Tokyo 2020 / „Historisch“: Christine Majerus zeigt starke Leistung beim Sieg von Anna Kiesenhofer
Christine Majerus beendet ein historisches Olympia-Rennen auf Platz 20 und zeigt dabei ein fast perfektes Rennen. Die überraschende Goldmedaillengewinnerin heißt Anna Kiesenhofer und kommt aus Österreich.
Es dürfte bereits eine der größten Überraschungen dieser Olympischen Spiele gewesen sein. Der Sieg der Österreicherin Anna Kiesenhofer im Straßenrennen der Damen. Als „historisch“ bezeichnet Christine Majerus den Ausgang des Rennens. Im Vorfeld wurde bloß darüber diskutiert, ob es den Niederländerinnen gelingen würde alle drei Medaillen abzustauben oder nicht. Dass eine von ihnen zu Gold fahren würde, daran haben nur die wenigsten gezweifelt. Annemiek van Vleuten hatte sogar gedacht, sie hätte Gold gewonnen, als sie über die Ziellinie fuhr. Es reichte aber nur zu Silber, die Niederländerinnen hatten Kiesenhofer an der Spitze ganz vergessen.
„Also mir war bewusst, dass da noch eine Fahrerin an der Spitze war. Ich denke, die großen Mannschaften haben das Rennen da etwas leichtfertig aus der Hand gegeben. Ich glaube nicht, dass wir noch einmal so etwas erleben werden“, so Majerus nach ihrem 20. Platz und einem sehr starken Rennen. Die Luxemburgerin hatte sich ihre Kraft sehr gut eingeteilt und es gelang ihr ein fast perfektes Rennen. Majerus wollte so lange wie möglich Kräfte sparen, um bei Temperaturen um die 35 Grad nicht zu schnell zu überhitzen. Die äußeren Bedingungen mit hohen Temperaturen und hoher Luftfeuchtigkeit waren extrem. „Vor allem die ersten 90 Minuten, als wir aus Tokio hinausfuhren, waren sehr extrem. Mein Computer zeigte mir 40 Grad an. Es war wirklich grenzwertig, wenn nicht sogar etwas gefährlich. Bei anderen Rennen hätten wir aufgrund des Protokolls für extreme Witterungsverhältnisse über eine Absage diskutiert. Für Olympia nimmt man wohl etwas mehr in Kauf.“ Am 28. muss Majerus noch einmal der Hitze trotzen, dann geht sie an den Start im Zeitfahren.
Ich habe noch nie ein Rennen erlebt, in dem eine Fluchtgruppe zehn Minuten Vorsprung hatte
Im längsten Anstieg des Tages musste Majerus abreißen lassen. „Es war mir bewusst, dass ich nicht mit den besten mithalten kann. Ich fuhr mein Tempo und schaffte später wieder den Anschluss.“ Später hatte sie sogar noch die Kraft für eine Attacke im Finale. Ihr Fluchtversuch mit drei Mitstreiterinnen gelang nicht. „Am Ende war die Zusammenarbeit nicht mehr optimal.“
Den einzigen Fehler begang Majerus bei der letzten Verpflegungsstelle, die sie verpasste. „Das hat sich am Ende etwas gerächt und kostete mich einen Platz unter den Top 15.“ Auch wenn sie ihr Ziel, ihren 18. Platz von Rio zu verbessern, nicht erreichte, war Majerus dennoch zufrieden mit ihrem Rennen und gönnte der Olympiasiegerin Kiesenhofer den Sieg. „Ich habe noch nie ein Rennen erlebt, in dem eine Fluchtgruppe zehn Minuten Vorsprung hatte.“ Einen Vorsprung, den Kiesenhofer, die zu Beginn noch von drei Fahrerinnen begleitet wurde, bis zum Schluss zu verteidigen wusste.
Die promovierte Mathematikerin hatte niemand auf der Rechnung. 2017 fuhr sie für das belgische Team Lotto Soudal und war Teamkollegin von Chantal Hoffmann. Die 30-Jährige löste ihren Vertrag allerdings vorzeitig auf, um als Mathematikerin an der „Ecole polytechnique fédérale de Lausanne“ zu arbeiten. Nach einer knapp zweijährigen Wettkampfpause sicherte sich die ehemalige Triathletin 2019 den Landesmeistertitel im Zeitfahren. Nun feierte sie den größten Erfolg ihrer Karriere. „Dass sie zum Schluss nicht eingebrochen ist und ihren Vorsprung verteidigte, ist schon eine sehr starke Leistung“, sagt Majerus, die sich am Sonntag gegen eine frühe Flucht entschieden hat. „Ich bin eher eine offensivere Fahrerin. Aber aufgrund der Bedingungen und der geringen Chance auf Erfolg, habe ich mich dagegen entschieden.“ Ob Van Vleuten, Van der Breggen und Co. eine Christine Majerus vorne „vergessen“ hätten, ist noch etwas unwahrscheinlicher, als das Rennen gestern ohnehin schon war.
Ergebnisse
Frauen, Straßenrennen (137 km): Gold: Anna Kiesenhofer (Österreich) 3:52,45 Minuten; Silber: Annemiek van Vleuten (Niederlande) 1:15 Minuten zurück; Bronze: Elisa Longo Borghini (Italien) 1:29; 20. Christine Majerus (Luxemburg) 2:28
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