Radsport / Emanuel Buchmanns Coach Dan Lorang ist „froh, etwas zurückgeben zu können“
Spätestens mit dem vierten Platz von Emanuel Buchmann bei der diesjährigen Tour de France ist der Radsport auch in Deutschland wieder gefragt. Nicht nur das Interesse am 26-jährigen Profi von Bora-hansgrohe stieg im vergangenen Juli in seiner Heimat rasant an, sondern auch das an seinem luxemburgischen Trainer Dan Lorang.
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Der Luxemburger Dan Lorang hat sich in den letzten Jahren nicht nur im Radsport einen Namen gemacht. Der 40-Jährige gilt zurzeit als einer der erfolgreichsten Ausdauertrainer der Bundesrepublik. Neben den deutschen Radsporthoffnungen Emanuel Buchmann, Maximilian Schachmann und Pascal Ackermann oder dem irischen Top-Sprinter Sam Bennett gehören auch die Triathleten Jan Frodeno – zweifacher Sieger des Ironman-Hawaii und Weltrekordhalter über die Triathlon-Langdistanz – sowie die zweifache Olympionikin Anne Haug zu den Schützlingen des gebürtigen Belesers. Dass ihn aber nicht nur der Hochleistungssport interessiert, das wird Lorang heute Abend in Zolver zeigen, wenn er einen Vortrag zum Thema „Bewegen zum Leben: Bewegung und körperliche Aktivität als wertvollste Medizin“ hält.
Tageblatt: Herr Lorang, in Luxemburg sieht man Sie nicht mehr so oft. Wie kam die Veranstaltung denn zustande?
Dan Lorang: Ich bin in Beles aufgewachsen und freue mich auch immer, wenn ich etwas von der Erfahrung, die ich durch meine berufliche Tätigkeit gesammelt habe, zurückgeben kann. Ich hatte mich im Vorfeld mit den Organisatoren unterhalten und die Idee war es, ein Thema zu finden, das nicht nur die Hochleistungssportler interessiert, sondern auch den ganz normalen Durchschnittsbürger. Deswegen legen wir den Fokus auch auf den Aspekt des Bewegens.
Es gibt einfach viele Krankheiten, etwa Bluthochdruck, gegen die man durch ganz einfache Bewegungen wie Treppensteigen schon etwas ausrichten kann. In unserer Gesellschaft sitzt der Mensch im Berufsleben einfach viel zu viel, dafür ist der Körper nicht gemacht. Zu oft wird bei Problemen dann zu Medikamenten gegriffen. Ich möchte zeigen, wie man auch präventiv gegen so etwas vorgehen kann. Die Leute sollen einen Impuls zum Nachdenken erhalten, der Vortrag soll dabei keineswegs abschreckend wirken und auch offen für Diskussionen sein.
Ihr Interesse scheint weit über das des Hochleistungssports hinauszugehen …
Ich hatte das Glück, nach meinem Studium auch im Bereich der Sportmedizin arbeiten zu dürfen. Ich kann schon sagen, dass die Leute hier Mentoren für mich waren. Sie haben gesehen, dass da jemand ist, der sich interessiert und Gas gibt. So haben sie mir die Möglichkeit gegeben, auch selbst Ultraschalluntersuchungen durchzuführen oder Blutbilder zu erstellen. Zudem durfte ich auch mit Krebspatienten zusammenarbeiten.
Es war diese gesamte Bandbreite, die es mir ermöglicht hat, ein fundiertes Wissen über den Körper zu erlangen. Die Daseinsberechtigung des Hochleistungssports ist in meinen Augen u.a. der Transfereffekt, dass man die hierdurch gewonnenen Erkenntnisse auch im Alltag anwenden kann. Es gibt ja nicht nur den Athleten, der Rennen auf einem hohen Level bestreitet – das ist auch ein wenig das Ziel des Vortrags.
Ihre Haupttätigkeit ist jedoch die des Trainers. Wie kann man sich Ihre Arbeit eigentlich vorstellen?
Ein großer Teil meiner Arbeit ist die Analyse von Daten und das Erstellen von Trainingsplänen. Bei Ausdauersportarten gilt es, sich immer auch den Körper genauer anzuschauen, ein Anforderungsprofil zu erstellen und selbstverständlich viel mit den Sportlern zu reden und ihnen zuzuhören. Bei Bora habe ich dann auch noch einige Zusatzaufgaben, die zum Beispiel die Trainingsmethoden und die Ernährung betreffen oder auch den Einsatz von neuen Geräten. Was die Taktik betrifft, dafür sind beim Radsport die Sportlichen Leiter zuständig. Im Vorfeld einer Rundfahrt informieren sie sich bei uns aber schon über das Training und das jeweilige Leistungsvermögen der Fahrer.
Das scheint schon eine Umstellung zum Triathlon zu sein …
Das war für mich persönlich tatsächlich das Schwierigste am Wechsel vom Triathlon hin zum Radsport. Beim Triathlon arbeiten die Athleten neben dem Trainer noch mit einem Physiotherapeuten und vielleicht noch mit einem speziellen Coach für das Schwimmen zusammen. Im Radsport gibt es ein viel größeres Umfeld, in dem dann auch viel mehr Leute Einfluss auf die Sportler nehmen. Im Endeffekt soll schon der Trainer die erste Ansprechperson sein, nicht dass bei Problemen dann fünf verschiedene Leute angerufen werden müssen. Doch man hat nicht alles selbst in der Hand und so gilt es für den Trainer dann auch, eine starke Meinung zu haben. Die Zusammenarbeit mit den Sportlichen Leitern ist manchmal schon der heikelste Punkt.
Neben den Radprofis von Bora betreuen Sie noch fünf Triathleten. Wie bekommen Sie das alles unter einen Hut?
Vieles läuft über die Analyse von Daten. Die Messgeräte der Athleten zeichnen beim Training zum Beispiel die Wattzahl oder den Puls auf, diese werden mir dann online übermittelt. Hier haben die Sportler dann auch die Möglichkeit, spezielle Kommentare zu schreiben, zum Beispiel ob sie gut geschlafen haben. Bei den einen Athleten reicht es dann vollkommen aus, wenn wir einmal die Woche telefonieren. Andere brauchen hingegen fast täglich den persönlichen Kontakt zum Trainer. Das hängt von jedem persönlich ab und da gilt es ganz einfach, das richtige Pensum zu finden.
Wird es Ihnen nicht manchmal zu viel?
Mein primärer Fokus liegt natürlich auf Bora, das ist ja auch mein Hauptarbeitgeber. Wenn für die Radfahrer mehr Zeit oder eine spezielle Betreuung benötigt wird, richte ich das natürlich ein. Doch Triathlon ist eine Disziplin, die mir unheimlich Spaß bereitet, und ich arbeite mit vielen dieser Athleten ja auch schon seit mehreren Jahren zusammen. Deshalb sind wir auch ein eingespieltes Team und die Vertrauensbasis ist dementsprechend groß. Da wurde auch nach meinem Engagement bei Bora die Zusammenarbeit in keinster Weise hinterfragt. Ob ich noch weitere Sportler annehme, hängt dann auch immer ein wenig davon ab, wie es zu diesem Zeitpunkt aussieht. Doch in diesem Fall haben sie sich ja etwas dabei gedacht und sich informiert, immerhin sind sie ja dann auf mich zugekommen. Das ist immer etwas anderes, als wenn man einen Trainer vor die Nase gesetzt bekommt.
Begleiten Sie Ihre Sportler denn auch zu großen Wettbewerben?
Beim Triathlon bin ich bei zwei Terminen fest dabei: Das ist einmal in Frankfurt und dann der Ironman auf Hawaii. Das heißt jetzt aber nicht, dass ich dort vor Ort jede Minute mit den Sportlern verbringe. Es bringt überhaupt nichts, in den Tagen vor dem Wettbewerb noch einmal etwas an der Technik oder dem Training zu verändern. Sie aus ihrer gewohnten Routine zu bringen, würde eher schaden. Es geht hier vielmehr um die mentale Unterstützung, den Athleten zu zeigen, dass der Trainer für sie auch einmal ans andere Ende der Welt fliegt und bei Problemen für sie da ist. Für sie ist es beruhigend, zu wissen, dass man in diesem Fall dann auch noch reagieren könnte.
Bei Bora fährt mit Jempy Drucker ein luxemburgischer Fahrer. Gehört er zu Ihren Schützlingen?
Leider nicht. Ich betreue bei Bora sechs Fahrer, so zum Beispiel Emanuel Buchmann oder auch Sam Bennett. Mehr ist einfach nicht möglich, denn sonst geht der persönliche Aspekt der Zusammenarbeit zu sehr verloren. Bei mir kommt dann auch noch hinzu, dass einige von meinen Fahrern im Team die Rolle des Kapitäns ausführen und somit unter einem größeren Druck stehen, denn sie müssen Resultate liefern.
Es hätte natürlich gut gepasst, wenn ein Luxemburger einen Luxemburger betreut, da hat man auch im Team schon gescherzt. Doch bei meinem Trainerkollegen Sylwester Szmyd ist er gut aufgehoben. Jempy ist allgemein eine sehr wertvolle Unterstützung für das Team. Ich kenne wirklich niemanden, der ein schlechtes Wort über ihn verlieren würde. Hoffen wir, dass er nach seiner schweren Verletzung in dieser Saison im nächsten Jahr zeigen kann, warum er den Ruf hat, mit den besten Sprintern der Welt mithalten zu können.
Behalten Sie den luxemburgischen Sport noch im Auge?
Was die Resultate, vor allem im Radsport, betrifft, informiere ich mich schon. Sonst schaue ich immer gerne, was in Hinsicht der allgemeinen Strukturen des Hochleistungssports gemacht wird. Es ist schon spannend, zu verfolgen, wie sich das Ganze u.a. mit dem LIHPS („Luxembourg Institute for High Performance in Sports“) weiterentwickelt. Den High-Performance-Manager Sebastian Zeller kenne ich seit Jahren, da hat man sich in Luxemburg einen Top-Mann ins Boot geholt. Allgemein pflege ich einen guten Kontakt zu den luxemburgischen Institutionen. Anfragen kommen inzwischen schon und ich bin immer froh, etwas zurückgeben zu können.
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