Feuerbestattung / Hinter den Kulissen des Hammer Krematoriums: Ausbau bis 2025
Das Hammer Krematorium wird erweitert. Am Montag stellten die Verantwortlichen die Pläne der Presse vor. Demnach wird ein zweites Gebäude entstehen und somit die Kapazität für Zeremonien erhöht. Auch werden die bestehenden Räumlichkeiten modernisiert. Die Arbeiten sollen 10,5 Millionen Euro kosten und im ersten Trimester 2025 abgeschlossen sein. Am Rande der Vorstellung sprach das Tageblatt mit Rui Augusto, der seit nunmehr zwölf Jahren im Krematorium arbeitet.
„Ich mache diesen Job gerne“, sagt Rui Augusto, „es gibt einem ein gutes Gefühl, die Familien in schwierigen Zeiten zu unterstützen. Schlussendlich ist es auch eine Ehre, eine Person auf ihrem letzten Weg zu begleiten“. Am 1. Januar 2011 hat er als junger Kerl im Krematorium seinen Dienst angetreten. In dem Jahr wurden 2.228 Leichen in Hamm eingeäschert, 2022 waren es bereits 3.120, was einen Durchschnitt von rund zwölf Einäscherungen pro Tag macht. Es ist nicht so, dass die beiden Öfen im Keller des Krematoriums an ihrer Kapazitätsgrenze angekommen wären, erklärt Augusto. Vielmehr sind es die Zeremonien, die Schwierigkeiten machen. Ein einzelner Saal reiche nicht mehr aus.
Bevor er seinen Job im Alter von 22 Jahren antrat, hatte sich Rui Augusto nicht sonderlich viele Gedanken über den Tod gemacht. „Ziemlich schnell bekam ich eine andere Sicht auf den Tod“, erinnert er sich. „Natürlich versucht man, die Arbeit auf der Arbeit zu lassen“, erzählt er, „aber ich bin auch nur ein Mensch und inzwischen selbst Vater von zwei Kindern. Da fühlt man automatisch mit der trauernden Familie mit, selbst wenn man sie nicht kennt“.
Augusto ist einer von fünf Mitarbeitern, die sich um die Trauerbegleitung kümmern. Und die gleichzeitig Zeremonienmeister sind. Dazu gibt es vier Mitarbeiter, die sich in Hamm um die Technik kümmern. „Die Trauerreden sind immer neutral. Wir haben nicht die Zeit, mit der Familie im Vorfeld zu sprechen“, so Rui Augusto. Er gibt offen zu, dass ihm das recht ist, „denn ansonsten würde ich das zu persönlich nehmen. Man darf nicht mit jedem Verstorbenen mitsterben, also trauern“, sagt er über den Selbstschutz in seinem Beruf.
3.120 Einäscherungen 2022
In Kontakt mit den Toten kommen die Mitarbeiter in Hamm nicht. Der Sarg mit dem Verstorbenen wird von den Bestattungsfirmen abgeliefert und bis zur Einäscherung nicht mehr geöffnet. Lediglich gewogen wird er, da der alte Ofen maximal 150 kg verbrennen kann. Die Särge werden mit verbrannt, allerdings zuvor von allen Metall- oder Plastikteilen befreit. Angehörige dürfen bei der Einäscherung nicht dabei sein.
Auf 95 Prozent schätzt Rui Augusto den Anteil der zivilen Zeremonien, in denen ein Mitarbeiter des Krematoriums die Trauerrede hält. Auch religiöse Zeremonien können in Hamm stattfinden, das Interesse daran gehe allerdings stetig zurück. Unter den 3.120 Einäscherungen im vergangenen Jahr (bei insgesamt 4.773 Todesfällen im Land) waren im Übrigen 337 Menschen aus Deutschland. Dort darf Asche nicht verstreut werden, weshalb sich einige Deutsche aus dem Grenzgebiet für eine Einäscherung in Hamm mit anschließender Verstreuung auf der Erinnerungswiese des Krematoriums entscheiden.
Von den 3.120 eingeäscherten Personen wurden 958 in Hamm verstreut, eine Erinnerungsplakette oder ähnliches gibt es hier nicht. Alle anderen wurden in ihren Gemeinden beigesetzt, respektive woanders verstreut. Das Gesetz verbietet es, die Urne mit nach Hause zu nehmen, wie das u.a. in den USA möglich ist, wo die Überreste des verstorbenen Ehemanns zum Beispiel gerne auf dem Kaminsims aufbewahrt werden. „Ich finde das auch gut so“, meint Rui Augusto, „erstens sollen die Verstorbenen ruhen und zweitens für alle Hinterbliebenen zugänglich bleiben“.
Kapazität
Ein weiterer Vorteil des Ausbaus, der die Zeremonien durch eine genaue Planung so wenig wie möglich stören soll, ist die Erweiterung der Kühlkapazitäten in Hamm. Wie wichtig das sein kann, daran erinnern die schrecklichen Bilder von Krankenhäusern und überfüllten Leichenhallen im Ausland während der Corona-Pandemie. Covid habe die Arbeit in Hamm nicht verändert, erinnert sich Rui Augusto. Einen substanziellen Anstieg der Einäscherungen habe es nicht gegeben, allerdings sei man damals ins Zwei-Schicht-System gewechselt. Was daran lag, dass es wenig Erfahrung mit der Pandemie gab und somit die Losung ausgegeben wurde, die Einäscherung zügig zu vollziehen.
In Sachen Kapazität ist in Hamm reichlich Luft nach oben. Einäscherungen werden bis jetzt wochentags in einer normalen Schicht erledigt. Zwei oder gar drei Schichten wären aber auch möglich. Zumal im Rahmen der Anbau- und Modernisierungsmaßnahmen auch der letzte der alten Öfen ersetzt wird. 2018 schon war ein Ofen der ersten Generation aus dem Jahr der Krematoriumseröffnung 1995 gegen ein sogenanntes Drei-Etagen-Modell ausgetauscht worden. Die neuen Öfen haben die doppelte Kapazität. In der ersten Etage beginnt die Verbrennung, in der zweiten kommt es zur Mineralisierung, da nicht sämtliche sterblichen Überreste verbrennen, wie Eric Andrä, der technische Leiter in Hamm, erklärt. Zum Beispiel behandelte Tumore nicht. In der untersten Etage dann wird die Asche abgekühlt. Der gesamte Prozess der Einäscherung dauert rund 90 Minuten, abhängig vom Gewicht und Alter des Verstorbenen.
Damit es nicht zu Verwechslungen kommt, wird ein sogenannter Schamottstein dem Sarg beigelegt. Dem Stein mit der Identifizierungsnummer des Verstorbenen können die bis zu 1.300 Grad Celsius im Ofen nichts anhaben. Er wird den Hinterbliebenen bei der Verstreuung übergeben.
Das Gemeindesyndikat SICEC
SICEC heißt das Gemeindesyndikat, das das Krematorium steuert. 71 Gemeinden gehören ihm an. Dabei wird eine private Betreibergesellschaft jede 10 Jahre neu ausgeschrieben. Momentan ist das die „Feuerbestattungen Lëtzebuerg s.à r.l.“. Dem SICEC steht Tom Jungen, Bürgermeister von Roeser, vor. Die Kosten des Ausbaus tragen die 71 Gemeinden. Weshalb nicht alle 102 Kommunen des Landes dem SICEC angehören, hat inzwischen pragmatische Gründe. Denn in den Statuten ist festgeschrieben, dass sich neue Gemeinden in das Kapital einkaufen müssen, was Sandweiler vor rund zehn Jahren beispielsweise 100.000 Euro gekostet hätte. Die Einäscherung Verstorbener aus Nicht-SICEC-Gemeinden kostet 600 anstelle von 400 Euro, auch bei der Miete des Saals muss mehr bezahlt werden. Also zöge es die ein oder andere Gemeinde vor, über Subsidien den höheren Preis zu kompensieren, erklärt Jungen. In den 1970er Jahren dagegen war es eine politische Entscheidung. Lange wehrte sich die katholische Kirche gegen die Einäscherung. Erst 1972 wurde sie gesetzlich verankert. Wurden die Luxemburger zunächst im Ausland, v.a. in Belgien eingeäschert, so eröffnete das Hammer Krematorium 1995 nach jahrelangem Einsatz des Vereins für Einäscherung Flamma seine Türen. 1996 wurden 1.130 Einäscherungen durchgeführt, 2002 waren es 3.120.
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