Luxemburg / Gezeitenwechsel in der Oberstadt: Wochenmarkt auf Royal-Hamilius angekommen
Monatelang hatte der Umzug wie ein Damoklesschwert über dem hauptstädtischen Wochenmarkt gehangen. Seit Jahr und Tag hatte er seinen Traditionsstandort auf dem Knuedler, nur dem alljährlichen „Oktavsmärtchen“ musste er bislang weichen. Bis am vergangenen 14. Dezember die Entscheidung fiel: Der Wochenmarkt ist umgezogen und wird die nächsten drei Jahre auf dem Royal-Hamilius bzw. in der rue Aldringen abgehalten.
Das „Fiisschen“ und die beiden bronzenen Trémont-Löwen werden sich gestern gewundert haben, dass der gewohnte Mittwoch-Markt ausblieb. Dieser feierte gestern Premiere an seinem neuen Standort. Trotz klirrender Kälte und den Neuauflagen, die die Händler am „anderen Ende“ der „Groussgaass“ erwarteten, war es ein durchaus gelungener Auftakt.
Rund 30 Stände hatten sich eingefunden, darunter auch einige Neue. Gefehlt hat allerdings die „Eierfrau“. Die stets gutgelaunte Dani geht im Februar in den Ruhestand und wollte sich für die verbliebenen vier Wochen nicht mehr an dem neuen Standort einbringen.
Luxemburg ist keine Großstadt, eigentlich ist der Wochenmarkt nur einige hundert Meter weitergezogen. Aber wir alle sind Gewohnheitsmenschen und müssen das Neue erst auf uns einwirken lassen. Dies umso mehr, als der neue Marktstandort auch für einige Überraschungen gut ist.
Statt wie bisher auf einem viereckigen Platz stehen die einzelnen Verkaufsstände jetzt in einer Reihe: Der Blumenhändler macht an der Straßenkreuzung rue Aldringen/Grand-rue den Anfang. Von hier aus erstrecken sich die Verkaufsstände durch die Aldringerstraße bis zur Kreuzung rue Aldringen/Avenue Monterey, vor den Filialen der beiden hiesigen Traditionsbanken. Einen kleinen Platz gibt es auch, er reicht vom ehemaligen Postgebäude, neben dem die „Nana“ von Niki de Saint Phalle ihren neuen Standort hat, bis zum Bus- und Trambahnhof am Boulevard Royal.
Erreichbar
Von diesem Herzstück des neuen Royal-Hamilius verspricht man sich viel. Im ehemaligen Postgebäude soll ab 2023 ein lebendiger Lifestyle-Ort, gekoppelt mit einem Hotelbetrieb und einem Fitnesszentrum, entstehen, die Haltestelle am Boulevard Royal soll die Gäste des öffentlichen Transports direkt auf den Wochenmarkt befördern. Mit dem großzügigen Parkplatzangebot des Parking Hamilius dürfte auch das Warten ein Ende nehmen, das bislang unter dem Knuedler spätestens ab 10 Uhr morgens die Regel war.
Bei den Händlern ist die Erwartung genauso groß. Auch sie müssen auf manche Gewohnheit verzichten: Sie müssen ihre Transporter auf dem oberen Teil des Glacis parken, nachdem sie ihre Waren abgeladen haben. Die Fahrer müssen dann mit der Tram wieder zurück zum neuen Marktplatz fahren.
„Mal sehen, ob auch die Kunden sich umgewöhnen“, hieß es gestern Morgen. Dies allerdings größtenteils mit einem zuversichtlichen Lächeln. Zu Recht, der Andrang war am ersten Verkaufstag trotz Kälte und Neuerung verhältnismäßig groß, genau wie die Zufriedenheit über die neue Aufteilung. Dadurch, dass die Transporter nicht mehr direkt neben den Ständen stehen, sind diese näher zusammengerückt, was den Markt stimmungsvoller macht.
Gleichzeitig zieht aber auch neues Leben in den bisher eher sterilen Stadtteil. Noch stören die einzelnen Baustellen und Baubuden, der Promotor hat sich jedoch verpflichtet, die Fertigungsarbeiten bis Ende des Jahres abzuschließen.
Farbe ins Bild
Die Luxemburger Défense. Der Vergleich mag hinken, die Stimmung auf dem ehemaligen Busbahnhof und der langjährigen Baustelle war jedoch bislang mit der Sterilität der neuen Großstädte durchaus vergleichbar. Dabei hat der Platz vor dem 1886 erbauten Postgebäude durchaus eine urbane Vergangenheit. Das bezeugen nicht zuletzt seine unterschiedlichen Namen.
Wer vor 1974 in den Straßen rund um das untere Ende der „Groussgaass“ lebte, sprach vom „Aldringen“, benannt nach den dort etablierten Kasernen und der 1880 dort errichteten Schule. Sie fiel 1974 einer ersten großen Umgestaltung zum Opfer; statt der Schüler bekamen die Busbenutzer auf dem Platz das Sagen, während unter dem Busbahnhof eine der ersten unterirdischen Tiefgaragen entstand.
Vielen Hauptstädtern ist auch die Unterführung noch ein Begriff, die unter der Straßenkreuzung Boulevard Royal/Avenue Monterey den Zugang zur Stadt erleichtern sollte. Die dort geplante Ladenzeile war nie ein Erfolg, dafür war die Passage seit den 80er Jahren Tummelplatz der hiesigen Breakdancers und kurz vor ihrer Schließung 2015 eher ein „place to avoid“.
2015 begannen die Umbauarbeiten zum heutigen Royal-Hamilius mit seinen insgesamt 36.000 Quadratmetern, auf denen 7.500 qm Büros, 73 Wohnungen und ein Parkplatz mit 640 Stellplätzen entstanden sind. Vor etwas mehr als einem Jahr, am 7. November 2019, öffnete die FNAC als erste große Verkaufsstelle ihre Türen, gefolgt von den „Galeries Lafayette“ und Delhaize, der das Wagnis einging, mitten auf der Baustelle eine Zweigstelle zu eröffnen. In drei Wochen, am 3. Februar, erweitert der französische Sportwarenanbieter Decathlon das Angebot. Und am Samstag ist schon wieder Markttag.
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Wer hat sich denn das ausgedacht: Muss jetzt jemand, der seinen Marktstand alleine betreibt, diesen nach dem Aufbau unbeaufsichtigt lassen, während er seinen Lieferwagen zum Glacis bringt und anschliessend mit der Tram zurückfährt?
Oder stellt die schlaue Verwaltung einen Aufpasser, um Diebstähle zu verhindern?