Zweiter Verhandlungstag / Geständnisse oder Gedächtnislücken bei Angeklagten im Escher Drogenprozess
Mit der Anhörung der Verdächtigen wurde das Verfahren gegen 14 mutmaßliche Drogendealer und eine Escher Barbesitzerin am Dienstag vor der 16. Strafkammer des Bezirksgerichts Luxemburgs fortgesetzt. Der erdrückenden Beweislast hatten allerdings nur die wenigsten etwas entgegenzusetzen.
Es war eine Razzia mit Folgen: Dutzende Verdächtige wurden am 16. Oktober 2018 an der Kreuzung Avenue de la Gare/Rue Nothomb in einer regelrechten Blitzaktion von vermummten Polizisten überwältigt und abgeführt. Ein Bild, das sich vielen Beobachtern so weit ins Gedächtnis brannte, dass es in den darauffolgenden Monaten tatsächlich etwas ruhiger um diesen Umschlagplatz der Escher Drogenszene wurde.
Dass die Aktion im Milieu nicht unbemerkt geblieben war, weiß auch die Polizei. „Wir wollten ja ein Zeichen setzen“, unterstrich beispielsweise Kommissar Yves Klein, der am Montag zum Auftakt des Escher Drogenprozesses vor der 16. Strafkammer des Bezirksgerichts in Luxemburg zu Wort kam. Natürlich seien die Geschäfte im Escher Bahnhofsviertel auch der Polizei aufgefallen. Ins Visier der Ermittler geriet dabei vor allem ein Lokal: das Café Chez Nadia. „Dort traf sich alles, was in der Szene Rang und Namen hatte“, fuhr der Chefermittler fort.
Als die Polizei dann am 16. Oktober letzten Jahres zuschlug, hatte sie gleich 21 Verdächtige im Visier, die zuvor beim Verkauf von Drogen beobachtet werden konnten. 14 davon wird seit Montag der Prozess gemacht. Die jungen Männer nigerianischer und kapverdischer Abstammung müssen sich nun wegen des Besitzes, Transports und Verkaufs illegaler Drogen verantworten. Neben ihnen auf der Anklagebank sitzt auch die Besitzerin des Café Chez Nadia. Ihr wird vorgeworfen, den Verkauf der Drogen zumindest erleichtert zu haben.
Interessante Einblicke
Nach den Aussagen des Chefermittlers der Kriminalpolizei am Montag konnte man am Dienstag gespannt sein, wie sich die verschiedenen Angeklagten zu den Vorwürfen äußern würden. Hatten die meisten Verdächtigen ihre Verwicklung in die Drogengeschäfte zunächst noch entschieden zurückgewiesen, konnten Ermittler und Untersuchungsrichter im Laufe der Befragungen zumindest einige Geständnisse erwirken. Zwei der Angeklagten verrieten beispielsweise, dass sie mit den Erträgen aus den Geschäften ihre Familie unterstützen wollten.
Ein junger Mann aus Nigeria war sogar überaus gesprächig und gab den Ermittlern recht interessante Einblicke in die Kulissen des Drogenhandels. So sei er quasi zum Drogenhandel gezwungen worden, um seine Schuld beim Schlepper zu begleichen, der ihn illegal nach Europa geschleust haben soll. Ein Mittelsmann habe ihm so lange Kokain beschafft, bis seine Schulden getilgt waren. Als er dem Untersuchungsrichter vorgeführt wurde, sei er seit einer Woche schuldenfrei gewesen. „Was denn auch erklärt, dass der Markt von jungen Westafrikanern dominiert wird, die eine Zeit lang dealen und dann plötzlich wieder verschwinden“, so der Ermittler gegenüber den Richtern.
Andere ließen sich die Wahrheit nicht so leicht entlocken. Einer der Verdächtigen behauptete, mit seinem Bruder verwechselt worden zu sein, während ein anderer sich eigenen Angaben zufolge an gar nichts mehr erinnern kann. Der junge Mann, der von den Ermittlern als Hauptprotagonist ausgemacht worden war, gestand indessen lediglich, selber Drogen zu konsumieren. Verkauft habe er jedoch nicht.
Dabei konnten die Ermittler ihn bei mehr als 50 sogenannten Übergaben beobachten. Überhaupt scheint die Beweislast recht erdrückend. Drei Wochen lang nämlich hatten sich die Beamten der Kriminalpolizei in der Umgebung des Café Chez Nadia auf die Lauer gelegt, bevor sie am 16. Oktober zuschlugen. Minutiös wurden sämtliche Vorkommnisse festgehalten, Übergaben dokumentiert und rund 70 Kunden bzw. Zeugen identifiziert.
In rund hundert Fällen konnte die Polizei die Übergabe auch eindeutig mit Fotos belegen. Dabei wurden nur Bilder zugelassen, auf denen auch zweifelsfrei zu sehen war, wie Geld und Drogen – Haschisch, Marihuana oder Kokain – den Besitzer wechselten. Nur die Art der Droge sowie die genauen Quantitäten konnten nicht geklärt werden. Das ergab sich später aus der Befragung der Zeugen, die im Laufe der weiteren Ermittlung geladen wurden.
Das Verfahren wird am Mittwoch mit weiteren Anhörungen fortgesetzt.
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