Heute vor 75 Jahren / Heimkehr aus russischer Kriegsgefangenschaft: Luxemburger Kriegsgefangene kommen nach Hause
Jene Männer, die ab 1943 im Lager Tambow in russischer Kriegsgefangenschaft saßen, gehören zu den über 12.000 Luxemburgern, die von den Nazis zum Dienst in der Wehrmacht zwangsrekrutiert und teilweise an die Ostfront geschickt wurden. Heute vor 75 Jahren sind rund 600 von ihnen aus dem Lager südöstlich von Moskau heimgekehrt. An ihre Geschichte(n) möchte die „Amicale des anciens de Tambow“ an diesem 5. November ganz besonders erinnern.
Die grau-rot lackierte CFL-Lokomotive mit der Nummer 4017 ist ein echter Hingucker. Großformatige Schwarzweißfotos sind auf beiden Seiten der Maschine aufgeklebt und dazu die Aufschrift „75 Joër zeréck an d’Heemescht, mir vergiessen net“. Bereits seit dem 23. Oktober ist die E-Lok im History-Look unterwegs.
Dass gerade eine Lokomotive mit dieser Botschaft versehen ist, erstaunt nicht. Es ist nämlich ein Zug, mit dem über 600 „Lëtzebuerger Jongen“ aus der Kriegsgefangenschaft in Tambow (Russland) zurück in die Heimat kommen und am Bahnhof Luxemburg-Stadt von Familienangehörigen, Freunden und Politikern begeistert empfangen werden. Das war heute vor 75 Jahren. Am 5. November 1945, mitten in der Nacht, gegen 3 Uhr früh. Einen guten Monat vorher, im Oktober, war bereits ein Krankentransport mit rund 200 Luxemburgern aus Tambow in Luxemburg angekommen.
Seit August 1943 waren diese Männer in russischer Kriegsgefangenschaft. Im berüchtigten Lager 188 bei Tambow, gut 400 Kilometer südöstlich von Moskau entfernt.
Ausstellung im Bahnhof
Im Bahnhof Luxemburg sollte heute Nachmittag an die Wiederkehr in die Heimat erinnert werden. Aus bekannten Gründen ist auch diese Gedenkzeremonie gestrichen worden. Trotzdem soll im kleinen Kreis ein Blumenkranz zur Erinnerung niedergelegt werden.
Nicht abgesagt aber ist die von der „Amicale des anciens de Tambow“ zusammengetragene Ausstellung im Glasvorbau des Bahnhofes. Bis Mitte Dezember kann man sich hier anhand zahlreicher Fotografie und Dokumente ein Bild machen über die Zwangsrekrutierung und das Leben im Lager zum Beispiel oder die Kriegsgefangenschaft sowie die Rückkehr nach Hause.
Etwas mehr als tausend Luxemburger sind ursprünglich ab August 1943 im Lager nahe Tambow inhaftiert. 50 von ihnen sind während der Rückreise nach Luxemburg gestorben. Um die 200 haben bereits vorher die harten Bedingungen der Gefangenschaft und vor allem den eisigen Winter 1944/45 nicht überlebt. Sie starben an Unterernährung und Krankheit. Ihre letzte Ruhestätte haben sie in einem Wald in der Gegend von Tambow gefunden oder in Kirsanow, wo sich das Krankenhaus des Lagers befand.
Seit 1985 besucht alljährlich eine Delegation der im selben Jahr gegründeten „Amicale“ die Gräber ihrer Kameraden und den Gedenkstein, der 2012 von der Luxemburger Regierung, den Häftlingen von Tambow sowie Vertretern der Region Tambow eingeweiht wurde.
Eine Rose für „Ons Jongen“
Die Vereinigung zählt rund 350 Mitglieder, darunter noch acht Überlebende (alle über 90) der Gefangenschaft im fernen Russland, so Vizepräsident und Archivar Vic Steichen. Nachwuchssorgen scheint die Vereinigung nicht zu haben. Drei Generationen bemühen sich nämlich heute, die Geschichte(n) ihrer Väter, Großväter und Urgroßväter vor dem Vergessen zu bewahren. Dazu gehört auch, dass erst kürzlich von den Russen zugänglich gewordene Archive gemeinsam mit Historikern ausgewertet und in eine große Publikation über „Ons Jongen“ einfließen sollen. Die „Amicale des anciens de Tambow“ unterstützt mit Spenden auch das Kinderkrankenhaus in Kirsanow.
Seit dem 17. Oktober trägt übrigens auch eine aus dem kanadischen Neuschottland stammende Rose in der „Roseraie“ von Schluss Munsbach den Namen „Tambower Jongen“.
Zwangsrekrutierung
Zu den Verbrechen der Nazis während des Zweiten Weltkrieges gehört auch die Zwangsrekrutierung der Luxemburger Jugend der Jahrgänge 1920 bis 1927. So mussten insgesamt um die 12.500 Männer als Soldaten in deutscher Wehrmachtsuniform dienen, während um die 3.500 Frauen, aber auch Männer, in den Reichsarbeitsdienst oder den Kriegshilfsdienst gezwungen wurden. Wer sich nicht fügte, musste mit dem Schlimmsten rechnen – oft nicht nur für sich, sondern auch für die Familie. Wer sich anpasste, war nicht besser dran. Viele Luxemburger haben in der Zwangsrekrutierung ihr Leben gelassen. Andere sind, weil sie als Deutsche angesehen wurden, in Kriegsgefangenschaft geraten, wie „Ons Jongen“ in Tambow.
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