Editorial / Halbwahrheiten: Warum Bettel und Lenert dem Faktencheck nicht standhalten
„An där heiter Kris gëtt et net de gëllene Mëttelwee.“ Was Gesundheitsministerin Paulette Lenert mit Blick auf den Zielkonflikt zwischen Pandemiebekämpfung und Ankurbelung der Wirtschaft meint, trifft auch für die Regierungskommunikation zu: Paulette „Nationale“ und Premier Xavier Bettel scheinen den „gëllene Mëttelwee“ zwischen Wahrheit und Realpolitik nicht zu finden. Ein Faktencheck zur aktuellen Regierungskommunikation.
Hört man Bettel und Lenert zu, könnte man den Eindruck gewinnen: Hier sind Profis am Werk. Wo am Anfang der Krise noch Faxe verschickt wurden und Daten in Ordnern vergammelten, klingt das bei Bettel heute so: „Informatioune sammelen, Daten analyséieren, déi veraarbechten, Conclusiounen zéien an Decisiounen huelen.“ So weit, so gut, aber: Seit Wochen wird deutlich, dass zwar verdammt viele Daten gesammelt werden, doch welche schließlich von wem, wie und zu welchem Zweck analysiert werden, bleibt oft unklar. Noch problematischer: Was nicht analysiert wird, erfährt die kritische Gegenöffentlichkeit oft erst im Kleingedruckten oder auf Nachfrage.
Eines der bemerkenswertesten Beispiele für diese Politik der Halbwahrheiten: der aktuelle „Rapport d’analyse sur la situation de la Covid-19 dans les établissements scolaires“. Obschon es begrüßenswert ist, dass nach Wochen der Starrköpfigkeit von Bildungsminister Claude Meisch ein halbwegs unabhängiges Bild der Corona-Entwicklung in den Schulen nachgezeichnet wurde, veranschaulicht der Bericht eins: wie man solide Daten sammeln und nüchtern analysieren kann – aber eben nur die halbe Wahrheit erzählt. Denn in dem Bericht werden zwar Schüler berücksichtigt. Wie die Infektionsentwicklung aber bei den Lehrern und dem restlichen Schulpersonal aussieht, reflektiert der Bericht nicht. Man wolle ein Dokument mit diesen Informationen nachreichen, heißt es. Politische Entscheidungen wurden in der Zwischenzeit trotzdem getroffen.
Aber auch unsere beiden Everybody’s Darlings zeigen, dass sie raffinierte politische Kommunikatoren sind. So meint Bettel sinngemäß: Die Infektionszahlen stabilisieren sich, wenn auch auf hohem Niveau. Gleichzeitig sagt er, „dass een eng liicht Tendenz no ënne gesäit. Dat hunn och d’Spezialisten nach eng Kéier gëschter confirméiert.“ Berücksichtigt man nur die Zahl der Neuinfektionen, stimmt die Aussage. Zieht man jedoch eine weitere Expertenquelle heran, auf die sich die Regierung ebenfalls beruft, kann man nicht einmal mehr von einer Halbwahrheit sprechen. Es ist schlicht falsch, der jüngste LIST-Bericht eindeutig: „The data collected this week does not confirm the slight downward trend observed during the previous week at the national scale.“ Einfach ausgedrückt: Die Forscher bestätigen den Abwärtstrend nicht.
Und auch die Gesundheitsministerin hat sich gestern – trotz ihrer vorsichtigen und bedachten Art – auf dünnes Eis begeben. So wies sie auf die mangelnden Informationen zur Komorbidität hin: Oft wissen wir nicht, ob (alte) Corona-Patienten mit oder an dem Virus gestorben sind. Dies ist kein rein luxemburgisches Phänomen und die transparente Kommunikation darüber sogar positiv. Haarig wird es jedoch bei Lenerts Erklärungsversuch, warum keine Daten vorliegen: „Do ass e gewëssene Retard, well d’Leit un der Front hir Aarbecht maachen, fir unzeruffen, an net esou op der Dateveraarbechtung aktiv sinn am Moment.“ Dass inzwischen hochspezialisierte Virologen zum Telefonieren verdonnert worden sind, anstatt Daten zu analysieren, klingt nicht plausibel. Um dies zu überprüfen, würde ein Blick auf das aktuelle Organigramm des Contact Tracing genügen. Das Problem: Es gibt zwar eins – doch ist es weder öffentlich noch auf Nachfrage zugänglich.
- Der Schattenboxer Xavier Bettel - 14. Juli 2022.
- Die Impfpflicht: Wer setzt sich in Luxemburg durch? - 7. Juli 2022.
- Luxemburgs halbherzige Sanktionspolitik - 17. Juni 2022.
Sehr guter Artikel
nur schnell etwas hinzufügen. Die Referenz an die LIST Analyse: Israelische Forscher haben herausgefunden daß Virenteile sehr viel länger bestehen je kälter die Kläranlagen sind. Es ist nicht möglich einen endgültigen Schluß daraus zu ziehen was die Gesamtlage angeht. Was die alten Patienten angeht, kann man das nur erahnen, was viel schlimmer ist, ist daß 125 Personen in Altersheimen an COVID19 gestorben sind von ins gesamt 250 also mehr als die Hälfte. Wieviele ältere Menschen haben sich in den Krankenhäusern angesteckt oder beim Arztbesuch und sind an den folgen gestorben weiß wohl niemand.
Wer die Aussagen unseres Spezialisten der Covid Task Force auf RTL zugehört hat, dem dümpelt es unsere Regierung der Wirtschaft wegen die Fakten schönredet. Schwindet der Wohlstand ,die Spaßgesellschaft in ihren Aktivitäten eingeengt , wird das Volk unzufrieden, die Folgen für die Politik zum unkontrollierten Ausarten , Aufbegehren ihres Rudels. In dieser Hinsicht scheint die Politik die Fakten nicht vernachlässigt , das Übel eines Aufbegehren der Volksmassen überwiegt das Übel Covid.Also auf zum Schafott:“ Haben wir kein Brot, essen wir Kuchen.“
Sehr gute Analyse! Was sollte man auch anderes erwarten? Es liegt doch im menschlichen Wesen, dass man bei Angst der eigenen Niederlage, mit allen Mitteln und Ausreden versucht, seinen Kopf aus der Schlinge zu ziehen um weiteren Tadel von sich abzuweisen. Es gibt nur sehr wenige Politiker die ihre Fehler eingestehen.
Dhiraj Sabharwal
Der Artikel ist gut geschrieben aber man kann nicht nur der Regierung die Schuld geben, es sind die Menschen die hier im Land leben und natürlich die Menschen die jeden Tag nach Luxemburg zur Arbeit kommen die sich nicht an die Regeln halten in meinen Augen regiert bei den meisten Menschen die Unvernunft, Ignoranz und Überheblichkeit und genau das ist der Punkt wo wir die Pandemie nicht in den Griff bekommen, jeder will für sich und seine Familie die größtmögliche Sicherheit aber man ignoriert Restriktionen der Regierung unter dem Vorwand “ man lasse sich nicht seine Freiheit beschneiden „, in meinen Augen sind es genau diese Menschen die weiterhin Schuld an der ganzen Situation sind, ihre Zeitung schrieb vor ein paar Tagen “ Superwochenende schönes Wetter und eine volle Fußgängerzone in Luxemburg Stadt ( Grand Rue ) und dann wundern sich die Menschen bei soviel Unvernunft das wir nicht Herr der Lage werden.
Wir haben zwar keine gute Regierung aber man kann das Fehlverhalten der Menschen nicht den Politikern anheften.
In diesem Sinne liebe Mitbürger Schaltet mal euer Hirn ein und haltet euch an die Maßnehmen dann werden wir das schon schaffen und gute Gesundheit 😷😷😷😷
Angesichts dieses permanenten Drahtseilakts zwischen Wirtschaftsinteressen und Gesundheitsprävention frage ich mich wieviel Tote diese Krise dem Staat wert ist. Die Antwort auf die Frage bleibt man uns schuldig, dadurch dass man sich hinter den Mangel an Informationen zur Komorbidität versteckt.
Vielleicht wären diese zum Telefonieren verdonnerten hoch spezialisierten Virologen auch besser in der Forschung gegen das Virus tätig.
Der leichte Rückwärtsgang…wird zu einem starken Rückwärtsgang, wenn erst mal 99,9% der Bevölkerung infiziert sind. Denn dann bleiben irgendwann nicht mehr genug menschliche Wesen übrig, die sich noch anstecken könnten.
Ob sich die Zahl der Infizierten tatsächlich vermindert, wenn die Kranken geheilt (oder gestorben) sind, ist da fast schon nicht mehr so wichtig.
Soll man sich darüber freuen, dass sich heute zum Beispiel nur 800 Menschen neu infiziert haben, nachdem sich gestern noch 850, und zuvor schon Tausende angesteckt haben? Ist das dann schon ein Erfolg?
Rein rechnerisch vielleicht..
@MarcL
„Die Antwort auf die Frage bleibt man uns schuldig, dadurch dass man sich hinter den Mangel an Informationen zur Komorbidität versteckt.“
Sie sind also auch einer derjenigen, die Krebskranke, die nächste Woche auch ohne Corona gestorben wäre aus der Statistik rausrechnen damit Ihr Restaurant nicht schließt?
@ Dhiraj Sabharwal Ich gratuliere Ihnen zu diesem guten Artikel. Zum Thema Komorbidität: das reiht sich nahtlos ein in die Mogelpackung die wir seit April als Information bekommen. Es ist ein weiterer Baustein, der die astronomischen Fallzahlen jetzt wieder nach unten drücken soll. Übrigens, hat schon jemand herausgefunden wie hoch die Zahlen wären wenn wir, wie früher, die „non résidents“ dazu rechnen? Und seit kurzem werden die Erkrankten ältere Menschen nicht mehr alle im Spital behandelt. Die sind dann auch mal raus aus den Zahlen! Dieses naive „Schummeln“ nervt.
Da war noch viel mehr Schönreden dabei! Von einer besseren Positivrate zu reden im Vergleich zum Ausland z.B. Will man sich hier vergleichen, muss man den Sonntagswert betrachten (weil wir da so testen wie alle anderen immer, nur im Krankheitsfall). Und wo lag da der Wert nochmal? Ach ja, bei 20 %…
super, Alles gesot, knallhart Wouerecht Merci Dhiraj Sabharwal
êt ass ee Gerêffels an ee Getuschels, méi héiert een nêt raus,
Eent an Eent könne mer jo awer nach zesummen zielen
Jo d’Wirtschaft muss hei am Land dréinen, well mêr all déi Jooren viirdrun nêmme nach op den € getrimmt gin, an dobäi de Mênsch, deen dohannert steet vergiess hun
an elo, wat maachen, d’Läit musse schaffe goen, fiir dat d’Rechnung opgeet, egal wéi, well, A, hun se sêch verschölt fiir iwwerhaapt mol können nach hei am Land ze liewen, a B, da stêcht een deen aaneren un, an de gêt gejéimert. D’Läit können nêt dofiir, well se mussen am Rad dréinen.
Zu der eelerer Generatioun: jo êt sê vill eeler Läit déi de Virus nêt iwwerliewen, da gêt gesoot, dee war jo scho krank, dann ass dee net um Virus gestuerwen. Êch gi mol dovun aus, dat vill eeler Läit nach haut géinge liewen, wann se sêch nêt ugestach hätten
oo wéi wär dat schéin wa mêr mol nees mênschlêch könnten denken an handelen
max
Bettels Aussage von der kleinen Tendenz nach unten bei den Neuinfektionen war wohl verfrüht. Heute haben wir den absoluten Höchstwert von 891 Neuinfektionen. Um sich mal das Ausmaß dieser Zahl vorzustellen extrapoliere ich sie auf unsern Nachbarstaat Deutschland. Dort entspräche das 115.800 Neuinfektionen. Sie melden heute aber „nur“ 17561 Neuinfektionen.
Eigentlich müßte man zu unseren horrenten Zahlen die Frontaliers hinzuzählen. Ich war heute beim Bäcker, in der Apotheke, beim Metzger, im Café. Überall wurde ich von Frontaliers bedient, die mich hätten anstecken können.
Robbes,
stellt Iech vir, déi wären gëschter net schaffe komm, dann hätt der net bräichte Akafen ze goen. Oder wierd Dir Mueres fréi opgestaan vir d’Aarbecht ze maachen?
Wa jiddereen e bëssen oppasst, da giff et goen.
Et ass esou einfach ëmmer ďSchold bei deenen aneren ze sichen.
Bei all de Krekéiler hunn ech nach kee konstruktiven Viirschlag gelies an héiren.
Bleiwt doheem a bleiwt gesond
@Robbes: Im Gegensatz zum Mensch unterscheidet das Virus nicht zwischen Nationalitäten, Ethnien .Im Gegensatz das Schubladendenken manch Zeitgenossen noch immer nach Nationalität, Ethnien unterscheidet.
Ja, Informationen sammeln, Daten analysieren usw, langsam kommen wir der Sache schon näher. Dazu folgendes Gespräch:
https://kenfm.de/reiner-fuellmich/ In der Zwischenzeit wurde der
Kanal von Ken Jebsen von youtube komplett gelöscht. Auf der angegeben Seite könnte unsere Politik doch mal reinschauen. Auch ein portugieseches Gerichicht erklärt den PCR-test für nichtig, freundlichst
Sowohl Herr Bettel, wie auch Frau Lenert sind mit ihren Mitarbeitern seit Monaten darum bemüht die Coronakrise zu überwinden.
Das sind Menschen, so wie du und ich.
Pflegepersonal und Ärzte bringen sich unter fast unmenschlichen Bedingungen für uns ein. Das sind Menschen wie du und ich.
Ich kann einfach nicht fassen, wie in unserem Gesundheitswesen und unserer sehr um unser Allgemeinwohl bemühten Regierung zu solch herber Kritik kommt.
Klar, es gibt Pannen bei Untersuchungen und Diagnosen, auch dort gilt, sind Menschen wie du und ich. Überarbeitung und Stress sind dort an der Tagesordnung.
Halten wir uns doch nun alle an die wenigen Regeln, dann haben es auch unsere Politiker und Pfleger einfacher🤗🤗🤗
@Robbes
„Ich war heute beim Bäcker, in der Apotheke, beim Metzger, im Café. Überall wurde ich von Frontaliers bedient, die mich hätten anstecken können.“
Oder _Sie_ haben Leute in 4 Ländern angesteckt anstatt mit dem Arsch zu hause zu bleiben.