Editorial / „Gender Pension Gap“: Eine „Datz“ für Luxemburg
Luxemburg hat in einem Bereich ganz sicher keine Medaille verdient: In Sachen „Gender Pension Gap“ steht das Großherzogtum in Europa am schlechtesten da. Wie die Zahlen des EU-Statistikamtes Eurostat belegen, verfügen Frauen hierzulande über 44 Prozent weniger Rente als Männer. Der EU-Durchschnitt (plus Norwegen und Schweiz) liegt bei 29 Prozent.
Die Gründe dafür sind bekannt: eine niedrigere Beschäftigungsquote bei Frauen als bei Männern, eine schlechtere Bezahlung und geringere Aufstiegschancen. Sie arbeiten oft für den Mindestlohn oder nur geringfügig mehr. Dazu treffen viele Frauen die Entscheidung, keine 40 Stunden die Woche zu arbeiten. Familienbedingt ziehen sie sich zeitweise aus dem Berufsleben zurück. Kürzere Arbeitszeiten lassen sich auch heute noch nicht mit Führungspositionen vereinbaren. Die Gründe dafür stehen auf einem anderen Blatt.
Die analysierten Zahlen von Eurostat stützen sich auf das Jahr 2019. Die Frauen über 65 Jahre, um die es hier geht, wurden 1954 und früher geboren. Sie haben demnach die Zeiten miterlebt, in denen Gleichstellung bei Verheirateten und im Beruf gesetzliche Realität wird. So kam 1967 die Verpflichtung zur gleichen Entlohnung für gleiche Arbeit. Zu Beginn der 1970er Jahre wurde die Gleichheit zwischen Ehefrau und Ehemann festgeschrieben. Und sie waren dabei, als im Jahr 1977 der 8. März offiziell zum Internationalen Frauentag erklärt wurde. Von diesen Errungenschaften in der Gleichstellung scheinen sie am Ende finanziell nicht zu profitieren.
Luxemburg steht im 21. Jahrhundert vor dieser mehr als tiefen Lücke beim Renteneinkommen. Um diesem Problem entgegenzuwirken, wäre ein logischer Schritt, dass Frauen während ihres Berufslebens die Möglichkeit bekommen, genug zu verdienen. Viele Frauen sind in systemrelevanten Bereichen beschäftigt, wie die Corona-Krise noch mal hervorstreicht: im Reinigungssektor, im Handel oder auch in der Pflege. Diese Sparten werden schlecht bezahlt. Mehr Transparenz zur Entlohnung ließe eine bessere Vergleichbarkeit zu. Ein weiterer Faktor ist eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familienleben, damit niemand mehr zwischen Kind und Karriere wählen muss. Neue Arbeitszeitmodelle für Mann und Frau würden eine bessere Flexibilität für alle Beteiligten schaffen.
Auch beim „Gender Pension Gap“ könnte die Corona-Krise als Anlass dazu genommen werden, das Thema „Familie und Arbeitsleben“ neu zu überdenken. So schafft etwa der momentan verstärkte Einsatz von Home-Office auch für die Zukunft diesbezüglich ganz neue Möglichkeiten. Jedenfalls ist es jetzt an der Zeit, sich dessen anzunehmen – damit Luxemburg in 30 Jahren nicht mehr das Schlusslicht ist.
„Die Frauen über 65 Jahre, um die es hier geht, wurden 1954 und früher geboren. “
Wirklich? Ich bin über 65 und ich bin 1956 geboren.
Seit Mitte der 80er nehmen mehr Frauen als Männer ein Studium auf. Je nach Neigung und Vorbild wählen Frauen bevorzugt geisteswissenschaftliche und Männer MINT – Fächer. Das ist sicherlich nicht der einzige, aber der folgenschwerste Grund für die Einkommensunterschiede.