Klima- und Umweltschutz / Greenpeace Luxemburg feiert 40-jähriges Bestehen
Auf dem Weg von einer nur aus Ehrenamtlichen bestehenden kleinen Vereinigung bis hin zu einer professionell arbeitenden, international vernetzten Organisation hat Greenpeace Luxemburg die eine oder andere Erfolgsgeschichte geschrieben. Die aktuellen politischen Entwicklungen machen es den erfahrenen Klima- und Umweltschützern jedoch nicht leicht.
Die Zeiten waren schon mal besser, weiß Roger Spautz. Er gehört zu den Gründungsmitgliedern von Greenpeace Luxemburg im Jahr 1984. „Damals hatten wir noch ein kleines Büro in der rue Brasseur hier in Esch, danach in der rue Dicks“, erinnert er sich an die Anfangszeit des luxemburgischen Ablegers der 1971 gegründeten internationalen Organisation. „Wir arbeiteten mit Schreibmaschine und Telex.“ Die kleine Gruppe bestand gänzlich aus Ehrenamtlichen, die sich in ihrer Freizeit für den Umweltschutz engagierten.
An der Wand in einem der Büroräume in der Escher avenue de la Gare hängt ein Plakat, auf dem „Roger Spautz, seit 1987 radioaktiv“ zu lesen ist. Spautz lächelt. „Damals war ich der erste Festangestellte bei Greenpeace Luxemburg“, sagt der erfahrene Umweltaktivist, der seit vielen Jahren für die Kampagnen gegen die Atomkraft zuständig ist. Heute verfügt die Organisation hierzulande über etwa 20 bezahlte Mitarbeiter. Das führte schließlich auch zu einer Professionalisierung der Kampagnen. Einst gingen die Greenpeace-Aktivisten noch selbst vor Ort raus, um Proben aus dem verschmutzten Wasser zu entnehmen, heute werden Studien bei Forschungseinrichtungen in Auftrag gegeben.
„Game Changer“
Einige Grundkonstanten von Greenpeace wiederum sind geblieben. „Dazu gehört zum Beispiel, dass wir noch immer zu hundert Prozent auf Spenden angewiesen sind. Das macht uns unabhängig. Andere können vielleicht nicht so kritisch sein“, sagt Martina Holbach, seit gut 30 Jahren bei Greenpeace Luxemburg und für die Kampagnen im Bereich der nachhaltigen Finanzen verantwortlich. „Heute sind unsere Themen größer und übergeordneter und gehen mehr ins Systemische“, sagt Holbach. „Systemrelevante Themen sind wichtiger denn je.“ Außerdem werde seit einigen Jahren verstärkt auf die Zusammenarbeit mit anderen Nichtregierungsorganisationen gesetzt. Martina Holbach verweist dabei auf die Gründung unter anderem von Votum Klima im Jahr 2009. „Das war damals ein echter Game Changer“, sagt sie. Die Regierung habe zuvor viele umweltpolitische Bestrebungen torpediert. Das änderte sich mit dem Bündnis. Es folgte nicht zuletzt auch der Klimapakt.
Mit Greenpeace immer wieder in Verbindung gebracht werden nicht zuletzt öffentlichkeitswirksame Aktionen im Rahmen der Kampagnen. Für größere Aufmerksamkeit sorgten hierzulande etwa eine Aktion gegen verbleites Benzin, die Diskussionen um das Atomkraftwerk in Cattenom oder um die Verschmutzung des Trinkwassers. Als Erfolge nennen die Greenpeace-Aktivisten etwa das Verbot von genmanipuliertem Mais in Luxemburg und Österreich als ersten Ländern Europas 1996; die Mehrheit der europäischen Staaten verbannten später die gentechnisch veränderten Organismen. „Es war bemerkenswert, was ein kleines Land wie Luxemburg bewirken konnte“, so Martina Holbach. Zu den Erfolgen werden zudem die Schließung des thermischen Kraftwerks Twinerg 2016 und das Verbot von Glyphosat in Luxemburg als erstem Land Europas im Jahr 2020 gezählt.
Einige Aktionen bleiben lange in Erinnerung und haben ihre Spuren hinterlassen: So zum Beispiel jene 2002, als Hunderte von Greenpeace-Aktivisten den Zugang zu allen Esso-Tankstellen des Landes blockierten, einschließlich der größten Tankstelle von Exxon Mobil in Wasserbillig, um gegen die unablässige Sabotage der internationalen Klimaschutzbemühungen durch den Konzern zu demonstrieren. Der damalige Justizminister Luc Frieden brachte danach einen Gesetzentwurf im Parlament ein, mit dem Aktionen von Gewerkschaften und NGOs, wie jene von 2002, in oder vor Firmen und Büros mit bis zu fünf Jahren bestraft würden. Frieden zog nach heftiger Kritik von vielen Seiten den Entwurf zum damals „Lex Greenpeace“ genannten Gesetz wieder zurück.
Die akribische juristische Arbeit und die minutiös durchgeführten Aktionen der einzelnen Kampagnen auf internationaler Ebene zeugten von Erfahrung und Professionalität und bescherten der Organisation auf internationaler Ebene viel Renommee. Allerdings handelte sie sich auch den Vorwurf ein, nicht mehr den Schwung der Anfangsphase zu haben. Frischen Wind um den Klimaschutz brachten vor etwa fünf Jahren vor allem die Schüler von Youth for Climate. „Wir unterstützten sie von Anfang an und setzten auf eine Zusammenarbeit“, sagt Martina Holbach. Mittlerweile haben etwa die Fridays for Future weniger Wind in den Segeln. Viele der jugendlichen Aktivisten haben ihr Abitur gemacht und sind weit verstreut. „Es ist fast schon ein Luxus als angestellte Campaigner“, erklärt Holbach, „dass wir über lange Zeit an etwas dranbleiben können.“ Zwar sei die Organisation vielleicht weniger spontan als in der Anfangszeit, hätte aber die Möglichkeit, ihre Ziele über mehrere Jahre zu verfolgen. „Andererseits lastet ein größerer Druck auf uns“, weiß die Campaignerin. „Es hängt von uns ab, ob wir es schaffen, den Menschen zu erklären, dass Klima- und Umweltschutz wichtig sind.“
„Die Probleme werden noch größer“
„Der Klimawandel bleibt weiter die größte Herausforderung“, so Roger Spautz. Er weiß: „Die Probleme werden noch größer.“ Was die Herausforderungen 2024 in seinem Bereich angeht, wird es dieses Jahr nicht zuletzt um die Laufzeit-Verlängerungen der französischen Atomkraftwerke gehen. Die neue luxemburgische Regierung hat sich in Sachen Atomkraft noch nicht deutlich artikuliert. Mit Sorge hat Spautz beobachtet, dass etwa die CSV aus dem Aktionskomitee gegen Atomkraft ausgetreten ist. Das Thema blieb bisher unter der Frieden-Regierung ausgespart.
In diesem Jahr wird die Umweltschutzorganisation den Fokus unter anderem weiter auf Themenfelder wie den Pensions- bzw. Kompensationsfonds richten. Im vergangenen Jahr hatte sie den Sitz des „Fonds de Compensation“ (FDC) in einen grünen Waschsalon verwandelt, um die FDC-Investitionen anzuprangern. Ein weiterer Schwerpunkt wird die Rolle des Finanzsektors bei Klima und Energie sowie bei der Zerstörung der Biodiversität sein.
Das aktuelle politische Umfeld macht es für Greenpeace sicher nicht leichter. Wenn Greenpeace international noch mit Schlauchbooten und Fischkuttern in See stach, so sind die Fahrwasser heute wieder schwieriger geworden. Auf nationaler Ebene sei bezüglich des Klima- und Umweltschutzes von Seiten der Regierung noch nicht viel gekommen, so Martina Holbach. Von dem Grünen-Bashing des vergangenen Jahres haben die Umweltorganisationen zwar nicht direkt etwas zu spüren bekommen. Aber im internationalen Kontext stimmen sowohl die Klimapolitik als auch die sicherheitspolitische Lage nicht unbedingt zuversichtlich. Zudem hat der Vormarsch von Rechtspopulisten und Rechtsextremisten in vielen Ländern die Lage noch erschwert, sodass Klima- und Umweltschutz sowie der Schutz der Biodiversität und die Transition hin zu erneuerbaren Energien in vielen Ländern nicht mehr ganz oben stehen auf der Agenda. „Das alles stimmt nicht sehr optimistisch“, sagt Martina Holbach. Trotzdem gibt es einige Lichtblicke. „So ist festzustellen, dass bei jungen Arbeitnehmern heute viel mehr Wert auf Nachhaltigkeit gelegt wird.“ Letztere sei ein wichtiger Faktor bei der Jobwahl geworden. Ein gutes Zeichen, dass „Geld nicht das einzige Kriterium“ sei.
- Teufelspakt: EVP einig mit Rechtsextremen - 19. November 2024.
- Der schlafende Riese – Zwischen Aufbruch und neuen Abhängigkeiten - 18. November 2024.
- Unter Strom: Höchstspannungsleitung an deutsch-luxemburgischer Grenze nimmt Konturen an - 12. November 2024.
Sie müssen angemeldet sein um kommentieren zu können.
Melden sie sich an
Registrieren Sie sich kostenlos