Esch / Harsche Kritik bei Budget-Debatten: „Banal und nicht zukunftsorientiert“
Kein gutes Haar am Haushaltsentwurf des Escher Schöffenrats ließ erwartungsgemäß die Opposition bei der fünfstündigen Budgetdebatte im Gemeinderat am Freitag. Während die Räte der Mehrheitsparteien von einem verantwortungsvollen Budgetentwurf in schwierigen Zeiten sprachen, vermissten LSAP und „déi Lénk“ jegliche soziale Komponente. Dabei wäre das in Anbetracht der zu erwartenden wirtschaftlichen Schieflage dringend nötig gewesen.
Das Budget habe nichts mit Nachhaltigkeit zu tun und es fehlten die sozialen Elemente, so das Resümee von LSAP-Fraktionssprecherin Vera Spautz, die in ihrer 50-minütigen Rede harsch mit der Politik der schwarz-grün-blauen Mehrheit ins Gericht ging. Die frühere Bürgermeisterin sagte, dass Solidarität, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit durch die Corona-Krise plötzlich in aller (Politiker-)Munde waren. Doch die schönen Worte hätten viele schon wieder vergessen, auch Bürgermeister Georges Mischo (CSV). „Das spiegelt sich in ihrem Budget wider“, sagte Vera Spautz, „denn es ist ein banales Budget, ohne zukunftsorientierte Akzente.“ Und Spautz ging noch weiter: „Ihre einzigen zukunftsorientierten Projekte sind die, die sie bei ihrem Antritt 2017 ‚cadeaux empoisonnés‘ genannt haben“. In anderen Worten die Projekte, die in der Vorgänger-Koalition angestoßen wurden. Eigene habe die Mehrheit nicht vorzuweisen, im Gegenteil, es werde alles nach hinten verschoben. Als Beispiel nannte sie die Schulinfrastruktur. Von der Renovierung der Bruch-Schule, einst Priorität der schwarz-grün-blauen Majorität, sei nichts zu sehen, der Ausbau der „Groussgaassschoul“ würde jetzt auch mit fadenscheinigen Begründungen auf die lange Bank geschoben werden. Auch wollte Vera Spautz in diesem Kontext wissen, warum das Projekt Zentrumsschule im inzwischen an ein Immobilien-Unternehmen verkauften Tageblatt-Gebäude in der Kanalstraße nicht für den Schöffenrat infrage kam.
Problem Schulen
Auf das Thema Schulen gingen später Line Wies („déi Lénk“) und Jeff Dax (LSAP) im Detail ein. Wo sind die angekündigten Schulen und „Maisons relais“, fragte Wies. „Diese Koalition hat in drei Jahren so viel verwirklicht, wie sie in einem Budget vorstellt. Wenn man im Budget Dinge ankündigt, die nicht realisiert werden, dann spricht man von einem aufgeblasenen Budget“, so Line Wies. Das gelte im Übrigen ebenfalls für sozialen Wohnraum. Auch dort sei lediglich ein Drittel realisiert worden. „Der Ausblick auf ein Esch mit 55.000 Einwohnern beunruhigt mich etwas“, gab derweil Jeff Dax zu, „denn die Infrastruktur muss mitwachsen. Da ist keine Zeit zu verlieren.“ Er meinte damit den Ausbau der „Groussgaassschoul“, der endlich in Angriff genommen werden müsse. Eine weitere Studie würde nur Zeit kosten. „Bald haben wir eine Warteliste nicht nur für die ‚Maisons relais‘, sondern auch für die Schulen“, so Dax.
„Sie sind angetreten, um Esch voranzubringen. Es sollte alles schneller gehen“, hatte Vera Spautz zuvor bereits in Richtung Schöffenrat angemerkt, „im Endeffekt war alles, was im Moment passiert, schon vor ihrer Zeit in der Pipeline.“ Zudem würde nun an der falschen Stelle gespart, was die Beispiele der Chalets in Insenborn, der Baumhäuser auf dem Galgenberg oder des Benu-Village zeigen würden. Benu sei ein Vorzeigeprojekt für Nachhaltigkeit und auch die Baumhäuser eine riesige Erfolgsgeschichte und ein Aushängeschild für nachhaltigen, sanften Tourismus. Insenborn wäre für Schulkinder und sozial schwächer gestellte Familien wichtig gewesen.
„Krisen sind, so bitter das klingt, auch eine Chance, neue Prioritäten zu setzen.“ In solchen Zeiten sollten zukunftsträchtige Projekte unterstützt und nicht gestrichen werden, so Spautz. Im Endeffekt hätten die sozialen, wirtschaftlichen und finanziellen Probleme, die nun auf Esch zukämen, im Haushaltsentwurf berücksichtigt werden müssen. Anstelle auf hohem Niveau über die Einnahmeverluste zu lamentieren, hätte man auch an die Menschen denken können, die durch die Pandemie ihre Arbeit verlieren, oder an die Firmen, die pleitegehen. Esch stehe vor einem Berg von Problemen, Mitarbeiter des Sozialamts berichteten jetzt schon von einer prekären Lage, sagte Spautz. Auch in Sachen „Logement“ sei nichts im Haushaltsentwurf zu finden. Keine Spur von der kommunalen Wohnungsbaugesellschaft, die im LSAP-Wahlkampfprogramm stand und von der neuen Koalition 2017 in das Koalitionsprogramm aufgenommen wurde.
Konsens Kultur
Als erster Redner des Vormittags hatte Bruno Cavaleiro (CSV) die Haushaltsvorlage verteidigt. Glücklich sei er, dass jeder Euro effizient eingesetzt werde. Die Prioritäten seien klar definiert, und dem Ziel, die Lebensqualität in Esch zu verbessern, komme man immer näher. „Das Versäumte der letzten 20 Jahre aufzuholen, geht nicht in einer Mandatsperiode, vor allem nicht in Corona-Zeiten“, so Cavaleiro. Denn der Haushaltsentwurf sei ein Corona-Budget und trage den verminderten Einnahmen (rund 22 Mio. Euro) Rechnung. Die Opposition machte später darauf aufmerksam, dass Bürgermeister Georges Mischo wegen der fehlenden Einnahmen über die Regierung lamentiere, dabei aber vergesse, dass die jetzige Koalition dank ebenjener Regierung durch die Reform der Gemeindefinanzierung wesentlich bessere Voraussetzungen habe als ihre Vorgänger. Jean Tonnar (LSAP) sagte gar, der Schöffenrat würde das Geld regelrecht aus dem Fenster werfen.
Konsens herrschte eigentlich nur bei den Investitionen für die Kultur. Was dann auch wenig überraschend ist, steht doch das Kulturjahr 2022 vor der Tür. Erklärungen wünschten sich die Räte aber auch zu Esch2022. Zum Beispiel sprach Jean Tonnar in seiner Intervention die neue frEsch asbl. an, die mit immerhin 5,5 Millionen Euro budgetiert ist. Daliah Scholl (DP) nannte die Kulturpolitik der Gemeinde nachhaltig und sprach von der einmaligen Chance, die Esch2022 für Esch darstelle. Line Wies setzte die Ausgaben für die Kultur derweil in den Kontext. „Es ist problematisch, wenn das Kulturbudget explodiert und das ‚Logement‘-Budget dagegen nicht“, sagte Wies. Sie stellte zudem das Budget für Veranstaltungen wie die „Francofolies“ und die „Nuits de la culture“, die sie als Mega-Events bezeichnete, infrage.
Auch die Mobilität kam zur Sprache. Der neue LSAP-Rat Stéphane Biwer sprach von einem fehlenden Konzept für sanfte Mobilität und von der schlechten Infrastruktur für Fahrräder. Der autonome Shuttlebus bekam ebenfalls sein Fett weg. Wie der zur Aussperrung der Fahrräder aus der Alzettestraße passe, wollte Biwer wissen und schloss sich dabei ähnlichen Aussagen von Jean Tonnar und Dan Codello an. Tonnar kritisierte zudem die Ausgaben von 290.000 Euro für Bushäuser, die die Leute vor die Tür gesetzt bekämen: „Es soll gespart werden, aber wir lassen Fahrräder zählen und Bäume.“
Luc Majerus („déi gréng“) vermisste gegen Ende der Debatte die grüne Politik im Haushaltsentwurf. Durchaus bemerkenswert, ist sein Parteikollege Martin Kox doch immerhin Erster Schöffe der Gemeinde. Was darauf schließen lässt, dass es um das Miteinander bei den Escher Grünen momentan nicht zum Allerbesten bestellt ist.
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Geld ist wie Dünger , man muss es verteilen . Wenn davon genug zur Tür hereinkommt , kann man es auch zum Fenster hinauswerfen.
Man lernt ja nur aus seinen Fehler , denn Erfolg hat noch keinem geholfen , oder ?