Luxemburg / Gynäkologenvereinigung zu Übernahme von Verhütungsmitteln: „Die Menschen sind sehr zufrieden“
Die Kosten für Verhütungsmittel werden in Luxemburg seit dem 1. April von der Krankenkasse übernommen. Der Präsident der Gynäkologenvereinigung sagt, es sei noch zu früh, um erkennen zu können, ob es jetzt eine erhöhte Nachfrage gibt – dafür gebe es aber bereits Feedback von den Patienten.
4.500 Euro: Ungefähr so viel kann die Sterilisation einer Frau inklusive Krankenhausaufenthalt laut Luxemburgs Gynäkologenvereinigung kosten. Bis vor kurzem mussten Patientinnen diese Kosten noch selbst tragen. Ausnahmen gab es nur dann, wenn eine Schwangerschaft einen „ungewöhnlich hohen Gesundheitsschaden oder sogar zu einem lebensbedrohlichen Risiko für die Mutter und/oder das ungeborene Kind führen würde“, so die Vereinigung „Planning familial“. Doch mit dem 1. April hat sich das geändert – und nicht nur das.
Denn die Kosten für jene Verhütungsmittel, die in der entsprechenden Regelung enthalten sind (siehe Infobox), werden im Großherzogtum seitdem zu 100 Prozent und ohne Altersgrenze von der Krankenkasse zurückerstattet. Das ist offenbar eine große Erleichterung für viele Menschen – so berichtet es Dr. Pit Duschinger am Mittwoch gegenüber dem Tageblatt. Er ist Präsident der Gynäkologenvereinigung „Société luxembourgeoise de gynécologie et d’obstétrique“ (SLGO) und selbst Gynäkologe. „Das waren schon sehr teure Geschichten“, sagt er in Bezug auf die Sterilisationen bei Frauen vor der Regelungsänderung. Die strengen Voraussetzungen für die Genehmigungen von Kostenübernahmen hätten dazu geführt, dass schließlich quasi „kein Mensch mehr“ Sterilisationen durchführte. Noch Mitte Dezember sagte er dazu im Tageblatt-Gespräch: „Die aktuelle Regelung ist eindeutig zu streng. Die Entscheidung liegt bei der Frau, es ist ihr Körper.“
Genauere Erkenntnisse erst nach sechs bis zwölf Monaten
Rund anderthalb Monate nach der Änderung könne man noch nicht sagen, ob die Anzahl der Eingriffe, wie sie zum Beispiel bei dem Einsetzen einer Spirale oder dem Durchtrennen der weiblichen Eileiter üblich sind, zugenommen haben. Auch bei den verschreibungspflichtigen Verhütungsmitteln wie der Antibabypille oder dem Verhütungspflaster sei es noch zu früh, so der Gynäkologe. Einen „Ansturm“ habe es also nicht gegeben. Es habe allerdings Menschen gegeben, die beispielsweise ihren Eingriff eine Weile nach hinten verschoben hätten, als sie erfuhren, dass Verhütungsmittel bald komplett von der Krankenkasse übernommen werden.
Ob die Zahl der Eingriffe oder Verschreibungen mit der Regelungsänderung sich noch künftig deutlich verändert, könne man wahrscheinlich in den nächsten sechs bis zwölf Monaten erkennen, wenn sich die Situation etwas eingependelt hat, prognostiziert der SLGO-Präsident. „Das hängt ja auch daran, dass die Leute zum Beispiel erst noch einmal für ein Gespräch in der Praxis gewesen sein müssen, und dann kommt auch noch die Terminvergabe für mögliche Eingriffe dazu.“
Positives Feedback und leichtere Beratung
Auch für die Fachärzte sei die Beratung nun unkomplizierter, sagt der Gynäkologe: „Es ist jetzt viel einfacher, mit den Patienten über die Möglichkeiten zu sprechen, weil jetzt alle medizinisch vernünftigen Methoden möglich sind – ohne Kosten für den Patienten.“ Einige Menschen seien zudem überrascht, wenn sie von ihrem Arzt davon erfahren, dass sie für ihr Verhütungsmittel nichts zahlen müssen. „Bei manchen hat es sich noch nicht rumgesprochen und die sind dann natürlich erfreut, dass sie die Kosten nicht tragen müssen“, berichtet Dr. Duschinger. Vor allem bei teureren Eingriffen falle die Reaktion entsprechend positiv aus.
Die Neuregelung der Erstattung sei also eine durchweg „gute Sache“, so der SLGO-Präsident. Die Vereinigung selbst habe schließlich über ein Jahr lang mit dem Ministerium und der CNS mit über die Vereinbarung verhandelt. Unter anderem sei es darum gegangen, dass die Ärzte auch entsprechend für die Eingriffe wie das Legen von Spiralen oder Verhütungsimplantaten honoriert werden, was laut dem Gynäkologen anfangs noch „vergessen“ worden sei. „Das hat sich aber geglättet und jetzt ist alles in trockenen Tüchern“, sagt er. Die Übernahmen würden jetzt aus dem Budget des Gesundheitsministeriums bezahlt. Das heißt also, dass die CNS den Patienten die Kosten erstattet und dann wiederum das Geld vom Ministerium zurückbekommt. Insgesamt lautet das Fazit des Facharztes: „Die Menschen sind sehr zufrieden und das Angebot wird genutzt. Letztendlich war das eine sehr gute Entscheidung.“
Diese Verhütungsmittel werden laut Gesundheitsministerium übernommen
– Orale Östrogen-Gestagen-Präparate zur Empfängnisverhütung (Antibabypille);
– transdermale Östrogen-Gestagene zur Empfängnisverhütung (Verhütungspflaster);
– vaginale Östrogen-Gestagene zur Empfängnisverhütung (Verhütungsring);
– orale Gestagene zur Empfängnisverhütung (Minipille);
– injizierbare Gestagene zur Empfängnisverhütung (Verhütungsspritze);
– hormonelle Notfallverhütung (Pille danach);
– Gestagene zur Empfängnisverhütung in Form eines subkutanen Implantats (Verhütungsimplantat);
– Intrauterinpessare zur Empfängnisverhütung (Spirale);
– Unterbindung der Eileiter zur dauerhaften Empfängnisverhütung (Sterilisation);
– Eingriffe an den Samenleitern zur dauerhaften Empfängnisverhütung (Vasektomie).
Darüber hinaus wird die „Pille danach“ laut Ministerium im Notfall auch ohne ärztliches Rezept in öffentlichen Apotheken erstattet.
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