamen schnell und wurden umgehend beantwortet“, so Sollie.
Mit einer weiteren Spendenaktion sollen jetzt auch medizinische Fachkräfte in Altersheimen die Möglichkeit erhalten, Flamigel kostenfrei zu bestellen. Schmerzende Haut an Händen und im Gesicht stellt hier ebenfalls eine Herausforderung dar. Im Laufe des Jahres bringe das Unternehmen zudem eine neue Wundpflege für gereizte Hände und eine weitere Pflege für spröde Lippen auf den Markt, so der studierte Apotheker, der zum Unternehmensgründer wurde.
Verzicht, Forschung und Spenden
Weitere Unternehmen wollen sich auf noch anderen Wegen einbringen. So meldete die Immobilienplattform Immotop.lu in einer Pressemitteilung, sie werde, wegen der Krise, auf zehn Prozent des Jahresumsatzes verzichten – zugunsten seiner Kunden. Man habe beispielsweise für die Veröffentlichung der Anzeigen im Monat April keine Rechnungen erstellt, den Betrieb aber aufrechterhalten. Es handle sich um 250.000 Euro.
Der Stahlkonzern ArcelorMittal derweil versucht dort zu helfen, wo es mit am nötigsten ist: in Spanien. In enger Zusammenarbeit mit dem Innovationsminister der Region Asturien stelle man nun Beatmungsgeräte mittels 3D-Druck her, die innerhalb einer Woche entworfen wurden, berichtet der Konzern. Zudem habe die Firma in Spanien zwei Arten von 3D-gedruckten Gesichtsschutzschilden entwickelt. Mit Partnern werde derzeit versucht, die Produktion zu steigern.
Die Liste der innovativen und sicherlich auch sehr hilfreichen Aktionen von Unternehmen könnte noch lange fortgesetzt werden.
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Ich merke nichts davon. Im Ausland liefern Bäckereien gratis Kuchen und Torten an die Ärzte und Krankenschwestern, Pizzerien liefern ihnen abends Pizzas usw.
Hier wird nur gejammert und nach Steuergeldern geschrien.