Entdeckung des Unbekannten / Historiker hinterfragen die Fremdenlegion
Die Luxemburger in der Fremdenlegion. Bis vor wenigen Jahren war das wissenschaftlich und historisch kaum aufgearbeitet. Gewissermaßen ein Tabuthema. Dass die „Gëlle Fra“ ursprünglich zu Ehren der Fremdenlegionäre errichtet wurde, ist fast vergessen. Eine Ausstellung im hauptstädtischen Festungsmuseum schafft Abhilfe und gibt Erklärungen.
„Fremdenlegion“. Es klingt irgendwie nach Abenteuer, nach Kolonialkrieg, nach dem Wunsch, die Vergangenheit hinter sich zu lassen und eine neue Identität anzunehmen. Begriffe, von denen wir uns nicht betroffen fühlen oder die wir von uns weisen.
So auch die Autorin dieser Zeilen. Dabei gibt es in meiner persönlichen Geschichte gleich zwei Fremdenlegionäre: Einen Onkel, der als deutscher Jude in Palästina Zuflucht gesucht hatte, seiner luxemburgischen Frau zuliebe jedoch 1938 nach Europa zurückkam und sich daraufhin in der französischen Fremdenlegion engagierte. Und ein Berliner, der auf diesem Weg dem Nazi-Regime den Rücken kehrte.
Ihre Geschichte ist keine luxemburgische, sie wird in der Ausstellung im Festungsmuseum nicht erzählt. Dafür sind es andere, ähnliche Schicksale, die sich dem Besucher erschließen.
Sein Rundgang beginnt in einem hellen, klaren Raum, mit einem riesigen Bild, das die hundertjährige Geschichte der Fremdenlegion zwischen 1831 und 1931 dokumentiert. Gegenüber hängen die Urkunden der Medaillen, die den Luxemburger Fremdenlegionären zuteilwurden.
Dann taucht der Besucher in einen Kreis ein, der die Geschichte des Luxemburger Engagements unter verschiedenen Gesichtspunkten auflistet. Die Winkel und Ecken der Schau sind dabei der Enge der Schützengräben nachempfunden.
Nacheinander werden die Persönlichkeit des Maréchal Foch beschrieben, das Schicksal des Tour-de-France-Gewinners François Faber erzählt, genau wie die Familiengeschichte von Edmond Célestin Grethen, der nach seinem Engagement in der Legion auf dem französischen Soldatenfriedhof des „Mont-Valérien“ seine letzte Ruhestätte gefunden hat. Interessant ist auch die Haltung von Emile Mayrisch, dessen Neffe Edouard in den Reihen der Legion kämpfte. Als Dank hat der Chef der Arbed vielen Legionären nach dem Ersten Weltkrieg Arbeit in seinem Stahlwerk gegeben.
Diese Einzelschicksale werden von den Stimmen Luxemburger Schauspieler erzählt und anhand von Zeitdokumenten der französischen Armee illustriert.
Exemplarische Zusammenarbeit
Damit ist der Rahmen der Ausstellung gesteckt. Sie ist die letzte Etappe einer Forschungsarbeit des „Zentrums für Digitale Geschichte“ (C2DH) der Uni Luxemburg, die mit der Aufarbeitung des Ersten Weltkrieges begonnen hatte und mit der Doktorarbeit von Arnaud Sauer zum Thema „Luxemburger in der Fremdenlegion“ einen bis dahin nicht erforschten Aspekt der nationalen Geschichte aufgreift.
Geplant war die Ausstellung bereits für 2020, aus den bekannten sanitären Gründen wurde sie um ein Jahr verlegt.
„Sie entspricht dem Willen des C2DH einer wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit der Geschichte und einer Einbettung der luxemburgischen Geschichte in den internationalen Kontext“, erklärte der Leiter der fünfjährigen Forschungsarbeit, Denis Scuto, bei der Eröffnung der Ausstellung. „Wir wollen die Geschichte unseres Landes verstehen, erklären und gegebenenfalls auch hinterfragen“, so der Wissenschaftler weiter. Die Ausstellung soll zeigen, wer die Legionäre waren, was sie motiviert hat und wie sie sich in die harte Welt integrierten.
„Es ist ein Teil unserer Migrationsgeschichte“, so Scuto. Gleichzeitig verweist er aber auch auf die Instrumentalisierung des luxemburgischen Engagements durch Frankreich und Belgien, die unser Land nach dem Ersten Weltkrieg unter Druck setzen wollten. Innenpolitisch war das Engagement willkommen, um von der abwartenden Haltung der Regierung abzulenken. So wurde das heutige Nationaldenkmal „Gëlle Fra“ seinerzeit zu Ehren der Fremdenlegionäre errichtet und privat finanziert. Großherzogin Charlotte blieb der Einweihung der Statue am 27. Mai 1923 fern.
Der bereits im März veröffentlichte Katalog zur Ausstellung vertieft die wissenschaftlich aufbereiteten Aspekte des Luxemburger Engagements in der Legion. Die spektakuläre Inszenierung der Ausstellung veranschaulicht das Ineinandergreifen der „kleinen“ und der „großen“ Geschichte. Sie entstand durch eine enge Zusammenarbeit von Forschern und Museumskonservatoren mit italienischen Spezialisten, deren Regisseure, Videoartisten, Designer, Architekten und Musiker die Forschungsergebnisse regelrecht inszenierten und daraus eine echte Show machten.
Romantik und harte Wirklichkeit
„Il était mince, il était beau, il sentait bon le sable chaud, mon légionnaire …“, sang sich Marie Dubas 1936 in die Herzen der Franzosen. Edith Piaf und Serge Gainsbourg haben das Lied übernommen und so den Mythos des unbekannten Liebhabers, der sich im Nichts auflöst, noch weiter verstärkt.
Tatsächlich bleibt die Fremdenlegion geheimnisvoll. Wenn ihre Einheiten am kommenden 14. Juli über die Champs-Elysées marschieren, werden sie sich optisch und militärisch von den regulären Truppen unterscheiden. Das weiße Képi, der Lederschurz und die großen Schulterklappen sind ihre Merkmale, genau wie der langsame Schritt.
Gegründet wurde die „Légion étrangère“ 1831 als Söldnertruppe, einerseits um die Revolutionsflüchtlinge aus anderen europäischen Ländern zu kanalisieren und andererseits um im eroberten Algerien für Ruhe zu sorgen. Die Legion war an allen Konflikten des 19. Jahrhunderts beteiligt. Besonders das koloniale Image haftet ihr bis heute an.
Zurzeit zählt sie etwa 10.000 Soldaten aus 130 Nationen, von den 10.000 jährlichen Neubewerbern werden weniger als 10 Prozent aufgenommen. Sie kommen heute vor allem aus Mittel- und Osteuropa und zum Teil auch aus Asien.
Légionnaires
Die Ausstellung im Festungsmuseum „Dräi Eechelen“ dauert bis zum 28. November 2021. Sie ist von dienstags bis sonntags von 10 bis 18 Uhr, mittwochs bis 20 Uhr geöffnet. Die ständigen Sammlungen sind kostenlos zu besichtigen, für die Sonderausstellung wird ein Eintrittsgeld von 7 Euro erhoben. Nähere Informationen über die Rufnummer 26 43 35 oder über www.m3e.public.lu.
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