Luxemburg / Gespräch mit einem Psychologen: Wie Kinder das Stürmen eines Weihnachtsmarktes erleben
Die Randale bei den Anti-Corona-Protesten haben am Samstag ihren Höhepunkt beim Stürmen des Weihnachtsmarktes gefunden. Unter den Besuchern der Veranstaltung waren auch Familien mit kleinen Kindern. Wie wirkt sich so ein Erlebnis auf die Kinder aus?
2.000 Menschen hatten sich am Samstag von der „Kinnekswiss“ und dem Glacis in Luxemburg-Stadt zusammen in Richtung „Gëlle Fra“ bewegt. Angelangt am Weihnachtsmarkt, durchbrachen die Demonstranten die Absperrungen der Polizei und warfen die Absperrgitter auf die Ordnungshüter, bevor sie auf das abgesperrte Gelände stürmten. Für das vorläufige i-Tüpfelchen sorgten dann einige Rechtsextremisten, die auf dem Sockel der „Gëlle Fra“ rechtsextremistisches Gedankengut auf einer Banderole entrollten. Premierminister Xavier Bettel verurteilte die Aktion am Sonntag auf Twitter. „Meinungsfreiheit heißt nicht, dass man Familien mit kleinen Kindern verängstigen darf, indem man einen Weihnachtsmarkt stürmt“, schrieb Bettel.
Wat sech gëschter an der Stad ofgespillt huet, kann a wëll ech awer net akzeptéieren.
Meenungsfräiheet heescht net, datt ee Famillje mat klénge Kanner verängschtegen däerf, andeems ee Chrëschtmäert stiermt. 3/7
— Xavier Bettel (@Xavier_Bettel) December 5, 2021
Doch wie schlimm war diese Aktion für die Kinder? Das hängt laut Psychologe Gilbert Pregno vom Alter der Kinder ab – für die jüngeren sei der Vorfall von Samstag schwieriger zu verstehen. „Die Kinder gehen auf den Weihnachtsmarkt, um bei einer angenehmen und sicheren Atmosphäre dort Spaß zu haben – und dann passiert das plötzlich, was unerwartet ist“, sagte Pregno gegenüber dem Tageblatt am Donnerstag. Das dürfe so nicht passieren. Die Kinder könnten sich erschrecken und Angst haben. Als Eltern sei es dann wichtig, die Kinder zu beschützen und beruhigen.
Doch was soll man den Kindern nach so einem Vorfall erzählen? Pregno schlägt vor: „Da sind Menschen, die etwas getan haben, das nicht richtig war. Sie wollten uns erschrecken und Angst machen. Das ist verboten, das dürfen sie nicht und es ist sehr gut möglich, dass sie dafür bestraft werden.“ Es sei wichtig, den Kindern zu sagen, dass nicht nur die Eltern dafür sorgen, dass so etwas nicht mehr passiert. Man müsse ihnen erklären, dass Gewalt in einer Gesellschaft verboten sei und dass die Polizei genau aufpasse, dass so etwas nicht wieder passiere. „Dadurch vermittelt man auch Vertrauen in die Gesellschaft und in den Rechtsstaat“, so der Psychologe.
Die Proteste fanden vergangenes Wochenende sowohl vor Xavier Bettels Haustür statt als auch bei Familienministerin Corinne Cahen. „Die Polizei hat an meiner Haustür geklingelt und mich darum gebeten, mein Haus mit meinen Kindern zusammen sofort zu verlassen“, schrieb Cahen am Samstag auf Facebook. Auch so etwas darf laut Pregno nicht passieren. Denn das eigene Haus sei etwas wie ein Nest. „Wenn dieses Nest gefährdet ist, dann stellt man sich als Kind sehr viele Fragen“, sagt der Psychologe.
Es sei nicht vertretbar, dass Kindern und Jugendlichen so etwas passiere. Die Verachtung gegenüber Politikern, den Autoritäten und Journalisten sei wie ein Gift. „Nach der Pandemie werden wir uns wohl noch viel Mühe geben müssen, um herauszufinden, wie wir wieder zueinanderfinden“, sagte Pregno.
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