Bildungswesen / Gewerkschaften: Kompetenzzentren steuern auf Zwei-Klassen-Gesellschaft zu
Die Kompetenzzentren steuern auf eine Zwei-Klassen-Gesellschaft zu. Das sagt Nadia Ruef von der „Association du personnel des centres de compétences et de l’agence“. Grund für diese Aussage ist die Klärung des Personalstatus der Kompetenzzentren vonseiten des Bildungsministeriums.
Der Status der Beamten in den acht Kompetenzzentren des Landes war lange ungewiss – oder er wurde in der Praxis aus praktischen Gründen ignoriert. Nun hat Bildungsminister Claude Meisch (DP) Klarheit geschaffen. Obwohl eine endgültige Aufklärung lange gefordert wurde, hat sich das Bildungsministerium den Unmut des Personals und der Gewerkschaften zugezogen. Was ist passiert?
Die spezialisierte Betreuung in den acht Kompetenzzentren des Landes erfolgt entweder an den Schulen, in den Kompetenzzentren oder aber komplementär in beiden Einrichtungen gleichzeitig. Die Mitarbeiter der Kompetenzzentren sind in vier Abteilungen unterteilt – in eine Abteilung für Diagnose, Orientierung und Beratung, eine Abteilung für Rehabilitation und Therapie, eine Abteilung für das Lehrpersonal und die Administration – diese ist jedoch von den Änderungen nicht betroffen.
Kompetenzzentren
Mit dem Gesetz des 3. August 2018 wurde die Grundlage für Förderzentren im ganzen Land geschaffen, die Kinder mit spezifischen Bedürfnissen unterstützen sollen, wenn die lokale Betreuung nicht die gewünschten Erfolge erbracht hat. Acht „Centres de compétences“ gibt es mittlerweile: Das Centre pour le développement des apprentissages Grande-Duchesse Maria Teresa (CDA), das Centre pour le développement intellectuel (CDI), das Centre pour le développement moteur (CDM), das Centre pour le développement socio-émotionnel (CDSE), das Centre pour le développement des compétences relatives à la vue (CDV), das Centre pour enfants et jeunes à haut potentiel (CEJHP), das Centre de logopédie (CL) und das Centre pour enfants et jeunes présentant un trouble du spectre de l’autisme (CTSA).
Aufgrund der Funktionsweise der Kompetenzzentren waren die Arbeits- und Urlaubszeiten der drei betroffenen Abteilungen – mit minimalen Abweichungen bei der Diagnostikabteilung – bisher an die der regulären Schulzeiten gekoppelt. Das Problem: Die in der Praxis geltende Regelung beruht auf keiner legalen Basis, denn das Personal ist unter dem regulären Status des Staatsbeamten angestellt – und genießt keine Sonderregelung wie etwa das Bildungswesen.
Ruf nach Klarheit
Das war jedoch im gesamten Sektor bekannt, sagt Nadia Ruef von der „Association du personnel des centres de compétences et de l’agence“ (APCCA): „Wir haben jahrelang gefordert, dass unsere Arbeitszeiten entsprechend geregelt werden – wir haben uns eigentlich in der Illegalität bewegt.“ Die Gewerkschaften haben sich in den vergangenen Jahren mehrmals um Gespräche im Ministerium bemüht. Ohne Erfolg. „Im Juli wurden wir dann plötzlich eingeladen und vor vollendete Tatsachen gestellt“, erklärt die Gewerkschafterin.
Das Bildungsministerium hat am 3. Juli ein Schreiben, das dem Tageblatt vorliegt, unter dem Titel „Envergure de la tâche du personnel éducatif et psycho-social intervenant auprès d’élèves à besoins spécifiques“ an die Direktionen der Kompetenzzentren verschickt. In dem Schreiben wurden die Direktionen noch einmal an die im Gesetz geltenden Arbeitszeiten – unter dem Statut des regulären Staatsbeamten – erinnert. Dieses Schreiben wurde den Gewerkschaften in einem Treffen am 13. Juli vorgelegt. „Wir konnten uns im Vorfeld der Versammlung keine eigenen Gedanken machen oder aber eigene Vorschläge einbringen“, sagt Nadia Ruef. An dem Zeitpunkt haben alle betroffenen Gewerkschaften entschieden, zusammenzuarbeiten. Der Vorwurf der Syndikate: Die Arbeitszeiten würden der Arbeitsrealität nicht gerecht werden. „Wir arbeiten eng mit dem Bildungswesen zusammen, warum dann nicht die gleichen Rahmenbedingungen setzen?“, fragt Ruef.
Für die Kompetenzzentren bringen die neuen Bedingungen eine erhebliche Verschlechterung der Arbeitszeiten mit sich, erklärt Nadia Ruef von der APCCA: „Für den Großteil des Personals fallen extrem viele Urlaubstage weg, die nur über ein Zeitsparkonto wieder reingeholt werden können, bezüglich dessen Umgangs jedoch noch Unklarheit herrscht.“
Keine neue legale Basis
Laurent Dura, Direktor des „Service de la scolarisation des élèves à besoins spécifiques“ (S-EBS), erklärt, warum das Ministerium nicht die gleichen Rahmenbedingungen wie im Bildungswesen festgesetzt hat: „Dafür müssten wir ein neues Gesetz erlassen – und dafür hat Bildungsminister Claude Meisch (DP) keinen Anlass gesehen.“
Eine Entscheidung, die bei den Gewerkschaften für viel Verwunderung gesorgt hat. „Das ist entgegen seiner Aussage in einer Antwort auf eine parlamentarische Frage aus dem vergangenen Jahr“ (N°219 aus dem Jahr 2019). Tatsächlich schreibt Bildungsminister Claude Meisch in seiner Antwort: „In Bezug auf die Agenten der pädagogischen und psychosozialen Untergruppe wird eine eingehende Analyse zu den rechtlichen und regulatorischen Rahmenbedingungen des sozialpädagogischen Personals, das in unseren Schulen arbeitet, durchgeführt. Nach der Analyse werden Gespräche mit den betroffenen Gewerkschaften mit dem Ziel geführt, diese Aufgaben zu klären und so schnell wie möglich eine neue Rechtsgrundlage zu schaffen.“
Verwirrung
Laurent Dura gibt zu, dass das Schreiben etwas spät an die Gewerkschaften erging. Das ursprüngliche Treffen am 2. April habe jedoch aufgrund des Lockdowns nicht stattfinden können, erklärt Dura. Schlussendlich habe man jedoch nicht bis September warten können, um an die eigentlich geltenden Bestimmungen zu erinnern. „Wir haben 100 neue Leute eingestellt, da musste Klarheit hinsichtlich der Arbeitszeiten herrschen. Laut Statut ist das Personal in den Kompetenzzentren eben kein Schulpersonal.“
Dura zufolge sind die Bestimmungen keine Neuerung, sondern eigentlich geltendes Gesetz. Eigentlich, denn auch Dura weiß: „In der Vergangenheit gab es mehrfach Abweichungen, die historisch gewachsen, jedoch nicht legal begründet sind.“ In der Auslegung der Urlaubstage sieht Dura hingegen eine Chance: „In Zukunft kann das Personal dann auch außerhalb der Schulzeiten Urlaub nehmen, was bisher nicht möglich gewesen ist“ und ist sich sicher, dass jetzt für Klarheit gesorgt wurde.
Zwei-Klassen-Gesellschaft
Klarheit, die in Zukunft noch für etwas Verwirrung innerhalb des Personals sorgen könnte. In einem zweiten Schreiben, das am 21. Juli verschickt wurde, stellt das Ministerium klar, dass die eigentlich seit jeher geltenden Bestimmungen nur für die gelten, die nach dem 1. September 2020 eingestellt werden. „Wir sind jedoch klar gegen eine Zwei-Klassen-Gesellschaft“, sagt die Gewerkschafterin Ruef und fragt sich, was der Gedanke hinter einer solchen Regelung sei. Dura erklärt, dass man den Leuten ein gewisses
Erwerbsrecht zugestehen wolle: „Wir wollen niemandem etwas wegnehmen. Wir sehen das Ganze als Übergangsphase aus einer Regelung in die nächste.“
Eine Übergangsphase aus einer Regelung, die eigentlich schon Bestand gehabt haben sollte, in die neue, eigentlich alte und noch immer geltende Regelung. Bei den Gewerkschaften ruft diese Neuordnung jedenfalls Verwirrung hervor, erklärt Nadia Ruef: „Wenn wir für die bestehende Regelung keine legale Basis haben, bewegt sich dann nicht ein Großteil des Personals weiterhin in der Illegalität, wenn diese weiter wie bisher arbeiten können?“
Forderung der Gewerkschaften
Die Forderung der Gewerkschaften sei klar, sagt Ruef: „Wir wollen miteinbezogen werden, damit mit uns eine sinnige Regelung entwickelt werden kann.“ Doch in puncto Kommunikation sind sich Bildungsministerium und die Gewerkschaften nicht ganz einig. Dura behauptet, dass mehrere Treffen zwischen Gewerkschaft und Bildungsministerium stattgefunden hätten. Nadia Ruef sieht das allerdings etwas differenzierter: „Wir hatten einige Treffen, bei denen über verschiedene Themen gesprochen wurde. In den letzten drei Jahren hat jedoch kein einziges Treffen stattgefunden, bei dem über die Regelung der Arbeitszeiten diskutiert wurde. Dabei haben wir einige Anregungen über die Jahre ausgearbeitet.“
Die APCCA hat sich anlässlich des Treffens am 13. Juli mit mehreren Gewerkschaften zusammengeschlossen, um ihrem Anliegen mehr Gewicht zu verleihen. Heute sollen die Forderungen der ALEE, der APCCA, des OGBL/SEW, der CGFP, der APPSAS, des SLEG und des SPEBS auf einer Pressekonferenz noch einmal erörtert werden. Vorher wollen die Gewerkschaften um 14.30 Uhr mit einer symbolischen Aktion vor dem Bildungsministerium protestieren.
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Natürlich kann man als Automechaniker nicht im Homeoffice arbeiten aber wenn bis alle ein Elektroauto haben, werden die nicht mehr gebraucht.
@Gariuen: Und warum sollte ein E-Auto keinen Mechaniker brauchen? Lager einstellen/ersetzen, Bremsen, Steuerung, Mechanik warten, usw. Blechschäden heilen auch nicht von selbst. Ihr Kühlschrank oder Waschmaschine brauchen doch auch Wartung und Reparatur.