CSV-LSAP-Koalitionsvertrag / Gespräch mit Wolter und Cruchten: Käerjeng will Verkehr beruhigen und Wohnungen kaufen
Der Käerjenger Bürgermeister Michel Wolter wird das schwarz-rote Koalitionsabkommen am kommenden Montag während der Gemeinderatssitzung vorstellen. Das Tageblatt hat sich im Voraus mit dem CSV-Politiker und dem Ersten Schöffen Yves Cruchten (LSAP) über den Inhalt des Vertrages unterhalten.
Harmonisch: So könnte man die Stimmung innerhalb der neuen schwarz-roten Koalition in Käerjeng beschreiben. Sowohl LSAP-Spitzenkandidat Yves Cruchten als auch CSV-Bürgermeister Michel Wolter betonen am Dienstag gegenüber dem Tageblatt, dass es während der Koalitionsverhandlungen kaum bis gar keine längeren Diskussionen gab. „Die CSV hatte fünf mögliche Koalitionspartner, sie hat uns aber klar zu verstehen gegeben, dass sie mit uns zusammenarbeiten wolle und uns entgegenkommen würde“, sagt Cruchten. Die LSAP saß als gleichwertiger Partner am Tisch, so das Gefühl des 48-Jährigen. „Wir haben quasi alles, was wir gefordert haben, in den Koalitionsvertrag bekommen“, sagt Cruchten. Die beiden Parteien haben den Vertrag am 21. Juni unterzeichnet.
Wolter führt diese harmonische Zusammenarbeit darauf zurück, dass die beiden Parteien in den vergangenen Jahren im Gemeinderat bereits viele Projekte gemeinsam gestimmt haben. Denn viele Punkte, die im Vertrag stehen, würde man aus der vorigen Legislaturperiode übernehmen. „Es ist nie so, als würde man bei null anfangen – vieles haben wir schon vor den Wahlen zusammen festgelegt“, sagt Wolter.
Dazu gehöre unter anderem der Ausbau des Küntziger Zentrums, die Fertigstellung der Käerjenger Schule samt „Maison relais“ und der Neubau des Rathauses. Das momentane Gebäude würde nämlich nicht einmal mehr die Hälfte des Personals behausen. „In den vergangenen 25 Jahren haben wir in jeden Bereich investiert – es ist jetzt notwendig, dass wir uns um das Rathaus kümmern“, sagt Wolter.
Kommunaler Wohnungsbaudienst
Ein Thema, das der LSAP bei den Verhandlungen besonders am Herzen lag, ist laut Cruchten der Wohnungsbau. Die schwarz-rote Koalition wolle eine Abteilung innerhalb der Kommune einführen, die sich nur mit dem Thema Wohnen beschäftigt. Die Gemeinde besitze momentan 14 Wohnungen – das reiche nicht aus. Dieser Dienst soll proaktiv nach leeren Wohnungen suchen und sich um den Kauf von weiteren Immobilien kümmern. „Ich denke da an Wohnungen für Studierende oder ältere Menschen und es geht natürlich auch insgesamt um sozialen Wohnungsraum – da wollen wir große Bemühungen unternehmen“, sagt Cruchten.
Teil des Koalitionsvertrages sei auch eine neue „Précoce“ für Käerjeng. Diese sollte eigentlich auf dem Grundstück der Feuerwache gebaut werden. Die Feuerwehr sollte wiederum in einer neuen Notdienst- und Polizeizentrale unterkommen. Dieser Plan scheiterte allerdings an den staatlichen Verhandlungen mit dem privaten Grundstückbesitzer. Nun soll trotzdem etwas unternommen werden. „Wir haben entschieden, dass wir sofort an einem Projekt für eine ‚Précoce‘ für Käerjeng arbeiten – falls das allerdings zu viel Zeit in Anspruch nimmt, dann werden wir nach einer provisorischen Lösung suchen“, sagt Cruchten. So könnte die Gemeinde eventuell ein Haus umgestalten oder auf Container zurückgreifen. Trotzdem: „Wir sind uns einig, dass wir nicht zweimal mit Bauen anfangen – die richtige ‚Précoce‘ können wir erst bauen, wenn die Feuerwehr weg ist“, sagt Wolter.
„Contournement“ weiterhin wichtig
Ein weiterer wichtiger Schwerpunkt im Koalitionsabkommen ist der Verkehr. Bereits vor den Gemeindewahlen hat die Kommune eine Studie über die Verkehrssituation in Käerjeng in Auftrag gegeben. „Wo verläuft der Verkehr und welche Lösungen gibt es, um ihn anders durch die Gemeinde zu leiten, sodass er nicht mehr durch die Wohnviertel geht?“, so Cruchten. Die Resultate sollen noch dieses Jahr vorliegen. „Im Rahmen des PNM2035 – in dem eine Reihe ganz guter Ideen drinstehen – wollen wir schauen, was wir jetzt schon bei uns in der Gemeinde unternehmen können“, sagt Wolter. Die Ortseinfahrten sollen so gestaltet werden, dass dort weniger gerast wird, verschiedene Schleichwege sollen blockiert und die Luxemburger Straße so weit wie möglich zurückgebaut werden.
Das alles könne allerdings nur geschehen – und vor allem geplant werden –, wenn die Frage um das Käerjenger Contournement geklärt ist. „Da bin ich mittlerweile wesentlich optimistischer, dass wir eine Lösung finden, die auf der alten Strecke basiert, die damals von der Chamber gestimmt wurde. Es kommen jetzt wohl Lösungen, die es wert sind, zu begutachten – und dann hätte sich die ganze Aufregung gelohnt“, sagt Cruchten. Michel Wolter erwartet sich jedenfalls, dass vor den Sommerferien noch das „Go“ für die Umgehungsstraße kommt. Laut Mobilitätsminister François Bausch („déi gréng“) soll das Dossier seinen Weg noch vor den Sommerferien in den Regierungsrat finden. „Wir hoffen, dass dort die richtigen Entscheidungen getroffen werden – ich höre immer öfter, dass die Variante vom 1. März vom Tisch ist, weil sie technisch von Anfang an nicht umsetzbar war“, sagt Wolter.
Die viel befahrene Luxemburger Straße im Zentrum von Käerjeng müsse allerdings so oder so noch diese Legislaturperiode erneuert werden. Der Grund: Drei Viertel der unterirdischen Netze seien beschädigt. „Das wird eine Baustelle, die die Gemeinde noch viele Jahre plagen wird“, sagt Cruchten.
Die Grenzen eines Koalitionsabkommens
„Man kann die schönsten Ideen in den Vertrag schreiben, aber man ist immer davon abhängig, welche Mittel der Staat dir zur Verfügung stellt“, sagt CSV-Bürgermeister Michel Wolter. Zusätzlich zu den finanziellen Begrenzungen spiele beim Ausarbeiten eines Koalitionsabkommens auch der administrative Aspekt eine wichtige Rolle. Denn die technischen Dienste der Gemeinde könnten nur ein gewisses Arbeitspensum bewältigen. „Das heißt, ich kann sowieso nicht mehr als einen bestimmten Betrag ausgeben, weil sonst meine Dienste komplett zusammenbrechen würden und die Ausführung der Arbeiten nicht überwacht werden könnten“, so Wolter. Neben den größeren wolle die Kommune auch kleinere Projekte entwickeln, die die Lebensqualität der Menschen verbessern sollen. Dazu würden unter anderem Spielplätze und ein Waldfriedhof gehören.
Der neue Gemeinderat
Michel Wolter (Bürgermeister, CSV)
Yves Cruchten (Erster Schöffe, LSAP)
Frank Pirotte (Zweiter Schöffe, CSV)
Mireille Duprel (Dritte Schöffin, LSAP)
Tom Ferber (CSV)
Christian Kirwel (CSV)
Louis Philippe (CSV)
Danielle Schmit (CSV)
Nathalie Scholler (CSV)
Jil Feipel (LSAP)
Arsène Ruckert (LSAP)
Jérôme Hautus (DP)
Fernand Kartheiser (ADR)
Josée-Anne Siebenaler-Thill („déi gréng“)
Vincenzo Turcarelli (Piraten)
Das Koalitionsabkommen soll in seiner Ganzheit allerdings nicht veröffentlicht werden. „Wir veröffentlichen den Koalitionsvertrag ohnehin nie“, sagt Wolter. Der Bürgermeister werde am kommenden Montag während der Gemeinderatssitzung eine Erklärung im Namen des Schöffenrats geben. In dieser Vorstellung sei „alles in einer aufbereiteten Form drin“, sagt Cruchten. „Ich erzähle, was unsere Prioritäten sind und wir halten das auch prinzipiell ein“, sagt Wolter.
Während der vergangenen Legislaturperiode habe die schwarz-grüne Koalition 85 Prozent von dem umgesetzt, was sie sich vorgenommen hatte. Die übrigen 15 Prozent seien durch Projekte, die nicht schnell genug vorangekommen seien oder durch Begebenheiten, „die uns zu einem Umdenken gebracht haben“, nicht entstanden. „Wir haben allerdings auch noch einmal 30 Prozent Projekte umgesetzt, an die wir am Anfang gar nicht gedacht haben“, so Wolter.
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