Luxemburg-Stadt / „Haben erreicht, was wir wollten“: Beliebte Buchhandlung soll neue Geschäftsleitung bekommen
Die „Librairie des lycées“ in Luxemburg-Stadt soll eine neue Besitzerin oder einen neuen Besitzer bekommen. Denn das Geschäftspaar Sabrina und Frédéric Biagiotti macht sich auf zu neuen Abenteuern – nachdem es während sieben Jahren viel Arbeit, Mühe und Zeit in sein Herzensprojekt investiert hat.
Die „Librairie des lycées“ in Limpertsberg gilt als Institution, denn wer eines der Lyzeen in der Nähe zum „Glacis“ in Luxemburg-Stadt besucht hat, kennt sie. Generationen von Schülerinnen und Schüler kauften dort ihre Stifte, deckten sich mit Süßigkeiten ein oder bestellten dort ihre Lehrbücher. Schluss ist damit nach nunmehr 30 Jahren nicht – auch wenn die Buchhandlung eine neue Besitzerin bzw. einen neuen Besitzer bekommen soll.
„Es geht weiter. Jemand wird unsere Ideen fortführen oder vielleicht auch neue umsetzen“, sagt Sabrina Biagiotti bei einem Gespräch in dem Geschäft an der Avenue Victor Hugo. Der 39-Jährigen und ihrem Mann Frédéric Biagiotti gehört die kleine Buchhandlung, die sie vor rund sieben Jahren von einem Luxemburger Ehepaar übernommen haben. Aus dem französischen Lille kamen Sab und Fred – wie sie auch genannt werden – 2017 nach Luxemburg, um zusammenzuarbeiten. „Wir fragten uns, welche Herausforderung wir gemeinsam angehen können. Und wir wollten in ein Land ziehen, in dem es sicherer ist und es ein gutes Bildungswesen gibt“, so Frédéric Biagiotti.
Durch Freunde in Esch und Mondorf wurden die jungen Eltern schnell auf Luxemburg aufmerksam. Wegen fehlender Sprachkenntnisse gestaltete sich die Jobsuche in der neuen Heimat für den Autoverkäufer und die Buchhalterin zunächst schwierig. Die Idee eines gemeinsamen Ladens wurde konkreter, wie der dynamische Geschäftsmann auf Französisch erzählt: „Ich komme aus einer Familie von Handelstreibenden. Meine Mutter hatte 25 Jahre lang ein Kiosk, in dem ich am Wochenende aushalf. Nach etwas in der Art suchten wir.“ Sie fanden die kleine Buchhandlung in Limpertsberg, in der man neben Schulmaterial heute auch Getränke, Tabak und Zeitungen kaufen kann.
Am Ziel
„Wir wollten das ganze Jahr über von unserem Geschäft leben können, nicht nur um den Schulbeginn“, sagt Frédéric Biagiotti über die Ausweitung des Angebots. Die ihm zufolge dazu führte, dass sich der Umsatz steigerte. Auch wurde in den vergangenen Jahren in neue Ausstattung und in die Modernisierung investiert. Inzwischen hat der Laden einen Online-Shop und ist in den sozialen Medien sowie auf einer Plattform für lokale Geschäfte präsent. Die freundliche Sabrina Biagiotti stellt fest: „Zum Erreichen dieser Ziele gaben wir uns zehn Jahre. Wir haben aber jetzt schon umgesetzt, was wir für den Laden erreichen wollten.“
Doch das hat seinen Preis, wie aus den Erzählungen von ihrem Mann herauszuhören ist: „Wir arbeiten 60 bis 80 Stunden die Woche – beide. Ich bin ab 7 Uhr im Laden und gehe oft erst um 20 oder 21 Uhr nach Hause. Meine Frau kümmert sich von daheim aus um Buchhaltung sowie Finanzen, um für unsere Tochter und unseren Sohn da zu sein.“ Angestellte gab es, inzwischen kümmert sich das ehrgeizige Paar aber alleine um das Geschäft. Also um die tägliche Kundschaft vor Ort, aber auch um den Kontakt mit Schulen und Lieferfirmen. Hinzu kommt die Verwaltung der virtuellen Bestellungen.
„Das alles nimmt viel Zeit in Anspruch und erfordert unsere Präsenz. Zum Nachteil der Familie“, stellt Frédéric Biagiotti fest und erzählt weiter: „Wenn unser Siebenjähriger montags in der Schule über das Wochenende sprach, erzählten seine Freunde, dass sie mit ihren Vätern Fußball gespielt hatten. Er allerdings hatte das Wochenende mit seiner Mutter und seiner Schwester verbracht.“ Klick machte es bei dem Familienvater, als sein Sohn ihm sagte: „Du bist nie da.“ Der Laden ist täglich geöffnet, auch an Sonn- sowie an Feiertagen. „Nur in den Weihnachtsferien haben wir zwei Wochen frei“, so Frédéric Biagiotti.
Neue Abenteuer
Beschäftigungen in ihren ursprünglichen Bereichen und geregelte Arbeitszeiten sollen es dem Paar nun ermöglichen, sich wieder mehr auf den „familiären Kokon“ zu konzentrieren – wie Frédéric Biagiotti es beschreibt. An Jobangeboten mangelt es nicht. Denn in dem Viertel, in dem die beiden leben und ihr Geschäft haben, sind sie nach all den Jahren gut vernetzt. „Die Menschen haben uns schuften sehen. Viele kommen und lassen ihre Visitenkarten da. Zudem geht es dem Laden finanziell gut. Es ist ein guter Moment, um zu verkaufen“, so der Geschäftsmann, den es laut eigener Aussage nie allzu lange an einem Ort hält. Das erzählt er, während am laufenden Band Kundschaft den Laden betritt und stets herzlich begrüßt wird.
In dem Jahr, in dem Sabrina Biagiotti ihren 40. und ihr Partner seinen 50. Geburtstag feiern werden, ist das Paar nun bereit für neue Abenteuer im Großherzogtum. Beide freuen sich auf mehr Zeit: für die Familie, um endlich Luxemburgisch zu lernen und Sport zu treiben. Für den Kauf des Ladens haben zwei Personen bereits ernsthaftes Interesse angemeldet, unterschrieben sei allerdings noch nichts. Jetzt wird abgewartet, welche Angebote abgegeben werden. Eines ist laut Frédéric Biagiotti allerdings sicher: „Solange wir nicht verkauft haben, geht es weiter. Schließen wird die Librairie nicht.“
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