Neujahrsempfang / Luxemburger Handwerk: „Wir müssen wieder lernen, Gas zu geben“

Der traditionelle „Pot des présidents“ in der „Chambre des métiers“
Die Vertreter des Luxemburger Handwerks sind für klare Worte bekannt. Auch am Dienstagabend, im Rahmen des traditionellen Neujahrsempfangs, dem „Pot des présidents“, gab es wieder deutliche Botschaften.
Das Luxemburger Handwerk fordert Veränderungen. Der Sektor steht hierzulande für mehr als 8.500 Betriebe mit mehr als 102.000 Mitarbeitern. Vor allem den kleinen Unternehmen werde das Leben in Europa und auch in Luxemburg viel zu schwer gemacht, so der Kern der Botschaft von Luc Meyer, Präsident der „Fédération des artisans“. Es sei kein Zufall, dass Europa wirtschaftlich immer weiter nach hinten rutsche. „Wir geben uns mit Mittelmäßigkeit zufrieden, während andere innovieren. (…) Wir müssen wieder lernen, Gas zu geben.“
Das Handwerk wünsche sich eine „pragmatische Politik“, so Meyer mehrmals. „Es soll wieder Spaß machen, etwas zu schaffen.“ Er fordert die Politik auf, zu reagieren. „Tut sie es nicht, dann werden die Bürger es tun“, warnt er. Das treibe die Wähler dann zu „Parteien mit einfachen Antworten“.
Themen, die der Branche Sorgen bereiten, gibt es eine ganze Reihe. Von einem Lieferkettengesetz würden auch kleine Firmen getroffen, unterstrich er beispielsweise. Dabei hätten die Handwerksbetriebe im Schnitt nur zwölf Mitarbeiter. Zu viel Arbeitszeit würde für Bürokratie draufgehen. „Die Bürokratie drängt den Mittelstand aus dem Markt – das können sich nur große Konzerne erlauben, die die Kosten an den Verbraucher weitergeben können. Der Rest der Welt lacht über uns und wir schießen uns selbst ins Abseits.“
„Europa feiert Regulierungsorgien“ statt „pragmatische Rahmenbedingungen“ zu schaffen, beklagt er. Im gleichen Zeitraum, wo in den USA 3.000 Regelungen entstanden sind, seien es in Europa satte 13.000 gewesen. „Brüssel muss weniger regulieren und vorschreiben.“ Das Handwerk schlägt vor, für jede neue Regelung drei alte abzuschaffen.

Mit der neuen Luxemburger Regierung ist man im Handwerk derweil zufrieden. Man bedanke sich bei ihr für Initiativen wie etwa den „Logementsdësch“ und hoffe auf eine schnelle Umsetzung der Erkenntnisse. „Wir alle, Politik, Gesellschaft und Wirtschaft, sitzen in einem Boot. Wir sind froh, dass auch die Regierung das so sieht. Das war in der Vergangenheit oft nicht der Fall.“
Veränderungen fordert er derweil für das nationale Kollektivvertragswesen. Er sieht da Unterschiede zwischen einem Sozialdialog in großen Industriebetrieben und in staatlich finanzierten Sektoren, verglichen mit der Situation in kleineren Unternehmen. „Am Handwierk ass dat da scho méi komplizéiert“, so Meyer. Bei Kollektivverträgen reiche es nicht, immer nur zu fordern. Man müsse „Win-win-Situationen“ schaffen, die auch dem Betrieb helfen, sich in einem neuen Wettbewerbsumfeld durchzusetzen. „Fir Gewerkschafte si Win-win-Situatiounen awer keng Optioun.“
Attraktive Kollektivverträge für den Betrieb
Von der Politik will man daher, dass, wenn es in Zukunft mehr Kollektivverträge geben soll, diese auch für den Betrieb attraktiver werden. Konkret bedeute dies, dass im Arbeitsrecht Freiräume definiert werden sollten, wo Arbeitgeber und -nehmer zusammen betriebsspezifische Lösungen entscheiden könnten. Gemeinsam solle man so auch Abweichungen vom Arbeitsrecht festlegen können.
Bekräftigt sieht sich das Handwerk dabei, dass das Personal „in sieben von zehn Betrieben keine Gewerkschaft in ihre Personalvertretung gewählt hat“. Immer mehr Angestellte würden erklären, dass sie sich „net mat der klassekämpferecher Approche vun de Gewerkschaften identifizéiere kënnen“, sagt er.
An einem Punkt der Rede gab es am Dienstagabend spontanen Applaus: Das war, als Luc Meyer das Thema der Krankschreibungen ansprach: Seit Corona haben sie um 40 Prozent zugenommen, unterstrich er. Vor allem betroffen seien der Montag und der Freitag. Das „missbräuchliche Fernbleiben“ will er bekämpft sehen. Er fordert, dass Arbeitnehmer finanziell mit dem gleichen Anteil an den Kosten beteiligt werden wie auch Arbeitgeber. Zudem sollte es für Krankentage keinen Urlaub mehr geben. „Das wünschen wir uns für 2025.“
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