Steuerpolitik / Guy Heintz, ehemaliger Direktor der Steuerverwaltung: „Ich bin eher für eine Vermögenssteuer“
Als ehemaliger Direktor der Steuerverwaltung kennt Guy Heintz das Luxemburger Steuersystem wie kein anderer. Im Tageblatt spricht der ehemalige Beamte über die Individualisierung des Steuersystems, die Intention hinter der Steuerklasse 1a und warum er eine Vermögenssteuer für gerecht hält.
Die Steuerdebatte im Wahlkampf operiert eher mit Schlagworten als den nötigen Details, moniert Guy Heintz im Gespräch mit dem Tageblatt. Der ehemalige Direktor der Steuerverwaltung ist Mitglied im Thinktank improof.lu. Die auf Initiative der Arbeitnehmerkammer gegründete Reflexionsplattform publiziert regelmäßig Beiträge, wie „gerechte und nachhaltige Wirtschaft in Luxemburg“ aussehen könnte. Vor dem anstehenden Wahltermin hat sich das Tageblatt mit Guy Heintz über die Steuerpolitik in Luxemburg unterhalten. Das meint der Steuerexperte …
… zur Individualbesteuerung
Die Individualisierung des Steuersystems ist die einzige Forderung, die bei jeder Partei in puncto Steuer im Wahlprogramm vertreten ist. Die Einführung einer solchen ist allerdings komplizierter, als es den Anschein erweckt. Vor allem dann, wenn man eine sozial gerechte Steuerreform umsetzen will.
„Sollte eine Individualbesteuerung eingeführt werden, würden Menschen mit einem hohen Einkommen deutlich mehr davon profitieren als Menschen mit einem niedrigen Einkommen“, sagt Heintz. „Nehmen wir das Beispiel eines Arbeitnehmers, der den Mindestlohn bezieht: Es macht für den keinen riesigen Unterschied, ob er in der ersten oder zweiten Steuerklasse ist.“ Dadurch, dass er in beiden Steuerklassen wenig Steuern zahlt, sei der Gewinn nur marginal. Wenn aber Großverdiener nach dem Abschaffen der Steuerklassen nur noch nach dem Modell von Steuerklasse 2 besteuert werden, ist der daraus resultierende Gewinn deutlich größer. „Um das System sozial gerecht zu gestalten, müssten im unteren Einkommensspektrum Steuerkredite verteilt werden.“ Deshalb sei eine Individualisierung, ohne das gesamte Steuersystem inklusive Steuertabelle zu überdenken, keine sozial gerechte Lösung.
Persönlich sei Guy Heintz deshalb der Meinung, dass man die optionale Individualbesteuerung beibehalten sollte – einfach weil „Großverdiener relativ gesehen mehr profitieren würden als Menschen mit einem geringen Einkommen.“
… zur Steuerklasse 1a
„Vor der Reform 1989 war es so, dass Elternpaare bei einer gerichtlichen Trennung fünf Jahre lang in der Steuerklasse 2 geblieben sind, ehe sie in die Steuerklasse 1 umklassiert wurden“, erklärt Guy Heintz. „Damals wurden die Elternpaare ab dem Datum der Trennung dann individuell nach den Modalitäten der Steuerklasse 2 besteuert.“
Das habe zu „fiktiven“ Trennungen geführt, in denen verheiratete Menschen auf dem Papier getrennt waren, in der Realität jedoch weiterhin zusammenlebten. „Ich weiß von einem Fall, dass ein Beamter der Steuerverwaltung sich morgens vor die Wohnungen von Verdachtsfällen begeben hat, um zu prüfen, ob das Paar wirklich getrennt lebte“, sagt Heintz. Unter anderem aufgrund des Ausmaßes dieser Betrugsfälle sei dann die Steuerklasse 1a eingeführt worden. „Bei den niedrigen Einkommen liegt diese sehr nahe an der Steuerklasse 2“, will Heintz die soziale Komponente dieser Steuerklasse nicht vergessen – insbesondere dann, wenn man die Steuerkredite für Kinder und geringe Einkommen miteinbeziehe.
… zur Veröffentlichung von Rundschreiben der Steuerverwaltung
Der ehemalige Direktor der Steuerverwaltung ist grundsätzlich der Meinung, dass „alles, was wichtig ist, öffentlich sein soll“. Jedoch müsste im Detail unterschieden werden. „Es gibt zwei Arten von Rundschreiben: sogenannte LIR und LIR-NS (notes de service)“, erklärt Guy Heintz. Beide seien teilweise noch im „Code fiscal“ veröffentlicht worden. Trotzdem müsse man unterscheiden zwischen Rundschreiben, die nur fürs Personal von Belang sind, und anderen Rundschreiben, die für die Öffentlichkeit von Interesse sind.
Ein Beispiel: „Es gehen auch schon Rundschreiben an das Personal raus, wie sie die Unternehmen zu kontrollieren haben“, erklärt Heintz. Dort werden dann beispielsweise auch klare Angaben gemacht, wie die Kontrollen und Berechnungen vonseiten der Steuerverwaltung durchzuführen sind. „Wenn das einem Steuerbetrüger in die Hände fällt, weiß er ganz genau, worauf er achten muss, damit er nicht auffliegt“, sagt Heintz. Deswegen sollte es in solchen Fällen eher intern bleiben. Ansonsten aber würde der Direktor sich ganz auf die Seite der Transparenz schlagen. In der Praxis sei es aber nicht immer einfach, diese rote Linie zu ziehen.
… zur Erbschafts- und Vermögenssteuer
Die Erbschaftssteuer in direkter Linie sei „eine heilige Kuh“, an die sich in Luxemburg irgendwie niemand heranwage. „Dabei sind wir eines der wenigen Länder, die keine Erbschaftssteuer haben“, sagt Heintz. Diese Diskussion sachlich anzugehen, sei jedoch sehr schwierig, weswegen er persönlich eher für eine Vermögenssteuer plädieren würde.
„Ich bin eher dafür, dass wir eine Vermögenssteuer einführen, die das gesamte Vermögen inklusive der Immobilien umfasst“, sagt Heintz. So könnte er sich vorstellen, dass ein bestimmter Freibetrag für das Eigenheim festgelegt werden könnte sowie ein relativ niedriger Vermögenswert von rund 75.000 Euro beim Mobiliarvermögen. Mit den dadurch generierten Einnahmen würde Heintz dann hingegen die Einkommenssteuer senken. „Das ist sozial gerecht – auch weil gerade junge Menschen meistens kein Vermögen haben und keine Vermögenssteuer zahlen“, erklärt Heintz die Idee seines Generationenausgleichs. Auch würde somit vermieden, dass eine Villa und ein kleines Studioapartment gleichermaßen freigestellt würden. Viele Parteien hätten Entlastungen für junge Menschen im Programm stehen – die Idee eines solchen Ausgleichs wäre Heintz zufolge eine der gerechtesten. „Die Idee, die Einnahmen durch die Vermögenssteuer bei der Einkommenssteuer wieder auszugleichen, ist zudem sehr pädagogisch“, sagt Heintz. Gerade im Wahlkampf würde eher mit Schlagworten und nicht mit Details operiert werden. „Die gewieften Politiker wissen das ja.“
Ähnlich könnte bei der Besteuerungsdiskrepanz zwischen Kapital und Einkommen verfahren werden. Einnahmen aus einer gerechteren Besteuerung von Kapitalerträgen könnte dazu genutzt werden, Erleichterungen bei der Einkommenssteuer durchzusetzen.
Das Argument, dass man Menschen damit doppelt besteuere, sei falsch. „In der Literatur gibt es drei Achsen der Besteuerung: Einkommen, Vermögen und Konsum“, erklärt Heintz. Es sagt ja auch niemand, dass man durch die Mehrwertsteuer, also beim Konsum, doppelt besteuert werde. „Mit einer solchen Vermögenssteuer müsste man dann auch keine Erbschaftssteuer einführen.“ Ein Problem: Der Steuerbeamte bräuchte dann Zugriff auf die Bankkonten der Privatpersonen – „was heutzutage informatisch aber durchaus machbar ist, also dass nur der zuständige Beamte Zugriff hat.“
Zur Person
Guy Heintz trat am 1. Februar 1977 in die Steuerverwaltung ein. Nach diversen Stationen arbeitete er in der Abteilung für Brennereiakzisen, der Besteuerung der natürlichen Personen und der Gesellschaften. Als Mitarbeiter und späterer Vorsitzender der Division der internationalen Beziehungen repräsentierte Heintz Luxemburg in verschiedenen Gremien bei der OECD und der EU. Am 1. Januar 2006 wurde Heintz Direktor der Steuerverwaltung, bis er 2016 in Rente ging.
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Wie will Herr Heintz denn wissen, wieviele kg Gold ich in meinem Garten vergraben habe, wieviel das Bild von Leonardo da Vinci, das ich im Keller irgendwo herumliegen habe, wert ist, und wieviel Geld ich in der Schweiz gebunkert habe? Vermögenssteuer ist völliger Blödsinn!
Nicht jeder in Steuerklasse 2, aber Klasse 2 abschaffen.
Eine Reform kann Kosten Neutral sein. Eine bezahlt etwas weniger, der andere etwas mehr. Mann braucht nur ein Vision, kein Geld.
Wieso verheirateten ohne Kinder in 2, und Alleinerziehende mit Kinder in 1a ?
Steuer in klasse 1 ist zu hoch.
Was ist die morale Rechtfertigung von Vermögenssteuer, ausserhalb Neid ? Wenn man ein gutes Steuersystem hat, braucht man kein Vermögensteuer.
Vermeigensteier : Ass daat net dat Geld, wo’u een gespuurt huet an schons Stei’eren drop bezuehlt huet !
Ass daat di moden Wegelagerei ?
Keng Stemm fir dei Politiker di eng Vermeigenssteier wellen !
Die linken Parteien, allen voran Wirtschaftsminister Fayot, wünschen sich einen starken Staat. So ein Staat braucht
natürlich Geld, viel Geld. Das bekommt man vor allem bei den sogenannten Vermögenden. Das ist auch am einfachsten, denn diese Kategorie wählt per se nicht links. Jetzt muss man nur noch definieren ab wieviel „Vermögen“ diese Steuer greift. Dabei ist die Gefahr sehr gross, dass man über das Ziel hinausschiesst und plötzlich auch gar nicht mal so grosse Vermögen besteuert.
100% Erbschaftssteuer, jeder soll bei Null anfangen.
@Claudette: Wat e Bloedsinn! Da ginn ech menge Kanner mai Vermeigen ier ech stiewen. Dat geet op zeg Maneieren.