Pandemie / Herdenimmunität ist noch lange nicht in Sicht
Mehr als ein Jahr nach dem Ausbruch der Corona-Pandemie kann von Herdenimmunität noch keine Rede sein. Die Weltgesundheitsorganisation warnt davor, dem Virus freien Lauf zu lassen.
Bereits kurz nach dem Ausbruch der Sars-CoV-2-Pandemie wurden Stimmen laut, die Herdenimmunität als Ausweg aus der globalen Krise bewarben. Ihre Idee: Ein Großteil der Bevölkerung – vorzugsweise junge, gesunde Menschen – sollen sich mit dem Virus anstecken. Wenn erst einmal ein großer Teil der Bevölkerung auf diese Weise immun geworden ist, könne sich das Virus nicht mehr verbreiten. Wissenschaftler und Politiker in den meisten Ländern warnten eindringlich vor dieser Methode. Auch, weil sie befürchteten, dass Krankenhäuser überlastet würden, wenn zu viele Menschen gleichzeitig krank werden (Stichwort: Flattening the Curve).
In einem Artikel, der am 31. Dezember überarbeitet worden ist, warnt die Weltgesundheitsorganisation (WHO) eindringlich davor, dem Virus freien Lauf zu lassen. Versuche, eine Herdenimmunität zu erreichen, indem man Menschen einem Virus aussetze, seien wissenschaftlich problematisch und unethisch, schreibt die Organisation. Die Ausbreitung von Covid-19 in der Bevölkerung, unabhängig von Alter und Gesundheitszustand, werde zu unnötigen Infektionen, Leiden und Tod führen.
Obwohl ältere Menschen und Menschen mit Vorerkrankungen öfters einen schweren Krankheitsverlauf haben und sterben, sei die Krankheit auch für junge Menschen nicht immer ungefährlich, erinnert die WHO. Zudem zeigt sich erst nach und nach welche Langzeitfolgen eine Erkrankung haben kann.
In den meisten Ländern sei bislang nur ein kleiner Teil der Population mit dem Virus infiziert gewesen – weniger als 10 Prozent. Von einer Herdenimmunität sind wir also noch sehr weit entfernt. Trotzdem wurden offiziell bereits mehr als zwei Millionen Tote gezählt.
Auch ist die Immunität noch nicht vollständig verstanden. Noch seien wir dabei, etwas über die Immunität gegen Covid-19 zu lernen, schreibt die WHO weiter. „Die meisten Menschen, die mit Covid-19 infiziert sind, entwickeln innerhalb der ersten Wochen eine Immunreaktion, aber wir wissen nicht, wie stark oder dauerhaft diese Immunreaktion ist oder wie sie sich bei verschiedenen Menschen unterscheidet.“ Es gibt durchaus Berichte von Menschen die bereits zweimal an Covid-19 erkrankt sind. Die Ungewissheit, was die Immunität betrifft, so die WHO, solle alle Pläne ausschließen, die versuchen, die Immunität innerhalb einer Population zu erhöhen, indem sie Menschen erlauben, sich zu infizieren.
Schwedens Sonderweg
Kurz nach dem Ausbruch der Krankheit machte Schweden Schlagzeilen, weil das Land einen Sonderweg ging. Das Land wollte auf Lockdowns und strenge Regeln verzichten und setzte vor allem auf die Vernunft seiner Bürger. Der schwedische Epidemiologe Anders Tegnell, der für diese Politik steht, hat zwar mehrfach betont, dass es nicht das Ziel der schwedischen Politik war, Herdenimmunität zu erreichen, sondern das schwedische Gesundheitssystem zu entlasten. Das hat Kritiker der Lockdowns allerdings nicht davon abzuhalten, die schwedische Herangehensweise zu loben und zu behaupten, dass Schweden so bald eine Herdenimmunität erreichen würde.
Heute ist Schweden noch weit entfernt von einer Herdenimmunität. Im November hat die Zahl der Infizierten stark zugenommen. Das Land zählt laut Johns-Hopkins-Universität 101,37 Tote pro 100.000 Einwohner. Viel mehr als in den Nachbarländern Finnland (11,20) Dänemark (30,63) und Norwegen (9,73) – und sogar Luxemburg (90,34). Vor allem viele ältere Menschen starben. Seit dem 14. Dezember gelten deshalb auch in Schweden nun strengere Vorschriften (kein Ausschank von Alkohol nach 20 Uhr sowie begrenzte Besucherzahlen in Geschäften und Fitnessstudios) und die Regierung empfiehlt eindringlich, u.a. öffentliche Verkehrsmittel zu meiden und im Home-Office zu arbeiten.
Ein zweiter Weg, Herdenimmunität zu erreichen, ist eine Impfung. Weltweit sind die ersten zaghaften Anstrengungen, die Bevölkerung zu impfen, angelaufen. Noch sind wir weit davon entfernt von einer flächendeckenden Impfung zu sprechen. Und schon warnen Experten vor zu viel Optimismus. Zum einen ist nicht genau bekannt, wie viele Menschen sich impfen lassen müssen, um Sars-CoV-2 auszubremsen. Herdenimmunität gegen Masern erfordert, laut der WHO, dass etwa 95 Prozent einer Bevölkerung geimpft sind. Bei Polio liegt der Schwellenwert bei etwa 80 Prozent. Zum anderen sind noch viele Fragen offen. Zum Beispiel ist nicht restlos geklärt, ob die derzeitigen Impfungen eine Übertragung des Virus komplett verhindern oder ob sie lediglich die geimpften Personen davor schützen an der durch das Virus verursachten Krankheit Covid-19 zu erkranken.
„Während der Schutz vor Krankheit einen Wert für den Einzelnen hat, wird er die Zirkulation des Virus und das Risiko einer Erkrankung bei ungeimpften (Menschen) nicht verhindern“, sagt Penny Ward, eine Professorin für pharmazeutische Medizin am King’s College London, gegenüber der Presseagentur Reuters. Bodo Plachter, ein von Reuters befragter Professor der Uni Mainz, sagt, dass vor allem Atemwegserkrankungen sich nur schwer mit Impfungen komplett unterdrücken lassen. Das wäre eine schlechte Nachricht z.B. für all jene, die sich aus medizinischen Gründen nicht impfen lassen können. Experten warnen deshalb jetzt schon, dass, obwohl eine Impfung sicherlich eine Erleichterung bringt, die Menschen vorerst nicht damit rechnen sollten, dass Masken und physische Distanz schon bald aus unserem Leben verschwinden werden.
Wieso haben wir die Pocken,Kinderlähmung usw. unter Kontrolle gebracht? Weil es Pflichtimpfungen waren die damals anstanden.Heute leben wir in totaler Freiheit mit Datenschutz sowie Selbstbestimmung in allen Lebenslagen. Heute darf keine Regierung eine Impfpflicht mehr ausrufen,ja die Maskenpflicht bringt ja bereits tausende „Freidenker“ auf die Straße.Mit den bekannten Konsequenzen. “ Free or dead“ stand auf Plakaten von Trumpanhängern im März 2020.Heute sind viele davon tot.